Akademikerstudie: Geringer Lohn trotz Uni-Abschluss

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Arbeitslosigkeit sinkt, aber viele Uni-Absolventen sind bloß atypisch beschäftigt. Dolmetscher, Psychologen besonders betroffen. Oft weniger als 1000 Euro Monatsgehalt.

WIEN. Nach der Statistik ist 2007 die Zahl der arbeitslosen Akademiker leicht zurückgegangen: 7227 waren es laut Arbeitsmarktservice (AMS) im Jahresschnitt, zwei Jahre zuvor waren es noch um 533 mehr. Allerdings: Ein Teil der Uni-Absolventen muss mit weniger als 1000 Euro (netto) pro Monat auskommen, ein hoher Anteil wird der Gruppe der „atypisch Beschäftigten“ zugerechnet.

Dolmetscher, Psychologen, Publizisten und Geschichte-Absolventen auf der einen Seite, Betriebswirte, Informatiker und Juristen auf der anderen Seite: Das Abif-Institut (Analyse, Beratung und interdisziplinäre Forschung) hat im Auftrag des Arbeitsmarktservice Absolventen und Absolventinnen dieser Studienrichtungen zwei bis fünf Jahre nach Ende des Studiums befragt.

Keine Job-Garantie

Allen gemeinsam ist, dass der erfolgreiche Studienabschluss keine Garantie mehr für eine facheinschlägige Beschäftigung bietet, dass in der Berufseinstiegsphase in höherem Maß als früher mit einer Arbeitslosigkeit zu rechnen ist und dass unsichere und prekäre Beschäftigungsverhältnisse zunehmen.

Die Unterschiede in den untersuchten Studienrichtungen zeigen aber doch deutlich die schlechten Bedingungen nach einem Studium in einem geistes- oder sozialwissenschaftlichen Fach auf. Gleich 18 Prozent der Dolmetsch-Absolventen und 14 Prozent nach einem Psychologie- und Publizistikstudium müssen mit einem Gehalt von weniger als 1000 Euro pro Monat auskommen. Bei den Juristen beträgt dieser Anteil sieben Prozent, bei den BWL-Absolventen vier Prozent, bei den Informatikern drei Prozent.

Die höchste Arbeitslosenrate weisen übrigens die Historiker auf, neun Prozent von ihnen sind beim AMS vorgemerkt. Der Anteil an atypischen Beschäftigungsverhältnissen (freie Dienstnehmer, neue Selbstständige mit und ohne Gewerbeschein, Leiharbeiter) ist bei Publizisten (43 Prozent) und Psychologen (39) besonders hoch, gefolgt von Dolmetschern (25) und Informatikern (23).

Auslöser für diese Situation war auch die sich stark wandelnde Berufswelt: Der öffentliche Sektor als einer der wichtigsten Hauptarbeitgeber ist weggebrochen, der Berufseinstieg verlagerte sich in die Privatwirtschaft.

Museumskassier nicht adäquat

Abif-Geschäftsführerin Karin Steiner weist auf die hohe Zahl an Absolventen hin, die nicht in ihrem Fachgebiet beschäftigt sind: 47 Prozent nach der Dolmetschausbildung, 27 Prozent nach einem Publizistik-, 25 Prozent nach einem Psychologiestudium. Karin Steiner: „Wenn jemand einen einfachen Sekretariatsjob macht oder an einer Museumskassa sitzt, dann braucht er dafür kein Studium und ist unter seiner Qualifikation beschäftigt.“

Nach den Befragungen nennt Karin Steiner drei Punkte, die zumindest zu einer Verbesserung führen können: An der Schule müsse noch intensiver auf die Berufswelt vorbereitet und über die Chancen nach den jeweiligen Studienrichtungen informiert werden. An den Universitäten sollte der Fokus verstärkt auf den Praxisbezug beziehungsweise die Verwend- und Verwertbarkeit der universitären Ausbildung gelegt werden. Und schließlich sollten zur Vermittlung zwischen Universität und Praxis auch für geisteswissenschaftliche Fächer Career Centers (wie an der Wirtschaftsuniversität) eingerichtet werden, so die Expertin.

AMS

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2008)

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