Der große Plan steht vor der Umsetzung

Die Ideen des Projekts „Zukunft Hochschule“ fließen nun in die Leistungsvereinbarungen ein.
Die Ideen des Projekts „Zukunft Hochschule“ fließen nun in die Leistungsvereinbarungen ein. (c) fotogestoeber - stock.adobe.com (Joerg Stoeber)
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Hochschulpolitik. Der Strategieprozess „Zukunft Hochschule“, der Österreichs Hochschullandschaft neu aufstellen will, ist abgeschlossen. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Universitäten?

Es klang nach einem großen Wurf, als der damalige Wissenschaftsminister, Reinhold Mitterlehner, im Frühjahr 2016 das Projekt „Zukunft Hochschule“ ankündigte. Durch das Projekt sollten die Studienangebote aller österreichischen Fachhochschulen und Universitäten aufeinander abgestimmt sowie die Profile dieser beiden tertiären Bildungsträger geschärft werden.

Es wurden fünf Aktionsfelder definiert, in denen nach Ansicht des Ministeriums verstärkter Handlungsbedarf bestand. In Fokusgruppen aus Vertretern mehrerer Universitäten und Hochschulen wurden Maßnahmen erarbeitet. Damit ist das Projekt aus Sicht des Ministeriums abgeschlossen. Die Umsetzung steht jedoch noch bevor. Die Maßnahmen sollen in die neuen Leistungsvereinbarungen aufgenommen werden, die ab Herbst mit jeder Universität für die nächsten drei Jahre getroffen werden.

Dialog zwischen FH und Unis

Für Sabine Koch von der Geschäftsstelle für Hochschulplan und Hochschulkoordination des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung war die definitiv positivste Auswirkung des Prozesses eine atmosphärische: „Da Fachhochschulen und Universitäten sich in den Gruppen intensiv miteinander befasst haben, sind nicht nur viel Bewusstsein und Verständnis füreinander entstanden, sondern auch viele Anknüpfungspunkte.“ Aus den zahlreichen Maßnahmen, die die Fokusgruppen erarbeiteten, sind einige Ergebnisse hervorzuheben:
• In der Fokusgruppe Geistes- und Kulturwissenschaften einigte man sich auf vier Pilotbereiche, in denen Studienangebote aufeinander abgestimmt werden sollen: Altertumswissenschaften, Slawistik, Musikwissenschaft und Philosophie. Da diese Fächer dafür bekannt sind, entweder sehr ressourcenaufwendig zu sein oder in manchen Universitäten wenig Absolventen hervorzubringen, werden sich in den Leistungsvereinbarungen höchstwahrscheinlich Projekte für die Entwicklung gemeinsamer Studien oder unterschiedlicher Schwerpunkte von benachbarten Standorten finden.
• In der Fokusgruppe Life Sciences wird die gegenseitige Anerkennung ausgewählter universitärer Lehrmodule in Masterstudien angestrebt. In der Fokusgruppe Wirtschaftswissenschaften will man sich auf die Verbesserung der Betreuungsverhältnisse an Universitäten fokussieren.
• In der Fokusgruppe Informatik wurde zum einen beschlossen, mehr spezifische Angebote für „Job-outs“ zu schaffen, also für Informatiker, die bereits vor Studien-Ende von der Wirtschaft abgeworben werden. Zudem sollen gemeinsam Maßnahmen entwickelt werden, um mehr Studierende für die Informatik zu gewinnen.
• In der Fokusgruppe Rechtswissenschaften war das vielleicht wichtigste Ergebnis der Konsens darüber, dass das klassische Jusstudium auch in Zukunft den Universitäten vorbehalten bleibt. Außerdem hat man sich auf die Notwendigkeit von Zugangsregelungen geeinigt. Zudem sollen Erhebungen zur Umstellung der Rechtswissenschaft auf das Bologna-System beauftragt werden.

Man werde sehen, inwieweit all dies tatsächlich in die Leistungsvereinbarungsgespräche mit den Universitäten einfließen werde, sagt Eva Blimlinger, Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz (Uniko), die dem Strategieprozess des Ministeriums vor allem in einem Punkt kritisch gegenübersteht: „Grundsätzlich ist zu sagen, dass es einen Widerspruch bei der Vorstellung des Ministeriums gibt – einerseits das Profil zu schärfen und andererseits verstärkt Kooperationen zu etablieren –, der nicht aufzulösen ist.“

Kooperationen statt Streichungen

Heinrich Schmidinger, Rektor der Universität Salzburg, beurteilt die Chancen auf wahre Veränderungen vorsichtig. Die Widerstände an allen Universitäten seien groß, ein Studium aufzugeben. „Die Fächer hängen meistens an den Studienangeboten, daher wird da kaum jemand freiwillig auf etwas verzichten.“ Eher zeichneten sich für Schmidinger Tendenzen zur Kooperation zwischen Universitäten ab, gemeinsam Studienangebote zu betreiben.

Spürbar werde der Strategieprozess schon jetzt im Vorfeld der Leistungsvereinbarungen. „Jede Universität hat vor der Einladung zur ersten Verhandlung die Aufforderung bekommen, einen Vorschlag betreffend die Lehrangebote in die Verhandlung einzubringen, der sich auf den Abstimmungsprozess bezieht. Dieser wird schriftlich fixiert und dadurch zum Leistungsziel, das auch einzuhalten ist.“ Die Bilanz des Salzburger Rektors über „Zukunft Hochschule“: Das Studienangebot in Österreich ist genau analysiert worden, so genau, wie das sicher noch nie gemacht worden ist.“

Web:www.bmbwf.gv.at/wissenschaft-hochschulen/zukunft-hochschule/

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2018)

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