In der Quellenstraße im 10. Bezirk (hier kurz vor Semesterstart) treffen erste CEU-Studenten ein.
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Eine Universität im Favoritner Exil

Die ersten 350 Studenten der Central European University beginnen ihr Semester in Wien. Das Gebäude in der Quellenstraße ist eine Zwischenlösung – Wien aber nicht.

Wien. In der Quellenstraße 51 werden dieser Tage zahlreiche neue Gesichter zu sehen sein: In einem sechsstöckigen Glasbau mitten in Favoriten, auf dem seit einiger Zeit groß die drei Lettern „CEU“ prangen, werden ab sofort Studierende ein- und ausgehen: Das ehemalige Bawag-Gebäude beheimatet den jüngsten Neuzugang in der heimischen Universitätenlandschaft: die Central European University.

Für rund 350 neue Studenten der ursprünglich in Budapest beheimateten Universität hat nach zwei Wochen in der ungarischen Hauptstadt nun in Wien das Semester begonnen. Sie sollten am späten Nachmittag auch offiziell von Rektor Michael Ignatieff – Historiker und ehemals kanadischer Politiker, bevor er die Führung der CEU übernahm – am neuen Favoritner Campus begrüßt werden.

Konflikt mit Orbáns Regierung

Dass die Uni überhaupt umzieht, liegt bekanntlich an einem Konflikt mit der rechtskonservativen ungarischen Regierung von Viktor Orbán und deren neuem – laut Kritikern auf die liberale Privatuniversität zugeschnittenem – Hochschulgesetz. So müssen ausländische Unis auch einen Campus im Herkunftsland nachweisen können – den die CEU nicht hat. Über ein Jahr lang war um den Verbleib der 1991 von US-Milliardär George Soros gegründeten Hochschule in Budapest gerungen worden, bis der Rektor vergangenen Dezember bekannt gab, gezwungenermaßen nach Wien zu übersiedeln.

Nun will die Universität also in Österreich neu durchstarten. Die CEU verlagert ab diesem Semester ihre in den USA akkreditierten Studiengänge schrittweise nach Wien. Insgesamt werden bis zum Sommer 650 Studierende einen Teil ihres ersten Studienjahrs hier verbringen: Sie pendeln trimesterweise zwischen dem Campus in der ungarischen Hauptstadt und dem Campus in Favoriten. „Eine Geschichte aus zwei Städten“, wie Vizerektor Liviu Matei das zu Semesterstart in Budapest mit Anspielung auf den historischen Roman von Charles Dickens nannte.

Ab Herbst 2020 können dann die US-akkreditierten Studiengänge – Masterstudien von Philosophie über Politik bis Gender Studies sowie Doktorate –, nur noch in Wien studiert werden. Außerdem werden dann auf dem Campus in der Quellenstraße auch die zwei Bachelorprogramme starten, die neben vier Masterprogrammen bereits in Österreich akkreditiert sind – mit denen Studierende also einen österreichischen Abschluss erwerben. Nach und nach sollen dann laut der Universität auch noch weitere Studiengänge in Österreich akkreditiert werden.

Der Bau in der Quellenstraße ist in den vergangenen Monaten um mehrere Millionen Euro renoviert und zu einem Uni-Gebäude umfunktioniert worden. Für die rund 650 wechselnden Studierenden und das pendelnde Personal stehen in diesem Studienjahr laut Plan rund 12.000 Quadratmeter in drei der sechs Stockwerke zur Verfügung, außerdem Computerräume, eine Bibliothek und ein Hörsaal mit 200 Plätzen. Mit September 2020 soll der Campus dann um weitere 8000 Quadratmeter wachsen – dann sollen laut der Uni insgesamt rund 1500 Studierende in Favoriten lernen und arbeiten.

Der neue Standort im zehnten Bezirk ist für die CEU freilich nur eine Zwischenlösung. Langfristig soll die Universität nämlich am Otto-Wagner-Spital in Wien-Penzing ihr Zuhause finden. Wann die Studierenden dort tatsächlich einziehen können, ist noch nicht ganz klar. Laut Universität ist man in Verhandlungen mit der Stadt. Zuletzt war die Rede davon, dass der Studienbetrieb in der Anlage hoch über der Stadt im Wintersemester 2023/24 starten könnte. Die denkmalgeschützten Pavillons – wie viele der insgesamt 43 an die Universität gehen, ist auch noch nicht fix – sollen als Lehr- und Wohngebäude genutzt werden.

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