Helfen lernen: Soziale Arbeit: Wie spezialisieren?

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Symbolbild(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Die Ausbildung für Sozialarbeiter ist breit aufgestellt. Auf Case Work, interkulturelle Kompetenzen oder internationale Forschungsarbeit kann man sich mit einem aufbauenden Masterstudiengang konzentrieren.

Streetwork, Strafvollzug, Psychiatrie oder Kinder- und Jugendwohlfahrt – die Einsatzgebiete für Sozialarbeiter können vielfältig aussehen. Dementsprechend umfassend ist auch die Ausbildung: Nach Abschluss des dreijährigen Bachelorstudiums kann man in alle Bereiche der Praxis einsteigen und Menschen in Krisen- und Notsituationen professionell unterstützen. Will man sich beruflich spezialisieren, ist es empfehlenswert, ein aufbauendes Masterstudium anzuschließen, das in Österreich an sechs Fachhochschulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten angeboten wird. „Die Masterstudiengänge der Sozialen Arbeit sind etwas relativ Junges in Österreich – die Eingliederung in die Fachhochschulen und ins Bologna-System ist erst 2001 erfolgt, seither sind verschiedene Vertiefungen entstanden. Das hat die Profession aufgewertet“, meint Peter Pantuček, Leiter des Masterstudiengangs Soziale Arbeit an der FH St. Pölten.

Gleich in den Beruf?

Der Bachelor sei zwar eine gute Vorbereitung für die Praxis, der Master biete den Absolventen aber vor allem Forschungs-Know-how und Kompetenzen, die für Führungspositionen im Sozialbereich benötigt werden. Noch würden die meisten Bachelorstudenten nach ihrem Abschluss den Einstieg in den Beruf vorziehen. Für Pantuček ist ein Aufbaustudium aber vor allem deswegen wichtig, „weil die demografischen Entwicklungen und die gesellschaftliche Ausdifferenzierung neue Betätigungsfelder schaffen werden und sich damit auch die Anforderungen für die Soziale Arbeit verändern“.

In der FH St. Pölten liegt der Schwerpunkt des Masterstudiums auf dem „Case Management“, einem Konzept der Sozialen Arbeit, das speziell auf den individuellen Bedarf der Klienten ausgerichtet ist. „Case Management heißt, Hilfs- und Unterstützungsleistungen zu planen und zu koordinieren, auch interdisziplinär. Man arbeitet möglichst eng mit dem Klienten zusammen, sodass die Hilfe seinen individuellen Bedürfnissen entspricht“, so Pantuček. Sozialeinrichtungen könnten meist nicht den gesamten Bedarf einer Person berücksichtigen, sondern sind mit ihrem konkreten Themenbereich befasst. Pantuček: „Case Manager haben den Klienten, etwa Personen mit chronischen Erkrankungen oder Schuldner, im Fokus und sorgen dafür, dass er alle benötigten Leistungen des Sozial- und Gesundheitswesens abgestimmt auf seine Situation erhält.“

Auf dem Lehrplan stehen neben Methodik, Gesprächstechniken und Erfolgskontrolle auch Recht, Ethik und Fallanalysen. „An der FH St. Pölten sind die Studierenden während des Masters in große Forschungsprojekte eingebunden und können so nicht nur wissenschaftlich arbeiten, sondern auch publizieren“, sagt Pantuček.

Interkulturalität als Kompetenz

Dass Masterabsolventen sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden anwenden und Projekte organisieren und leiten können, ist auch zentrales Thema der FH Linz, die den Schwerpunkt auf „interkulturelle Kompetenz“ legt. Bewerber müssen vor allem Aufgeschlossenheit für andere Kulturen mitbringen und im besten Fall über internationale Erfahrungen verfügen. „Interkulturelle Kompetenz umfasst nicht nur Soziale Arbeit, die direkt mit Migration zusammenhängt, wie etwa im Asylbereich, sondern meint die Herausforderungen der Migration in allen Lebensbereichen“, sagt Studiengangsleiter Christian Stark. Der Bedarf an Sozialarbeitern, die kulturelle Besonderheiten kennen und darauf eingehen, sei groß.
„Interkulturalität ist eine wichtige Zusatzkompetenz für die Praxis, um beispielsweise mit mehrsprachiger, muttersprachlicher Beratung Zugangsbarrieren abzubauen und Chancengleichheit zu realisieren“, sagt Stark. Im Lauf der Ausbildung arbeiten die Studierenden an Projekten – zum Teil mit Partnerorganisationen aus der Praxis. Die meisten Studenten sind bereits berufstätig und können ihre eigenen Erfahrungen einbringen. „Bei Bewerbern, die nicht aus dem Bereich der Sozialarbeit kommen, achten wir besonders auf die Motivation, warum gerade unsere Vertiefungsrichtung gewählt wird“, so Stark. Da Soziale Arbeit direkt in die Lebensführung der Klienten eingreift, müssen Sozialarbeiter nicht nur Empathie mitbringen, sondern auch Verantwortung übernehmen und sich durchsetzen können. Bei der Aufnahme in die Studiengänge wird vor allem auf Kommunikations- und Teamfähigkeit, Toleranz, Selbstorganisation und Belastbarkeit geachtet.

Fit für Leitungspositionen

Unabhängig von der jeweiligen Vertiefungsrichtung vermittelt das Masterstudium Soziale Arbeit Leitungskompetenz und soll den Absolventen den Aufstieg zum Team- und Einrichtungsleiter erleichtern. Im Masterstudiengang „Sozialwirtschaft und Soziale Arbeit“ der FH Wien etwa wird insbesondere auf Fachwissen in den Bereichen Personal- und Kostenmanagement, Finanzierung, Sozialmarketing und Qualitätsmanagement Wert gelegt. „Wir vermitteln den Studierenden wirtschaftliches Wissen für Organisationen im Sozialbereich, das heißt sie erwerben das notwendige Know-how für Leitungspositionen und Projektorganisation“, erklärt Studiengangsleiterin Christine Gruber.

Neben der wirtschaftlichen Ausrichtung setzt die FH Wien einen europäischen Schwerpunkt. Das Studium schließt mit einem Joint Degree sechs europäischer Hochschulen aus Mittel- und Osteuropa ab. Vor allem in den ersten drei Semestern werden Lehrveranstaltungen in englischer Sprache abgehalten. „Seit dem Beitritt Österreichs zur EU ist die länderübergreifende Projektarbeit in der Sozialen Arbeit sehr stark angewachsen“, betont Gruber.

Auf einen Blick

Die Masterstudiengänge der Sozialen Arbeit werden an den FH St. Pölten, FH Campus Wien, FH Joanneum (Graz), FH Campus Linz, FH Kärnten und dem MCI Management Center Tirol angeboten.

Case Management an der FH St. Pölten

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.fhstp.ac.at/studienangebot/master

Interkulturalität an der FH Linz

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.fh-ooe.at/campus-linz/studiengaenge/master-studien/soziale-arbeit

Europäische Sozialwirtschaft an der FH Campus Wien

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.fh-campuswien.ac.at/studium/soziales/master/sozialwirtschaftundsozialearbeit/ueberblick

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2012)

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