Begleitung in die Schuldenfreiheit

Wenn sich unbezahlte Rechnungen türmen, können Profis helfen.
Wenn sich unbezahlte Rechnungen türmen, können Profis helfen.(c) pure-life-pictures - stock.adobe
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Beratung. Für den professionellen Umgang mit hoch verschuldeten Menschen werden etliche Weiterbildungen für soziale und wirtschaftliche Berufsgruppen angeboten.

Zeiten, in denen Sparen sich kaum mehr lohnt und Kredite billig sind, machen es leicht, Verbindlichkeiten anzuhäufen. Die sich oft daraus ergebende Schuldenspirale rechtzeitig aufzuhalten, ist umso schwieriger. Über 60.000 Personen haben sich in dieser Situation laut dem Österreichischen Schuldenreport 2018 letztes Jahr an eine der staatlich anerkannten Schuldenberatungen gewandt. Neben den geprüften Schuldenberatern, die dort arbeiten, sind jedoch auch etliche andere Berufsgruppen mit verschuldeten Menschen konfrontiert. Mehrere Institutionen bieten Kurse an, in denen etwa Mitarbeiter sozialer Einrichtungen, aber auch Juristen, Bank- und Versicherungsmitarbeiter geschult werden.

Das Richtige tun

So wird beispielsweise an der Campus Wien Academy, einer Weiterbildungsschiene der Fachhochschule Campus Wien, ein Kurs zum „Umgang mit überschuldeten Menschen“ angeboten. Das Seminar richtet sich nicht nur an Studierende des FH-Studiengangs Soziale Arbeit, sondern auch an externe Personen. „Meine Veranstaltung hat zum Ziel, dass Berater, Sozialarbeiter, aber auch Laienhelfer, die mit überschuldeten Menschen zu tun haben, das Richtige tun, keine gefährlichen Ratschläge geben und sich nicht mit sinnlosen Aktionen abgeben“, sagt der Vortragende Alexander Maly.

Der Diplom-Sozialarbeiter und Konsulent der Schuldnerberatung Wien meint mit „das Richtige tun“, die Prioritäten klarzumachen. „Überschuldete Menschen befinden sich meist in einem Zustand, der planmäßiges Handeln kaum zulässt. Gezahlt wird dorthin, woher der meiste Druck kommt – das ist das Spezialgebiet von Eintreibungsanwälten. Dabei werden oft die wirklich wichtigen Zahlungen, wie Miete und Energie, vernachlässigt. Die Konsequenz sind zum Beispiel Delogierungen oder Stromabschaltungen“, erklärt er die Sachlage.

Ähnliches gelte auch für die Helfer. „Helfende Berufe bemühen sich oft rührend um Details, wie zum Beispiel Schulden wegen Schwarzfahrens zu regulieren. Nicht selten handelt es sich aber um Personen, die nicht einmal wissen, ob sie am nächsten Tag genug zum Essen haben.“ Die rasche Erfassung der gesamten Problemlage und die „Perspektivenentwicklung“ seien daher Bestandteil der Fortbildung, sagt Maly, der auch als Erfinder des „Betreuten Kontos“ gilt. Dieses stellt eine Leistung der Schuldnerberatung Wien in Zusammenarbeit mit ausgewählten Banken dar und soll auch die Umsetzung des demnächst in Kraft tretenden Erwachsenenschutzgesetztes erleichtern. Insgesamt seien die Inhalte seines Kurses als eine Art Destillat aus Fragen zu verstehen, die in vielen Vorträgen an ihn gestellt worden seien. Nächster Termin ist am 26. September in Wien.

Prekäre Situationen erkennen

Fortbildung bietet auch der Dachverband der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich (ASB). Primär ist der Verband für die Ausbildung und Zertifizierung staatlich anerkannter Schuldenberater zuständig, jedoch auch für die Weiterbildung von Mitarbeitern anderer sozialer Beratungseinrichtungen, etwa von Sozialarbeitern, Psychologen oder Pädagogen. Für sie sei es wichtig, prekäre finanzielle oder existenzbedrohende Situationen zu erkennen, um die Betroffenen an die professionellen Schuldenberatungsstellen verweisen zu können, sagt ASB-Geschäftsführer Clemens Mitterlehner. „Für Menschen in existenziell bedrohlichen Situationen ist es oft eine große Überwindung, ihr Problem einzugestehen und sich professionelle Hilfe zu holen. Soziale Einrichtungen können hier wichtige Motivations- und Überzeugungsarbeit leisten, damit die betroffenen Personen tatsächlich den Weg zur Schuldenberatung finden.“

Dazu bräuchten die „Zuweiser“ jedoch grundlegende Informationen, wie Schuldenberatungen arbeiteten, wie eine Schuldenregelung im Groben ablaufe und wohin sich Betroffene wenden könnten. In Situationen, wo noch keine Überschuldung bestehe, könne zudem eine Budgetberatung hilfreich sein.

Die Weiterbildungen des ASB werden im gesamten Bundesgebiet angeboten, so etwa die Seminare „Lohnpfändung für den Beratungsalltag“ (nächster Termin am 24. September, Wien), „Finanz-Coaching“ (nächster Termin am 17. und 18. September, Salzburg) oder „Grenzerfahrungen in Beratungsgesprächen“ (nächster Termin am 19. und 20. November, Salzburg).

Einfacher Start

An andere Berufsgruppen, etwa Juristen, Bank- und Versicherungsmitarbeiter, richten sich Veranstaltungen der Akademie für Recht, Steuern & Wirtschaft (ARS). Im ARS-Seminar „Einführung in das Insolvenzrecht“ erhalten Praktiker beispielsweise Tipps für die Abwicklung eines Sanierungsverfahrens. Das Seminar sei ein guter Einstieg in die Materie, und zwar nicht nur für Beschäftigte aus der Privatwirtschaft, sondern auch aus öffentlichen Institutionen, sagt Programm-Managerin Simone Gumpinger. „Die gesamte Abwicklung des Insolvenzverfahrens wird praxisgerecht erläutert, sodass es auch für Nichtjuristen verständlich ist.“

Die Aufgaben von Insolvenzverwaltern und Sanierungsverwaltern als Entscheidungsträger wichtiger Verfahrensschritte werden ebenso behandelt wie der Prüfungsprozess und das Eigenkapitalersatzdarlehen (12. November, Wien). Auch zum Thema Privatkonkurs, das aufgrund der im November 2017 in Kraft getretenen Gesetzesänderung inzwischen an Brisanz gewonnen hat, bietet die ARS Information. Am 21. Mai 2019 findet die Jahrestagung dazu statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2018)

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