650 Jahre Uni Wien: Glückwünsche vom Papst, keine von der ÖH

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650 Jahre Uni Wien sind für die Studentenvertreter kein Grund zu feiern. Denn dort sei "großteils männliche, weiße, arrogante Elite" erzeugt worden.

Mit einem hochkarätig besetzten Festakt und ausgestattet mit einem persönlichen Schreiben von Papst Franziskus hat die Universität Wien am Donnerstag den 650. Jahrestag ihrer Gründung durch Rudolf den Stifter gefeiert. Bis Oktober finden dazu zahlreiche Veranstaltungen statt. "Keinen Grund zum Feiern" sahen dagegen die HochschülerInnenschaft (ÖH) und Lektoren-Vertreter.

Auf der Homepage der ÖH werden Hochglanzbroschüre und LED-Wand kritisiert. Außerdem würde die Universität Wien die Leute für dumm verkaufen: "Slogans wie „Neu seit 1365.“ oder „the sky is not the limit. Since 1365.“ konnte man immerhin noch als schlecht gelungene Wortwitze verstehen, seit „open since 1365“ regiert allerdings der blanke Hohn," heißt es. Denn Frauen seien erst seit 1945 an allen Fakultäten zugelassen und derzeit würden immer mehr Zugangsbeschränkungen und Aufnahmeverfahren eingeführt.

»Die Universität Wien ist stolz darauf, seit 650 Jahren Leute zu produzieren, die alles besser wissen. Stolz auf 650 Jahre großteils männliche, großteils weiße, arrogante Elite. Na bravo.«

Von der Homepage der ÖH

Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ließ sich die Feststimmung auch durch das jüngste Uni-Reputations-Ranking nicht verderben, das keine einzige österreichische Hochschule unter die Top 100 der angesehensten Unis reihte. "Lassen Sie sich nicht irritieren von Rankings, die immer wieder zitiert werden", appellierte er im Vorfeld des Festakts, an dem einige Politprominenz erschien: Etwa Bundespräsident Heinz Fischer und Nationalrats-Präsidentin Doris Bures (SPÖ).

Sowohl Mitterlehner als auch Rektor Heinz Engl machten auf die wachsende Konkurrenz aus dem ostasiatischen Raum aufmerksam. Die Hong Kong University of Science and Technology sei etwa erst vor rund 15 Jahren gegründet worden und habe bei etwa gleichem Budget 10.000 Studenten, so Engl. Das sind um rund 80.000 weniger als die Uni Wien.

Betreuungsprobleme und Unterfinanzierung

Betreuungsprobleme ortete Engl trotzdem nur in einigen Fächern. Diese könne man nur durch finanzielle Investitionen beeinflussen - allerdings nicht, indem man Mittel von besser ausgestatteten Studienrichtungen abziehe. "Wir müssen absolut investieren." Trotzdem würden zum Teil die Studentenzahlen auch dann noch hoch sein, wenn man in einem Massenfach drei Professuren einrichte. "Bei der Verhältniszahl merkt man das kaum, obwohl die Qualität der Betreuung steigt."

Gleichzeitig bekannte sich Engl zum offenen Hochschulzugang: "Er muss aber finanzierbar sein." Und es müsse relativ bald im ersten Studienjahr eine Überprüfung geben, bei der die Studenten, nachdem sie die Möglichkeit hatten, sich mit dem Fach zu befassen, "auch zeigen, dass sie willens und fähig sind, das Studium zu absolvieren".

Probleme ortete der Rektor im Personalbereich: Der Wechsel von Forschern ins Ausland sei zwar der Wissenschaft immanent: "Aber Mobilität muss in beide Richtungen funktionieren. Derzeit ist die Mobilität nach außen stärker als die Mobilität nach innen."

Dauerstelle oft erst mit voller Professur

Derzeit bekomme man in Österreich eine Dauerstelle oft erst mit einer vollen Professur und damit im Regelfall in fortgeschrittenem Alter. Wer diesen Karrieresprung nicht schaffe, stehe vor Problemen. Die Uni setze daher auf Laufbahnstellen mit Qualifizierungsvereinbarungen, nach deren Erfüllung der Forscher bei entsprechend positiven Gutachten eine Garantie auf eine Dauerstelle bekomme. Bei 3.000 wissenschaftlichen Stellen insgesamt gebe es aber neben den 400 Professuren erst 70 Laufbahnstellen. Ziel sei es, die im Laufe der Jahre frei werdenden Stellen für außerordentliche Professoren (derzeit 300) in das neue Tenure-Track-System zu überführen.

Anlässlich des Festakts zeigten auch die unterschiedlichen universitären Gruppen Flagge: Farbtragende Studenten posierten in der Aula, die IG LektorInnen und WissensarbeiterInnen protestierte gegen prekäre Dienstverhältnisse und sorgte unter dem Motto "Wer hat uns diese Suppe eingebrockt?" für Verpflegung. Die ÖH sah "keinen Grund zum Feiern" und begründete das mit einem Transparent: "650 Jahre Uni Wien - Nur 118 Jahre Zugang für Frauen* - Nur fünf Jahre Genderprofessur".

(APA/Red.)

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