Fusion: Innsbrucker Med-Uni vor dem Aus?

Fusion Innsbrucker MedUni
Fusion Innsbrucker MedUni(c) APA/ROBERT PARIGGER (ROBERT PARIGGER)
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Tirols Landespolitik will die skandalgebeutelte Medizin-Uni mit der Uni Innsbruck zusammenlegen. Medizin-Rektor Herbert Lochs wirft Kritikern "Eigeninteressen" vor.

Innsbruck/Wien. Es ist ein tragisches Ereignis, das – zusätzlich zu einer medizinischen – nun auch eine emotionale hochschulpolitische Debatte neu angeheizt hat: Nach dem Tod eines dreijährigen Mädchens an der Innsbrucker Kinderklinik Ende des Vormonats hat sich der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter für ein Ende der Medizin-Uni Innsbruck ausgesprochen. Oder genauer: für die (Wieder-)Zusammenlegung mit der Uni Innsbruck. Die Med-Uni wurde erst 2004, zeitgleich mit den Med-Unis Graz und Wien, aus ihrer Stamm-Uni herausgelöst und als eigene Institution etabliert.

Die Ausgliederung der Med-Uni sei „ein Fehler“ gewesen, sagt Platter nun in der „Tiroler Tageszeitung“. Bis auf „zusätzliche Verwaltungskosten und ständige Reibungsverluste hat die Abspaltung nichts gebracht“. Bereits diese Woche soll es ein Treffen zwischen Med-Uni-Rektor Herbert Lochs, dem interimistischen Rektor der Universität Innsbruck Tilmann Märk, sowie dem (nicht erst seit den Skandalen um die Tiroler Privatuniversität Umit) umstrittenen Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (VP) geben.

Tirols SPÖ bezeichnet die Abtrennung der Medizin-Uni von der Uni Innsbruck gar als „größten Skandal in der Wissenschaftsgeschichte der Zweiten Republik“. Ein Seitenhieb auf die ÖVP: Fällt die Gründung der Med-Uni doch in die Zeit der schwarz-blauen Koalition. Die Stamm-Uni solle wieder die Führung über alle Fakultäten übernehmen. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (der die Fusionsdebatte vor einigen Wochen überhaupt erst ausgelöst hat) müsse das Geld zur Verfügung stellen, um den „Schlamassel“ zu bereinigen.

Der Rektor der Med-Uni, Herbert Lochs, setzt sich im „Presse“-Gespräch zur Wehr: „Ich bin erstaunt, wie viele Leute, die nichts mit der Universität zu tun haben, jetzt Ratschläge erteilen.“ Sein Vorwurf: Vielen Kritikern seiner Uni gehe es nicht um die Sache, sondern nur um „ihre individuellen Interessen“. Deshalb würden jetzt „Dinge vermischt, die nicht zusammengehören“. So sei es zwar richtig, dass nach den tragischen Ereignissen „rasch weitere Maßnahmen zum Qualitätsmangement in der Pädiatrie ergriffen werden müssen“. Die Hauptverantwortung hierfür liege aber „nicht bei der Uni“, sagt Lochs, sondern vielmehr bei der Tilak, der Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH. Weitere Schritte seien bereits in Planung.

Lochs: „Keine zufriedenstellende Struktur“

Den Tod eines Kindes für Fusionsdebatten zu nutzen, sei aber nicht förderlich: „Durch eine Zusammenlegung der beiden Unis wären die Probleme in der Pädiatrie auch nicht schneller oder besser gelöst.“ Lochs versucht sich dennoch in Selbstkritik: Auch er habe im Jahr 2004, während der Zeit der Ausgliederung der Uni, noch „Zweifel“ an der Sinnhaftigkeit einer eigenständigen Medizin-Uni gehabt. Und tatsächlich „ist es der Uni bis heute nicht in zufriedenstellender Weise gelungen, sich selbst zu strukturieren.“ Mittlerweile gebe es aber „akkordierte Konzepte“ – und Strukturen, „die keine Zusammenführung mit der Uni Innsbruck von heute auf morgen zulassen würden“. Er spreche sich lieber für enge Kooperationen aus.

Eine lange Serie an Misserfolgen

Der Ruf der Med-Uni als Sorgenkind der heimischen Hochschulszene kommt nicht von ungefähr. Ihre Performance gleicht bislang weniger einer Erfolgs-, sondern einer Leidensgeschichte. In personeller, wissenschaftlicher und finanzieller Hinsicht. Die Liste der Negativschlagzeilen ist lang: Es begann 2008, als das Fachjournal „Nature“ eine nicht genehmigte Zelltherapie („Something is rotten in the State of Austria“) anprangerte. Die Reputation der Uni leidet bis heute. Weiters wurde der damalige Rektor wegen angeblicher finanzieller Versäumnisse des Amts enthoben; der Rechnungshof warf einem Vizerektor „In-Sich-Geschäfte“ vor; der Uni-Rat kam mit überhöhten Ausgaben in die Medien. Parallel übte sich die Führungsriege in Selbstzerfleischung: Die Med-Uni führt seit Langem eine Schlammschlacht mit Ex-Vizerektorin Margarethe Hochleitner, die sich bei der Rektorswahl übergangen fühlte.

Die Gegner einer Fusion müssen (vorerst) dennoch keine Angst haben: Eine solche ist derzeit gesetzlich nicht möglich, da alle 21 Unis explizit im Uni-Gesetz festgeschrieben sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2011)

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