Welche Bildung für die Wirtschaft?

Symbolbild Arbeitsplatz
Symbolbild Arbeitsplatz(c) Clemens Fabry
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Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Bildungsanbieter zu neuen Herausforderungen und möglichen Lösungsansätzen.

VUKA – volatil, unsicher, komplex und ambivalent, dieses Schlagwort beschreibt laut Henkel-CEE-Personalchef Peter Truzla die neue Arbeitswelt. Truzla war gleichzeitig Gastgeber und Teilnehmer einer vom Internationalen Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK) veranstalteten Podiumsdiskussion, in der unter Leitung von Sandra Baierl, Ressortleiterin „Kurier“-Karrieren, die Frage erörtert wurde, was Bildungsinstitutionen von Volksschule bis Universität tun können, um den Anforderungen der Wirtschaft entsprechend auszubilden. Wie Truzla betont, ist Bildung auch Voraussetzung für die Beibehaltung von Produktionsstandorten in Österreich.

Hype um Digitalisierung

Hier greift Wifo-Expertin Julia Bock-Schappelwein die aktuelle Diskussion um die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Jobmarkt auf. Den jüngst kolportierten 50 Prozent aller Jobs, die durch Digitalisierung wegfallen sollen, stellt sie andere, weniger dramatische Berechnungen gegenüber. Zudem sei diese Entwicklung nichts Neues, schon jetzt wären etwa in Wien nur etwa zehn Prozent aller Beschäftigten in der Produktion tätig. Fest stehe allerdings, dass standardisierte Tätigkeiten wegfallen werden. „Die“ Bildungsmaßnahme als Antwort darauf gibt es laut Bock-Schappelwein nicht. Die Expertin betont vielmehr die Bedeutung der Basiskompetenzen wie Rechnen und (sinnerfassendem) Lesen, da diese Voraussetzung für jede Weiterbildung seien.

„Die Digitalisierung ist nicht der Feind“, bekräftigt auch Thomas Teufl, Geschäftsbereichsleiter Privat- und Firmenkunden beimBFI Wien. Seiner Meinung nach fehlten weniger fachliche als Sozialkompetenz und Zielstrebigkeit. Zudem kritisiert er die mangelnde Wertschätzung für Bildung in Österreich und ortet einen Rückgang im Engagement von Privatpersonen. Hier differenziert Bock-Schappelwein und verweist darauf, dass etwa in der Altersklasse der 25- bis 39-Jährigen die Frauen bezüglich Bildungsabschlüssen stark aufgeholt hätten. Ein Problem sehen die Experten in der Zielgruppe 50 plus. „Früher hieß es ,alle Seminare besucht, was nun?‘, heute gibt es neue Bereiche, die speziell für Ältere fremd sind“, schildert Truzla und berichtet über das bei Henkel praktizierte „Reverse Mentoring“, wobei Jüngere älteren Mitarbeitern etwa Social Media näherbringen. Dies brächte neben dem Wissenstransfer auch ein Erfolgserlebnis und ein „Empowering“ der jüngeren, in der Hierarchie noch nicht so hoch stehenden Mitarbeiter.

Persönlichkeit im Vordergrund

Auf die Kernfrage, welche Bildungsinhalte für die Wirtschaft besonders wichtig seien, antworten die Experten vor allem mit Soft-Skills. Für Truzla steht Persönlichkeitsbildungan erster Stelle, Teufl nennt umfassende Medien- und Sozialkompetenz. Diese seien wichtig, um sich zu vernetzen. Laut Bock-Schappelwein braucht es ein ganzes Bündel an Kompetenzen. Neben einer Kombination aus fachlichen und IT-Kompetenzen auch Eigenschaften wie Verlässlichkeit und Pünktlichkeit. Allgemein berichten die Experten, dass es insbesondere Berufsanfängern oft an sozialen Fähigkeiten fehle. Diese müssten durch Fortbildungen mit entsprechendem Feedback geschult werden.

Die Frage, ob am Markt „vorbeiproduziert“ würde, verneint Truzla. Allerdings beklagt er, dass Naturwissenschaft und Technik nicht „schick“ wären und wünscht schon in der Schule mehr Werbung für die einschlägigen Fächer – auch mit Hinweis auf die sehr guten Jobaussichten. Für die IT-Ausbildung müsse zudem eine entsprechende Infrastruktur bereitgestellt werden, ergänzt Bock-Schappelwein. Und in der anschließenden Publikumsdiskussion bemängelt Thomas Faast von der FH Technikum Wien, dass viele qualifizierte Bewerber für Technikfächer wegen mangelnder Studienplätze abgewiesen werden müssen.

Flexible Ausbildungsformen gefragt

Was die Methodik angeht, so berichtet Truzla bezüglich der hausinternen Henkel-Akademie von einem Wandel, weg vom herkömmlichen Seminar hin zu einem Mix aus Training am Arbeitsplatz, E-Learning und nur mehr etwa 20 Prozent klassische Kurse. Allgemein plädiert Teufl für mehr Flexibilität. Diese könne für den BFI-Experten vor allem mit kürzeren beziehungsweise modular aufgebauten Ausbildungsformen gewährleistet werden, die rascher an aktuelle Entwicklungen angepasst werden können als etwa ein gesamter Studienplan.

(Print-Ausgabe, 21.01.2017)

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