Führungskompetenz: Die Generationen zusammenführen

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Babyboomer und die Generationen X, Y und bald Z in einer Mannschaft zu haben bringt Reibungspunkte. Wie man als Chef oder Teamleiter damit umgeht, kann man lernen.

Das wichtigste im Umgang der Generationen miteinander ist, dass es prinzipiell keine Konfliktpunkte, sondern Missverständnisse gibt“, sagt Florian Stieger, Wirtschaftspsychologe und Managing Director der Gesellschaft für Personalentwicklung GfP. Es gelte zu respektieren, dass jeder Mensch, eine eigene Landkarte im Kopf habe, erst recht, wenn er einer anderen Generation angehört. Stieger definiert acht Dimensionen, die es in der generationsübergreifenden Führung zu berücksichtigen gilt, da die Babyboomer und die folgenden Generationen hier jeweils unterschiedliche Ansichten hätten: Sie entwickeln sich und lernen anders. Sie nähern sich Technologien anders. Auch gehen sie mit Veränderung anders um, ebenso mit Hierarchien. „Der Respekt vor dem Alter äußert sich bei jungen Mitarbeitern so, dass sie ein charakterstarkes Vorbild suchen. Die Babyboomer denken in Ordnungskategorien. Wer es bis nach oben geschafft hat, ist wichtig“, erklärt Stieger.

Leistung und Verantwortung

Anders sind auch die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber, die Einstellung zur Karriere sowie die Vorstellungen von Entlohnung. „Die Generation Y will Verantwortung tragen und Leistung zeigen, aber auch dafür geradestehen, wenn sie scheitert“, hat Stieger beobachtet. Das erfordert bei den Führungskräften ein Umdenken. Gingen sie bislang als Alleinverantwortliche für Projekte in ein Meeting, tun sie gut daran, nun den ausführenden „Youngster“ mitzunehmen.

Wie man das in sein bisheriges Führungsschema implementieren kann, zeigt etwa das Seminar „Leading Generation Y“ der GfP. Geschärft werden dabei das Verständnis der Führungskraft als Vermittler, die Dialogbereitschaft in der Praxis und die Authentizität als akzeptierter „Commander in Control“. Aber auch dem Thema „Führung älterer Mitarbeiter“ nimmt sich die GfP an, zeigt, wie man ihre Erfahrungen und Potenziale erschließen und nutzen kann.

„Eine konstruktive Kooperation von jungen Führungskräften und meist älteren Mitarbeitern erfordert hohe soziale Kompetenz, Aufgabenbezogenheit und vor allem gegenseitigen Respekt. Da die betriebliche Personalpolitik zumeist auf junge Leistungsträger ausgerichtet ist, kommt es zu einer Entwertung lang gedienter Mitarbeiter. Das führt unweigerlich zu Konflikten“, sagt Ingrid M. Kösten, Obfrau von Woman Success, einem Verein zur Unterstützung von Frauen in Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft. Sie bemerke immer wieder, dass es grundsätzliche Missverständnisse zwischen den Generationen gibt, etwa bei Arbeitszeit und Anwesenheit: „Für Ältere ist häufig noch die Präsenz am Arbeitsplatz wichtig. Dies drückt für sie Werte wie Fleiß, Zuverlässigkeit oder Pünktlichkeit aus. Jüngere Kollegen und Vorgesetzte hingegen haben ein anderes Zeitmanagement, das vom Internet geprägt ist. Für sie ist nicht wichtig, wo und zu welcher Tages- oder Nachtzeit die Arbeit erledigt wird, sondern dass sie erledigt wird.“

In ihrem Training „Powermix der Generationen“ geht es darum, die unterschiedlichen Erfahrungen und Kompetenzen als Ressource zu erkennen und zu nutzen. Wichtig ist Kösten dabei, „dass sich junge Führungskräfte ein Bewusstsein dafür verschaffen, dass jede Lebensphase ihrer Mitarbeitenden eigene Stärken besitzt“. Soziale Kompetenzen wie Empathie, Toleranz und Verständnis für unterschiedliche Arbeitsstile sowie ein dialogorientierter Kommunikationsstil werden in Übungen, Reflexionen und Praxisbeispielen gefestigt.

Laut einer Studie der Wirtschaftsauskunftei Crif Österreich liegt das Durchschnittsalter von Führungskräften in großen Unternehmen bei 47, in Kleinunternehmen bei 44 Jahren. Sie sind also selbst eher in der Mitte angesiedelt und müssen den Spagat zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern schaffen. „Junge Chefs stehen oft vor der Aufgabe, Menschen anzuleiten, die deutlich älter als sie selbst sind. Sie sind in der Regel nicht darauf vorbereitet, Mitarbeiter zu führen, die einen Vorsprung an Erfahrung haben, die im Unternehmen groß geworden sind und es bestens kennen“, erläutert Kösten.

Grundlegender Wertewandel

Welche Bedeutung Arbeit im Leben hat, hat sich fundamental geändert. Während die Babyboomer leben, um zu arbeiten, macht es die Generation X genau umgekehrt. „Der Umgang mit Hierarchie beispielsweise unterscheidet Jüngere von Älteren. Erstere setzen auf mehr Vernetzung und weniger Hierarchie, während Ältere gewohnt sind, in Hierarchien zu arbeiten“, erklärt Ulrike Aigner, zuständig für Recruiting, Beratung und Training bei der Unternehmensberatung Connect Competence. Es finde schon seit längerer Zeit ein Wertewandel statt, weshalb die Führung jüngerer Mitarbeiter andere Ansätze benötige. Sie sollte geprägt sein durch Stärkung von „Selbstorganisation, Flexibilität, Vernetzung und Perspektivenvielfalt, mit der die älteren Generation weniger gut umgehen kann“. Connect Competence bietet Generationenmanagementseminare an. Auch hier stehen Empathie und Sensibilität hinsichtlich der Bedürfnisse der unterschiedlichen Generationen, aber auch Offenheit und Wertschätzung gegenüber Unterschieden im Mittelpunkt.

Information

Die Generationen in der Arbeitswelt lassen sich (in etwa) folgendermaßen einteilen und charakterisieren:

Babyboomer (geb 1950 bis 1965): optimistisch, hierarchiebewusst, fleißig.

Generation X (geb. 1965 bis 1980) skeptischer, individualistisch und arbeitet, um zu leben, nicht umgekehrt.

Generation Z („Millenials“, geb, 1980 bis 1995): leistungsorientiert, selbstbewusst, wenig hierarchisch.

Generation Y (ab ca. 1995): „immer online“, netzwerk- und projektorientiert.

Web: www.connectcompetence.net,
www.womansuccess.at, www.gfp.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2017)

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