Es werde Licht im Dachgeschoß

Hausgeschichte. Sanierungen oder Ausbauten von denkmalgeschützten Gründerzeithäusern erfordern architektonisch besonders viel Zeit und Geschick. Ein gelungenes Beispiel aus dem Ersten.

Wiens Wohnlandschaft ist vor allem in den inneren Bezirken geprägt von Gründerzeithäusern. Rund 15.000 dieser zum Teil unter Denkmal- oder Ensembleschutz stehenden Häuser bestimmen das Stadtbild. Um dieses erhalten zu können, müssen die Häuser, die zwischen 1870 und 1919 erbaut wurden, in ihrem Zustand erhalten oder aber saniert werden. Eines davon befindet sich an der Ecke Doblhoffstraße/Auerspergstraße, nur ein paar Gehminuten vom Wiener Ring entfernt. Es fällt vor allem wegen seiner auffällig roten Backsteinfassade und der dekorierten Attikazone ins Auge – es ist das älteste Beispiel für Wiener Architektur mit altdeutschen Formen, auch als Bartensteinblock bekannt. Errichtet wurde es in den Jahren 1873 bis 1874 von Josef Hudetz und Moritz Hinträger.

Dachausbau in Holz

„Insgesamt hat das ganze Projekt vier Jahre gedauert. Zwei Jahre Planung, zwei Jahre Bauzeit, aber am 4. Oktober konnte es übergeben werden“, erläutert Architekt Nikolaus Waltl von Timo Huber + Partner Architekten ZT die Dimensionen der Sanierungsarbeiten. Zusätzlich wurde nämlich auch der Dachboden ausgebaut, eine besonders in Wien beliebte Form, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen.

Dachbodenausbauten sind bei Gründerzeithäusern aber immer mit Problemen verbunden. Vor allem die Statik ist eine große Herausforderung. „Diesmal war es besonders schwierig, weil der Ausbau ökologisch vonstattengehen sollte. Das heißt, wir haben den Dachausbau hauptsächlich mit Holz durchgeführt, was aufwendig zu planen und ebenso aufwendig zu bauen ist“, betont der Architekt.

Insgesamt entstanden auf 850 Quadratmetern fünf Wohnungen zwischen 95 und 235 Quadratmetern mit einer Raumhöhe von rund fünf bis sechs Metern. „Die Wohnungen sind zwar eingeschoßig, haben aber alle eine Galerie“, berichtet Waltl. Und auf der Hofseite gibt es Terrassen zwischen 30 und 80 Quadratmetern, die alle begrünt sind. Einige sind von der oberen Galerie aus zugänglich, einige vom unteren Wohnbereich.

Eine besondere Herausforderung waren die Fensterflächen. Denn es sollte so viel Licht wie möglich in die Räume fließen. Also musste eine spezielle Lösung her. Die Firma Fakro, die für derartige Sonderprobleme einen eigenen Produktmanager beschäftigt, hat konkret auf das Objekt abgestimmte Fenster- und Anschlusslösungen erarbeitet. „Normalerweise haben Standardfenster rund 2,5 Quadratmeter Fläche.

Hier musste eine Speziallösung her. Daher haben wir einen sechs Meter hoher Metallrahmen in die Dachkonstruktion integriert. Die Glasfläche ist in einer Höhe von 4,60 Metern fix verglast, der untere Teil mit Klapp-Schwingfenstern ausgeführt. Die Dachflächenfenster wurden so wie die Fixverglasung direkt ins Metallwerk eingesetzt“, erläutert Carsten Nentwig, Geschäftsführer von Fakro Österreich, die nicht einfach zu realisierende Lösung, da ja auch die Dachschräge zu beachten war. „Schließlich sollen die Fenster ja nicht nur schön ausschauen, sondern auch eine lange Lebensdauer haben.“

Rekonstruktion der Fassade

Aber nicht nur dem Dachausbau hat man sich gewidmet, auch der Bestandsbereich und die Fassade wurden saniert. Die Fassade besteht aus Sichtziegeln und verputzten Flächen, die man zum Teil recht aufwendig, „analog der alten Herstellungsweise“, wie Architekt Waltl betont, restauriert hat. Und auch der Rest des Gebäudes, rund 4000 Quadratmeter an Büros, wurde einer umfassenden Sanierung unterzogen. „Alle Kastenfenster wurden erneuert, neue Fischgrätböden eingezogen, ebenso wie neue Elektrokabel und Rohre, und auf der Hofseite bekam das Gebäude auch Balkone.“

Darüber hinaus hat man den Innenhof begrünt, dort wurden Sitzgelegenheiten aufgestellt, die auch den Büromitarbeitern zur Verfügung stehen. Im Eingangsbereich hat man, so gut es ging, den alten Zustand wiederhergestellt mit Terrazzoböden und dem alten schmiedeeisernen Stiegengelände. Auch die beiden historischen Treppenhäuser wurden saniert, wobei man in eines davon einen komplett verglasten Aufzug eingebaut hat. Nun, so scheint es, ist das Gebäude auch für die nächsten hundert Jahre gerüstet.

ZUM OBJEKT

Die Sanierung des Gründerzeithauses an der Ecke Dolbhoffstraße/Auerspergstraße im ersten Wiener Gemeindebezirk nahm samt Planung rund vier Jahre in Anspruch. Eine besondere Herausforderung stellte der Dachausbau dar, der mittels einer Holzkonstruktion und Spezialfenstern ausgeführt wurde. Das äußere Erscheinungsbild sowie der Eingangsbereich wurden originalgetreu rekonstruiert. Das Gebäude war 1873/74 von den Architekten Josef Hudetz und Moritz Hinträger errichtet worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2017)

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