Rektoren: Zugangsregeln müssen bis Jänner stehen

(c) Clemens Fabry
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Die Uni-Chefs sind erfreut über SPÖ-Debatte um die Wiedereinführung der Studiengebühren, aber verärgert über die SPÖ-Intervention beim Uni-Zugang. Sie warnen vor einem Ansturm deutscher Studenten.

Wien/Beba/Chs. Ein „Hoffnungsschimmer“ ist die SPÖ-interne Debatte um die Wiedereinführung der Studiengebühren für Rektorenchef Hans Sünkel: „Es gibt offenbar einige Persönlichkeiten an der Spitze der SPÖ, die sehen, dass die Abschaffung ein Fehler war“, so Sünkel. Und Fehler könne man korrigieren. Die SPÖ hat das De-facto-Ende der Gebühren im Jahr 2008 gemeinsam mit FPÖ und Grünen beschlossen. Bis 2013 wird den Unis der Entfall mit jährlich 157 Millionen Euro ausgeglichen – danach nicht mehr. Eine Wiedereinführung bringt laut Sünkel rund 200 Millionen Euro pro Jahr und somit eine „deutliche Entlastung“.

Umso größer ist Sünkels Enttäuschung, was die Neuregelung des Uni-Zugangs betrifft: Der vorliegende Gesetzesentwurf orientiert sich – auf Betreiben der Sozialdemokraten – an den bisherigen Studierendenzahlen, die in vielen Fächern die Kapazitäten bereits jetzt weit übersteigen. Demnach soll die Regierung per Verordnung Bachelor- und Diplomstudien festlegen, in denen es Engpässe gibt oder in denen solche drohen. In diesen Fächern kann die Wissenschaftsministerin die Zahl der Anfänger beschränken oder Rektoren ermächtigen, Aufnahmeverfahren durchzuführen. Die Zahl der Plätze darf den Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre nicht unterschreiten.

Prammer auf Konfrontation mit Ministerin

Den Uni-Chefs ist das zu wenig: Das Gesetz verhindere bloß, dass sich der „unhaltbare Zustand“ an den Universitäten noch weiter verschlechtere, so Sünkel. Das Problem werde dadurch nicht gelöst, im Gegenteil: „Das Gesetz legalisiert die derzeitigen Zustände.“ Sünkel wünscht sich ein Gesetz, das die tatsächlichen Kapazitäten berücksichtigt – etwa die Zahl der bisherigen Absolventen plus 20 oder 30 Prozent. Ebendas hat Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) in ihrem ersten Entwurf vorgeschlagen – und war damit beim Koalitionspartner auf Widerstand gestoßen („Die Presse“ berichtete). Der nunmehrige Entwurf sei ein „Kompromiss“, so Karl im Ö1-Mittagsjournal. Teile der SPÖ würden eine rasche Lösung der Uni-Misere blockieren.

Erst am Mittwoch hat Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) den Konflikt erneut angefacht. Sie lehne „Knock-out-Prüfungen“ für Studierende ab, so Prammer in einer Reaktion auf die geplante Novelle. Österreich brauche mehr, und nicht weniger Studenten. Derzeit finde eine „Studierendenvertreibung“ statt. Karl will nun die Begutachtungsfrist abwarten und erst dann weiterdiskutieren. Die Rektoren aber machen Druck: Sünkel bereitet Sorgen, dass der Sonderministerrat kommende Woche, bei dem die Gesetzesvorlage verabschiedet werden sollte, abgesagt ist. „Wir brauchen eine Korrektur des Gesetzestextes – und wir brauchen sie jetzt. Alles, was nach Ende Jänner kommt, ist zu spät.“ Neue Aufnahmeverfahren können nicht von heute auf morgen umgesetzt werden, die Regelung müsse aber im kommenden Uni-Jahr greifen.

Karl bestätigt Rücklagen in Millionenhöhe

Für Oktober 2011 erwartet die Unis ein massiven Ansturm deutscher Studenten. Weil in Bayern das Gymnasium von neun auf acht Jahre verkürzt wurde, werden doppelt so viele Maturanten an die Unis drängen. Zusammen mit der Aussetzung der Wehrpflicht bringt das ein Plus von mehr als 100.000 bei den deutschen Studienanfängern – die auch teilweise nach Österreich ausweichen. Werde nun der Zugang nicht rechtzeitig geregelt, müssten Hochschulen wie die Wirtschaftsuniversität Wien auch künftig „80 Prozent der Studierenden hinausprüfen“, so Sünkel. Irgendwie müssten die Unis die Studentenzahlen an ihre Kapazitäten anpassen. Für Georg Winckler, Rektor der Uni Wien, darf die geplante Zugangsregelung überhaupt „nur ein erster Schritt“ hin zu der für 2013 zugesagten Studienplatzfinanzierung sein.

Ministerin Karl ist unterdessen nicht nur über die SPÖ verärgert, sondern auch über die FPÖ. Deren Wissenschaftssprecher Martin Graf hat der Ministerin im „Presse“-Interview vorgeworfen, 310 Millionen Euro an Rücklagen zu haben – und diese nicht in die Verbesserung der Studienbedingungen zu investieren. Die Höhe der Summe sei richtig, gibt man im Ministerium zu. Das Geld sei aber zweckgebunden, etwa für die Elite-Uni in Maria Gugging und Klinikbauten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2010)

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