Industrie 4.0

Wissenszulieferer für die Industrie

Das neu eröffnete Robotiklabor an der FH OÖ.
Das neu eröffnete Robotiklabor an der FH OÖ. (c) FH OÖ
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Die Digitalisierung und Vernetzung der Produktion erfordert Experten. Neue Aus- und Weiterbildungsprogramme, die auf den Bedarf der Betriebe zugeschnitten sind, befassen sich aber nicht nur mit technischem Fachwissen.

Wenn Österreichs vielleicht bekanntester Industriebetrieb plant, das modernste Edelstahlwerk der Welt im steirischen Kapfenberg zu bauen, wenn das Land laut Digitalindex der Europäischen Kommission 2016 bei den „Humanressourcen“ auf Platz acht liegt, so sind dies Indikatoren dafür, dass zumindest bei der Qualifikation von Fachpersonal für die Industrie hierzulande einiges richtig gemacht wird.

Ein Studium, das vom geäußerten Bedarf der Industrie inspiriert wurde, soll im Wintersemester 2018 an der FH Oberösterreich starten. Der neue Masterstudiengang Robotic Systems Engineering an der Fakultät für Technik auf dem Campus Wels, auf dem jüngst auch eine Industrie-4.0-Pilotfabrik eingerichtet wurde, wird den Fokus auf das Zukunftsthema Robotik und Informatik setzen und dafür eine berufsbegleitende Ausbildung anbieten – zusätzlich zum bestehenden Welser Vollzeitstudium Automatisierungstechnik.

Letzteres ist für seine intensive Zusammenarbeit mit der Industrie durch gemeinsame Projekte, Forschungsarbeiten, Lektoren und Workshops bekannt. Dementsprechend hoch ist die Zufriedenheit der Betriebe mit den Absolventen des Studiengangs, der bereits achtmal das österreichweite Ranking des „Industriemagazins“ gewann. Automatisierungstechnik gilt mit aktuellen Themenfeldern wie etwa Smart Manufacturing, 3-D-Druck, digitale Fabrik oder Mensch-Maschine-Interaktion zudem als einer der forschungsaktivsten Studiengänge der Welser Fakultät für Technik.

Inputs der Industrie

In einem Workshop des Studiengangs im Sommer 2016 mit Vertretern der Industrie, der Wirtschaft und Forschung entstand die Idee zu einem künftigen Robotikstudiengang. „Gewünscht wurden insbesondere ein Ausbau der Robotik sowie die Entwicklung von mobilen, autonomen Systemen. Das entspricht den Trends im Rahmen von Industrie 4.0“, sagt Günther Hendorfer, Dekan der Fakultät für Technik an der FH OÖ. Weiters sei der Wunsch nach mehr Signalanalyse geäußert worden, insbesondere im Zusammenhang mit Multisensorsystemen, außerdem die Beschäftigung mit modernen Diagnosetools wie Predictive Maintainance.

Neben dem neuen Studiengang wurde an der FH OÖ gemeinsam mit Industrieunternehmen ein berufsbegleitendes Weiterbildungsangebot entwickelt, das Unternehmen ermöglichen soll, ihre Mitarbeiter rasch auf den neuesten Stand zu bringen. Die als Module bezeichneten einzelnen Themen werden dabei jeweils in einem Semester abgehandelt. Die beiden ersten Module, Industrielle Softwareentwicklung mit C und C++ sowie Industrielle Messtechnik, starten im März 2018.

Hohes „industry involvement“ charakterisiert auch das MBA-Programm Energy Management der Executive Academy der WU Wien. Das 15 Monate dauernde berufsbegleitende Studium wurde von Energieexperten aus den Reihen der Opec und anderer internationaler Organisationen konzipiert. Die Teilnehmer des MBA Energy Management sind, was ihr Alter und ihre Karriere betrifft, im Schnitt weiter fortgeschritten als in anderen Professional-MBA-Programmen der Executive Academy. Die Attraktivität des MBA Energy Management auch für Personen, die in ihren Karrieren bereits weiter sind, liege neben anderen Faktoren auch an den Netzwerkzugängen, die sich für die Teilnehmer ergäben, sagt der wissenschaftliche Leiter des MBA, Jonas Puck. Die Netzwerke entstünden nicht nur untereinander, sondern auch durch die intensive Einbindung von Ko-Dozenten aus der Industrie. Diese Praktiker brächten zudem oft auch andere Perspektiven ein als Dozenten aus dem Wissenschaftsbereich. Ein Beispiel dafür sei der Kurs Strategies in the Energy Business, in dem er selbst gemeinsam mit Bernhard Bauer, Senior Vice President bei der Siemens AG Österreich/CEE, unterrichte. Der Konzernmanager ergänzt die wissenschaftlichen Grundlagen um den spezifischen Industriekontext. „Meine Erfahrung mit konkreten Prozessen der Strategieentwicklung und -implementierung hilft den Teilnehmern vor allem, die praktischen Herausforderungen besser zu verstehen“, sagt Bauer. „Zudem kann ich zu vielen Diskussionspunkten konkrete Beispiele und Erfahrungsberichte beisteuern.“

Rechtliche Aspekte bedenken

Etliche Seminare und Workshops, die sich an die Industrie als Zielgruppe richten, bietet in nächster Zeit die Akademie für Recht, Steuern & Wirtschaft (ARS). Die Themen lauten etwa CE-Kennzeichnung, Anlagengenehmigungsverfahren, Industrie 4.0: Grundlagen oder Industrie 4.0: Rechtliche Herausforderungen. „Die Digitalisierung der Arbeits- und Produktionsprozesse wirft zunehmend rechtliche Fragen auf. Vernetzte Unternehmen haben Zugang zu einer Fülle von Produktions- und Mitarbeiterdaten, die unternehmens- und grenzübergreifend weitergegeben werden. Dadurch stellen sich Fragen des Geheimnisschutzes, der Datensicherheit, der Cyberkriminalität sowie generell der Zulässigkeit von Datentransfers“, weiß ARS-Geschäftsführerin Susanne Heidrich. Sie rät Unternehmen, nicht nur die technologischen Voraussetzungen für den digitalen Wandel zu schaffen, sondern auch die rechtlichen Möglichkeiten und Schranken im Blick zu behalten.

Web: www.executiveadademy.at,
www.ars.at, www.fh-ooe.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2017)

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