Akademikerverbände: Kritik der Schwarzen, Zurückhaltung der Roten

(c) AP (RONALD ZAK)
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Eine unterschiedliche Sicht der Uni-Misere haben der schwarze Cartellverband und der Bund sozialdemokratischer Akademiker.

WIEN.„ÖCV kritisiert linken Vandalismus an der Universität Wien“, „Studieren statt blockieren“, „Verhandeln statt demonstrieren“, „Umfassender Zukunftsdialog notwendig“. Fast im Tagesrhythmus kommentiert der Österreichische Cartellverband (ÖCV) das Geschehen rund um das Audimax der Uni Wien sowie die anderen Hörsaalbesetzungen. Mit rund 12.500 Mitgliedern (davon etwa 2500 Studenten) ist der Verband der katholischen farbentragenden Studentenverbindungen die größte Akademikerorganisation Österreichs. Der Bund sozialdemokratischer Akademiker/innen (BSA) umfasst auch ca. 10.000 Mitglieder, allerdings zeigt sich der BSA bei der Kommentierung der Studentenproteste äußerst zurückhaltend.

„Was nichts kostet, ist nichts wert“, lautet die Devise, die ÖCV-Präsident Christoph Gruber ausgegeben hat. Damit verweist der 25-jährige Jusstudent auf das Eintreten für Studiengebühren, deren Wiedereinführung von den gegenwärtigen Demonstranten vehement abgelehnt wird. Mit den Studiengebühren würden die Unis zusätzliches Geld erhalten, von 150 Millionen Euro pro Jahr ist nach Angabe des Wissenschaftsministeriums die Rede. Damit würde man den einzelnen Unis laut ÖCV auch „ein Steuerungsinstrument in die Hand geben“.

Drei Säulen für Finanzierung

Wobei Gruber zur Finanzierung ein Dreisäulenmodell vorschlägt. Neben die Grundfinanzierung durch den Staat sollten die Studiengebühren und Beiträge der Wirtschaft – diese in erster Linie für die Uni-Forschung – treten. So wie es übrigens bei vielen Fachhochschulen der Fall ist.

Zudem werden die Proteste „entschieden abgelehnt“, weil der normale Studienbetrieb behindert wird. ÖVP-Minister Johannes Hahn wird unterstützt, seine Einladung zu einer Dialogveranstaltung am 25. November begrüßt. Ein klein wenig Kritik äußert Gruber im Gespräch mit der „Presse“ dann doch: Das Bologna-System mit dem sechssemestrigen Bachelor sei tatsächlich ein „zu verschultes System“. Da müsse man einiges überdenken.

Der BSA hat sich erst ein einziges Mal – 16 Tage nach Beginn der Protestbewegung – mit einer Resolution zu den Studentenprotesten zu Wort gemeldet. In einer langatmigen Erklärung geht man von der „Errungenschaft sozialdemokratischer Bildungspolitik“ in der Ära Kreisky und einer nachfolgenden hervorragenden Universitätsentwicklung aus und ortet schließlich den Abschwung am Beginn der schwarz-blauen Koalition im Jahr 2000. Kritisiert wird, dass Rektoren und konservative Politiker weiterhin Zugangsbeschränkungen forderten. Mehr Geld soll in Etappen vom Staat kommen.

Die von Wissenschaftsminister Hahn zugesagten 34 Millionen Euro sind für den BSA „ein erster Schritt in die richtige Richtung und ein Erfolg der Studierendenproteste“. Dies ist die einzige Stelle, in der die Protestbewegung erwähnt wird. Auch auf die Hörsaalbesetzungen geht die BSA-Resolution mit keinem einzigen Wort ein.

„Proteste keinem mehr egal“

Wie lange werden die Hörsaalbesetzungen noch dauern? ÖCV-Präsident Gruber betont bei dieser Frage eines: Die Protestbewegung sei keinem mehr egal. Denn auch jene, die diese ablehnten, seien davon betroffen. Zudem sehe er eine klare Zuordnung: „Bei den Studentenprotesten handelt es sich um keine studentische Massenbewegung, sondern um den Protest einiger linker Gruppierungen.“ Und schließlich seine Überzeugung: „Der überwiegende Teil der Studierenden ist für ein rasches Ende.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2009)

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