Akademische Alternativen im Sozialbereich

Beratung in verschiedensten Lebenslagen ist Teil der meisten Sozialberufe.
Beratung in verschiedensten Lebenslagen ist Teil der meisten Sozialberufe.(c) Imago/Paul von Stroheim
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Ein Bachelor oder Master ist auch in den Sozialberufen immer mehr gefragt. In Niederösterreich, Vorarlberg und Kärnten werden – teils gemeinsam mit ausländischen Hochschulen – neue Studien für Teildisziplinen angeboten.

Der Trend zur Akademisierung des Gesundheits- und Sozialbereichs erfasst immer mehr Bereiche. So ermöglicht heute die FH St. Pölten als erste heimische Fachhochschule einen Bachelorabschluss in Sozialpädagogik – einer Ausbildung, die bisher in Österreich (im Unterschied zu „Soziale Arbeit“) ausschließlich an fünfjährigen Schulen oder in Kollegform existierte. Auch in St. Pölten wurden schon bisher ein einschlägiger Masterlehrgang sowie ein sechssemestriger, privat zu finanzierender Lehrgang zum Akademischen Sozialpädagogen angeboten. Nun haben die Absolventen des akademischen Lehrgangs im Rahmen einer Kooperation mit der niederländischen Saxion-Hochschule Enschede die Möglichkeit, in weiteren zwei Semestern den Titel Bachelor of Social Work (Sozialpädagogik) zu erwerben. „Der Bachelorabschluss hat in der Sozialwirtschaft einen hohen Stellenwert, zudem bietet er mehr Möglichkeiten, höhere (Master-)Studien anzuschließen“, sagt Lehrgangsleiterin Andrea Nagy.

Die Absolventen des Lehrgangs können die Lehrveranstaltungen des siebenten und achten Semesters der Saxion Hogeschool Enschede an der FH St. Pölten absolvieren. Die Abschlussprüfungen finden in den Niederlanden statt. Die Lehrgänge sind berufsbegleitend organisiert. Ein Teil der Lehre erfolgt online oder nach dem Inverted-Classroom-Prinzip. Dabei lernen die Studierenden den Großteil der Inhalte mit Onlineunterstützung selbst. Diskutiert, vertieft und geübt wird in den Präsenzphasen. Im Vergleich zu traditionellen Ausbildungen für Sozialpädagogen seien so die Präsenzlehrveranstaltungen auf fast ein Drittel reduziert worden, so Nagy. „Das ist in der Sozialpädagogik vor allem deshalb nützlich, da die meisten Studierenden schon während des Studiums in diesem Bereich arbeiten – es ist ja ein berufsbegleitendes Angebot – und in verschiedenen Bundesländern wohnen.“

Berufsbegleitendes Psychologiestudium

Eine neue Kooperation ist man auch im Wissenschafts- und Weiterbildungszentrum Schloss Hofen des Landes Vorarlberg eingegangen. Dieses bietet gemeinsam mit der Hochschule Magdeburg-Stendal ab Herbst ein privat zu finanzierendes Bachelor- und Master-Studium Psychologie mit den Schwerpunkten Klinische Psychologie und Rehabilitation an.

Das Curriculum entspreche dem eines österreichischen Psychologiestudiums, sagt Elmar Fleisch, Leiter des Programmbereichs Gesundheit und Soziales & Humanwissenschaften von Schloss Hofen. „Das Programm enthält insgesamt 300 ECTS, der Master berechtigt zur Führung der Bezeichnung Psychologe/Psychologin nach dem Österreichischen Psychologengesetz.“ Zudem könne im Anschluss die postgraduelle Ausbildung Klinische Psychologie entsprechend des Österreichischen Psychologengesetzes absolviert werden, die zur selbstständigen Patientenbehandlung und Niederlassung befähige.

Das Studium ist berufsbegleitend und dauert deshalb im Bachelor um zwei, im Master um ein Semester länger als üblich. Das Land Vorarlberg vergibt Stipendien.

Zielgruppe sind Personen, die parallel zu ihrer Arbeit – etwa als Kindergartenpädagogen, Gesundheits- und Krankenpflegepersonen oder Lehrkräfte – oder parallel zur familiären Verpflichtung ein Psychologiestudium vor Ort betreiben möchten. Eine abgeschlossene Berufsausbildung und ein Jahr Praxis im psychosozialen oder medizinischen Feld sind neben der Hochschulreife zentrale Zugangsvoraussetzungen.

Begleitung in schwierigen Lagen

Zunehmend eingesetzt werden im Sozialbereich sogenannte Case Manager, die Klienten durch schwierige Lebenssituationen begleiten. Ab März 2018 soll zur Qualifikation in diesem Berufsbild erstmalig ein dreisemestriger Lehrgang Akademisches Case Management an der FH Kärnten starten. Der von der Österreichischen Gesellschaft für Care und Case Management (ÖGCC) zertifizierte Lehrgang vermittelt Grundlagen und greift die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen in Theorie und Praxis auf. „Die gewonnenen Kenntnisse geben den Absolventen die Sicherheit, passgenaue Unterstützungen oder Hilfsangebote gemeinsam mit Betroffenen in besonderen Lebenssituationen zu erarbeiten, zum Beispiel bei chronischen Erkrankungen, bei Arbeits- oder Wohnungslosigkeit“, sagt Katharina Olexiw, Professorin für Pflegewissenschaft und wissenschaftliche Leiterin des künftigen Lehrgangs. Mit dem Erwerb von 60 ECTS-Punkten haben die Absolventen die Möglichkeit, sich Module für ein Studium anrechnen zu lassen. Zudem berechtige der Abschluss Zertifizierter Case Manager/zertifizierte Case Managerin dazu, diese Funktion auch in Deutschland oder der Schweiz auszuüben.

Voraussetzung sind der Abschluss eines einschlägigen Hochschulstudiums oder einer Akademie oder die diplomierte Ausbildung im Gesundheits- und Krankenpflegebereich, als Sozialbetreuer oder Fachsozialbetreuer. Auch für Personen mit einschlägiger Qualifizierung und besonderen betrieblichen Aufgaben im Gesundheits- und Sozialbereich oder in der arbeitsmarktpolitischen Versorgung kommt der Lehrgang infrage, sofern sie mindestens zweijährige Berufserfahrung nachweisen können.

Web:www.fhstp.ac.at, www.schlosshofen.at, www.fh-kaernten.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2017)

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