Gezerre um die Schulreform eskaliert

Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ)
Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ)APA/BKA/ANDY WENZEL
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Der von der SPÖ angepeilte Termin ist verstrichen. Hammerschmid macht Mahrer Vorwürfe. Dieser lädt den Kanzler zu einem „Gipfel“ über Schule und Uni ein.

Wien. Von den einstigen „Fast-geil“-Sagern und Handschlägen vor den Kameras könnte man kaum weiter entfernt sein: Das Gezerre um die Bildungsreform, über die seit zweieinhalb Jahren verhandelt wurde, ist am Mittwoch Nachmittag eskaliert. „Aus unserer Sicht hat (Wissenschaftsminister Harald, Anm.) Mahrer die Bildungsreform getötet“, hieß es aus dem Büro von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) zur „Presse“. Bei einem Vier-Augen-Gespräch habe er gestern wieder die Schule an die Studienplatzfinanzierung geknüpft. Und daher sei die Reform nicht im Parlament eingebracht worden.
So dramatisch wie es klingt, ist es aber doch nicht: Die Bildungsreform selbst ist noch nicht ganz gestorben, allerdings ist der Termin, den sich die SPÖ zum Finalisieren gesetzt hat, verstrichen. Die Reform wird daher nicht im nächsten (eigentlich letzten) Unterrichtsausschuss behandelt werden können. Wenn sie erst später eingebracht wird, muss man einen extra Termin für den Ausschuss einberufen. Die SPÖ ortet ein Risiko, dass es nicht klappt und die Reform daran scheitern könnte. Eine Einschätzung, die die ÖVP nicht teilt: Eine Mehrheit könne einen Ausschuss einberufen.

Junktim mit Uni-Reform?

Der drastisch formulierte Vorwurf der SPÖ war das Finale eines hochkonfrontativen Tages. Ab der Früh hatte die SPÖ massiv Druck auf die ÖVP ausgeübt, um die Bildungsreform gestern noch durchzupeitschen. Dabei war die Rede von „bösem Spiel“ seitens des Noch-Koalitionspartners, von Ministern, die nicht ans Telefon gingen und der Option, einen Initiativantrag ohne die ÖVP im Parlament einzubringen. Was eine leere Drohung blieb: Es hätte ohnedies nicht die Mehrheiten dafür gegeben.

Dass die ÖVP den Beschluss der Bildungsreform an den der Uni-Finanzierung geknüpft habe – woran es laut Hammerschmid gestern scheiterte und was die SPÖ Mahrer mehrfach vorwarf –, bestritt dieser. Er gab sich am Nachmittag sogar „verwundert“, dass die SPÖ die zwei Themen verknüpfe – was diese inzwischen tatsächlich (auch) getan hatte: Sie brach die Verhandlungen über die Unis „als Reaktion auf das Junktim der ÖVP“ ab.

Junktim hin oder her: Klar ist, dass die ÖVP die Studienplatzfinanzierung noch unbedingt vor der Wahl durchbringen will. Mahrer will daher nach dem gestrigen Vier-Augen-Gespräch bei einem neuen „Bildungsgipfel“ über eine große Lösung „vom Kindergarten bis zur Universität“ reden. Eingeladen haben er und Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) die Bildungsministerin und den Kanzler. Man stehe zum Schulautonomiepaket und zur Studienplatzfinanzierung. „Ich plädiere dafür, die offenen Punkte rasch auf Spitzenebene zu besprechen und zu Ende zu verhandeln.“ Möglicherweise erhofft sich die ÖVP dass mit Kern bei der Studienplatzfinanzierung doch noch etwas weitergeht. Bisher hatte sich die SPÖ dagegen gesträubt: Bei einer derart raschen Umsetzung könne „nichts Seriöses“ herauskommen. Es seien viele Details offen und ein Teil der vorgelegten Materialien sei „voller Kreuzerl“. Die SPÖ befürchtet offenbar, dass ihr da etwas untergejubelt wird – zumal die Uni-Reform ja auch wie im Regierungsupdate paktiert neue Zugangsbeschränkungen bringen soll.

Im Büro von Bildungsministerin Hammerschmid hält man von dem Bildungsgipfel nichts. Seit Monaten liege für die Bildungsreform ein fertiger Entwurf auf dem Tisch, seit der Vorwoche ein mit den Grünen ausverhandelter Kompromiss. „Wir brauchen eine Finalisierung. Meine Tür steht offen.“ Wie es weitergeht und wann worüber doch wieder verhandelt werden könnte, könne man jedoch nicht sagen.

Auf einen Blick

Bei der Bildungsreform geht es aktuell um Schulautonomie und Verwaltung. Diese sollen etwa mehr Entscheidungsmacht für den Direktor, Schulzusammenschlüsse und Bildungsdirektionen statt der Landesschulräte bringen. Die Grünen forderten für die nötige Zweidrittelmehrheit, dass eine Gesamtschulmodellregion in Vorarlberg möglich wird.

Die Studienplatzfinanzierung wurde im Regierungsupdate nochmal paktiert. Die Unis sollen dabei Geld pro Student bekommen, je nach Fach unterschiedlich viel. Weil damit die Betreuungsrelationen verbessert werden sollen, geht die neue Uni-Finanzierung auch mit mehr Geld und Zugangsbeschränkungen einher.

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