Das neue Wissen vom Wissen

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Die Flut ist da: Informationen und Daten überschwemmen die Unternehmen. In Masterstudien lernen "Wissensmanager", relevant von überflüssig zu trennen und das Wichtige miteinander zu vernetzen.

Wissen ist Macht“, sagte der englische Philosoph Francis Bacon. Er sinnierte darüber, wie man den Menschen durch Wissen „in einen höheren Stand seines Daseins“ bringen könnte. Rund 400 Jahre später ist Wissen zum Allgemeingut geworden – per Internet in Rekordtempo überall für jedermann verfügbar. „In wirtschaftlich hoch entwickelten Gesellschaften hat sich Wissen zu einem bedeutenden Produktionsfaktor entwickelt, vielleicht sogar schon zum bedeutendsten“, meint Sebastian Eschenbach in seinem Buch „Wissen und Management – 12 Konzepte für den Umgang mit Wissen im Management“.

Schlüssel zur Produktivität

„Die Produktivität von Wissen wird zu einer zentralen Herausforderung fürs Management“, so Eschenbach, Leiter des Masterstudiengangs „Angewandtes Wissensmanagement“ an der Fachhochschule Burgenland. „Das gilt für wachsende Teile der privaten Wirtschaft genauso wie für die öffentliche Verwaltung und den Non-Profit-Bereich.“ Die Herausforderung liege „in der Steigerung der Produktivität von geistig arbeitenden Menschen im Umgang mit dem Faktor Wissen“.

Die wertvolle „Schlüsselressource im Zeitalter der Informationsgesellschaft“, wie sie Ewald Jarz, Studiengangsleiter „ERP-Systeme und Geschäftsprozessmanagement“ an der Fachhochschule Kufstein, nennt, muss dementsprechend genutzt werden. Durch die kostengünstig verfügbaren Technologien bestehe etwa die Möglichkeit, die Informationsflut zu handlungsrelevantem Wissen zu filtern. Das Wort „Wissensmanagement“ bezieht sich aktuell noch auf unterschiedlichste Inhalte, erklärt Jarz. „Das reicht von sehr personalnahen Ansätzen, etwa Akquisition, Einsatz und Organisation von Personen und deren Know-How, bis hin zu techniklastigen Themen. Dazu gehört der möglichst automatisierte Prozess der Speicherung und Erzeugung von Wissen.“

Für die kommenden Jahre sieht Jarz eine Weiterentwicklung des Faches, der Fokus werde stärker auf der automatischen Verknüpfung von gespeichertem Wissen liegen. Aber auch auf der sogenannten „Schwarmintelligenz“, dem Wissen, das eine Vielzahl von Menschen durch kleine Wissensbausteine erzeugt. „Dadurch kommt der IT-gestützten Vernetzung von Personen eine stärkere Bedeutung zu“, ist Jarz überzeugt. Auch deshalb steht an der FH Kufstein beim Masterstudiengang „ERP-Systeme und Geschäftsprozessmanagement“ die IT-Unterstützung von Geschäftsprozessen mittels Softwaresystemen (etwa SAP) im Vordergrund.

Experten für das Wissenszeitalter

Noch findet man in der Praxis wenige, die sich explizit als „Wissensmanager“ bezeichnen würden, zu jung ist noch das Tätigkeitsfeld. „Heute werden Wissensmanagement-Aufgaben in der Regel noch von Fachleuten aus anderen Bereichen wahrgenommen, die sich ihre Kompetenzen für den Umgang mit Wissen häufig on the job angeeignet haben“, erläutert Eschenbach. Das sollte sich in Zukunft ändern. „Es gibt einen steigenden Bedarf an ,Hybrid‘-Fachleuten, die über einen technischen, sozial-, geistes- oder wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund und eine zusätzliche Ausbildung als ,Knowledge Professional‘ verfügen“, sagt Eschenbach. Der Masterstudiengang „Angewandtes Wissensmanagement“ an der FH Burgenland soll diesen Bedarf decken.

Kollektives Wissen

Vielfach beginnt das Studium des Wissensmanagements allerdings erst nach dem Masterstudium. Postgraduate Masterlehrgänge werden etwa an der Donau-Uni Krems und der Johannes Kepler Universität Linz angeboten. Beide richten sich an Fach- und Führungskräfte, insbesondere aus den Bereichen Organisations- und Personalentwicklung, Geschäftsprozess-, Informations- und Innovationsmanagement sowie an Trainer und Berater. „Die Teilnehmer gewinnen ein Verständnis dafür, wie sich die täglichen Managemententscheidungen auf die Wissensbasis einer Organisation auswirken und wie sie diese gezielt gestalten können“, erläutert Lehrgangsleiterin Petra Wimmer von der Donau-Uni Krems. „Die Fähigkeit von Organisationen, aus dem Wissen der einzelnen Mitarbeiter eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen, avanciert zum Erfolgsfaktor.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2010)

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