„Kein Stein bleibt auf dem anderen“

Das geänderte Kommunikationsverhalten jüngerer Zielgruppen beeinflusst auch Marketing und PR.
Das geänderte Kommunikationsverhalten jüngerer Zielgruppen beeinflusst auch Marketing und PR.(c) imago/PhotoAlto (Ale Ventura)
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Kommunikationsprofis müssen heute bei Themen wie Social Media und Datenschutz firm sein und Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge haben.

In der Marketing- und Kommunikationsbranche haben sich die Anforderungen in den vergangenen Jahren drastisch verändert. Geprägt wurde diese Entwicklung vor allem von der digitalen Transformation. Aber nicht nur eine Vielzahl an neuen Skills ist gefragt, sondern wie Experten auch bestätigen, setzt jeder Kommunikationsjob heute eine einschlägige Ausbildung voraus. Nicht zuletzt deswegen startete diesen Herbst eine Reihe von neuen Programmen rund um Marketing, PR und Kommunikation.

„Durch die Digitalisierung bleibt in der PR- und Kommunikationsbranche kein Stein auf dem anderen – es herrscht Ratlosigkeit auf breiter Ebene“, sagt Sabine Fichtinger, an der FH St. Pölten Leiterin des neuen Universitätslehrgangs PR und Kommunikationsmanagement, der in Kooperation mit der FH Burgenland angeboten wird und hier Abhilfe schaffen soll. Die Programmentwicklung gehe aber auch auf die Lücke zurück, die dadurch entstanden sei, dass der Universitätslehrgang Public Communication der Uni Wien seit nunmehr zwei Jahren nicht mehr angeboten werde. Zur Auswahl stehen zwei Ausbildungsvarianten: ein einjähriger akademischer Lehrgang sowie ein darauf aufbauender zusätzliche zwei Semester dauernder Masterlehrgang. „Wir versuchen, alle Spezialdisziplinen abzudecken“, so Fichtinger. Entwicklungen wie die fortschreitende Digitalisierung, die EU-Datenschutz-Grundverordnung oder das völlig veränderte Mediennutzungsverhalten junger Menschen stellen laut Fichtinger PR- und Kommunikationsverantwortliche vor große Herausforderungen.

Defizite bei jungen Mitarbeitern

„Viele Kollegen haben darüber geklagt, dass das Ausbildungsniveau junger Mitarbeiter zu wünschen übrig lässt“, berichtet Fichtinger, die auch Generalsekretärin des Public Relations Verband Austria (PRVA) war. Neben politischer Bildung und journalistischem Know-how sei heute Wissen in Bereichen wie Projekt- und Prozessmanagement, Investor Relations, Lobbying, Public Affairs und PR-Controlling gefragt. Diesen Anforderungen versuche man gerecht zu werden. Dass in Zeiten wie diesen soziale Medien Teil des Curriculums sind, versteht sich von selbst. Dabei handle es sich um ein Spezialthema, so Fichtinger. „Die Studierenden lernen hier aber auch einen kritischen Zugang.“

An der Donau-Universität Krems wird das Thema Soziale Medien in einigen Modulen des Masterlehrgangs Politische Kommunikation behandelt. Das Programm wurde einem umfassenden Relaunch unterzogen. „Seit dem Start im Jahr 2007 hat die politische Kommunikation einige Trends und Entwicklungen erlebt, die wir nun im Curriculum abgebildet haben“, erklärt Gerda Füricht-Fiegl, die die Lehrgangsleitung von Peter Filzmaier übernommen hat.

Wie in der Vergangenheit sollen mit dem Lehrgang Politik-Marketing-Spezialisten und Journalisten aus den politischen Redaktionen angesprochen werden. Neu ist unter anderem die Betrachtung von Politik als Schnittstelle zur Wirtschaft. „Damit hängen Themen wie Interessenvertretungen, Lobbying, Machtsysteme oder Personality-PR zusammen“, so Füricht-Fiegl. „Der bisherige Fokus auf die Wechselwirkungen zwischen Medien und Politik ist beibehalten worden. Wir haben uns aber inhaltlich breiter aufgestellt.“ Beispielsweise wurde das Thema Kampagnenstrategien und deren Umsetzung ausgebaut, ebenso wie ethisch sauberer Einsatz von Social Media in der politischen Kommunikation. Auch die internationale Ausrichtung wurde verstärkt. Alternativ zu den alle zwei Jahre stattfindenden Studienreisen in die USA – zu den Midterm Elections oder den Präsidentschaftswahlen – haben die Studierenden die Möglichkeit, die EU-Institutionen in Brüssel zu besuchen.

Der boomenden Nachfrage nach Arbeitskräften mit digitalen Qualifikationen will die FH Wien der WKW mit dem neuen Masterstudiengang Digitale Kommunikation und Marketing Rechnung tragen. „Die IT-Kenntnisse der Absolventen von betriebswirtschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Studien sind oft wenig ausgeprägt“, erklärt der Leiter Gerald Janous. Im ersten Studienjahr, das eine Mischung aus Fern- und Präsenzstudium sei, widmen sich die Studierenden den für Marketing und Kommunikation relevanten IT-Grundlagen, so Janous. Im zweiten Studienjahr stehen dann – geblockt als Präsenzunterricht – praxisnahe Module aus digitalem Marketing auf dem Programm.

Neu ist diesen Herbst an der FH Wien auch der englischsprachige Bachelorstudiengang Corporate Communication. An der FH St. Pölten ging zu Semesterbeginn mit dem Masterstudium Wirtschafts- und Finanzkommunikation, das Experten in den Bereichen Investor Relations, Financial Reporting & Controlling sowie Daten- und Finanzjournalismus ausbildet, ebenfalls ein einschlägiges Programm an den Start. Kommende Woche startet zudem der neue Lehrgang Digitale Kommunikation des APA-Campus. Das Curriculum setzt sich aus zehn Workshops zusammen, unter anderem zu Themen wie SEO, Social Media, Content Distribution oder Entwicklung von digitalen Strategien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2018)

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