Österreichischer Investmentmarkt am Zenit

Bilanz I: 2017 ist nach vorläufigen Zahlen mit einem Allzeithoch zu Ende gegangen. Heuer dürfte es schwierig werden, diese Spitzenwerte zu übertrumpfen, meinen die Experten.

Das vergangene Jahr hätte für die Immobilienbranche nicht besser laufen können. Das beginnt schon beim privaten Wohnungsmarkt. Laut vorläufigen Zahlen des Maklernetzwerks Re/Max, die auf Basis des Grundbuchs erhoben wurden, haben in Österreich bis Jahresende mehr als 122.000 Immobilien ihren Besitzer gewechselt, der kolportierte Umsatz betrug 28,5 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von knapp 44 Prozent im Vergleich zu 2013 (16?Mrd.). „Das zwar rückläufige, aber noch immer durchwegs gute Immobilienangebot, die nach wie vor gute Nachfrage, die weiterhin fehlenden alternativen Geldanlagemöglichkeiten haben wesentlich dazu beigetragen, dass das Jahr 2017 wieder ein ausgesprochen gutes Immobilienjahr war“, sagt Bernhard Reikerdorfer, Geschäftsführer von Re/Max Austria.

Investmentmarkt-Rekord


In einer ähnlich guten Verfassung präsentierte sich im Vorjahr der Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien. „2017 war ein recht interessantes, um nicht zu sagen tolles Jahr“, meint etwa Andreas Ridder, Geschäftsführer CBRE Österreich. Laut Berechnungen des Immobilienberaters konnte das Jahr mit einem Gesamtvolumen von 4,8?Milliarden Euro abgeschlossen werden – ein neues Allzeithoch. „Dieses Ergebnis hat sich schon zur Jahresmitte abgezeichnet, sodass wir schon sehr früh von einem Rekordjahr ausgegangen sind“, kommentiert Georg Fichtinger, Head of Investment Properties CBRE.
Wesentlich dazu beigetragen hat die Assetklasse der Büroimmobilien, auf die rund 65 Prozent aller Investments entfallen sind. Vor allem Großtransaktionen wie der Verkauf des Austria Campus an PGIM Real Estate, des Icon Vienna an die Allianz oder des DC Tower 1 an Deka Immobilien hatten daran einen maßgeblichen Anteil. Retailimmobilien schlugen mit einem Anteil von zwölf Prozent, großvolumige Wohnimmobiliendeals mit rund elf Prozent zu Buche. Auf rund sechs Prozent kamen Hotels, die restlichen sechs Prozent verteilen sich je zur Hälfte auf Industrie und Logistikimmobilien und andere Nutzungsarten.

Prognosen weiterhin positiv


Für mehr als die Hälfte, nämlich rund 51 Prozent aller Investments zeichneten deutsche Investoren verantwortlich, rund 30?Prozent entfielen auf einheimische. 19 Prozent gingen auf das Konto internationaler Investoren, wobei französische und luxemburgische besonders aktiv waren. Die Spitzenrenditen haben laut CBRE in allen Assetklassen noch einmal leicht nachgegeben. Bei Büroimmobilien lagen sie etwa bei 3,9 Prozent, bei Einkaufszentren bei vier und bei Fachmarktzentren bei 5,6 Prozent.
Naturgemäß richten sich zu Jahresbeginn die Blicke jedoch vor allem auf das, was kommt. Bei CBRE hält man sich bei den Prognosen noch bedeckt, man rechnet aber damit, dass der Zenit auf dem Investmentmarkt vorerst erreicht ist: „Nach so einem Rekordjahr ist es nicht einfach, eine Prognose abzugeben. Wir gehen davon aus, dass 2018 ein gutes Jahr wird, der Rekordwert von 2017 allerdings nicht mehr erreicht wird“, meint Fichtinger. Bei EHL lautet die Diagnose ganz ähnlich. Für 2018 sei auf dem Investmentmarkt mit ungebrochen starker Nachfrage zu rechnen, sagt Franz Pöltl, Geschäftsführer Investment Consulting, „der Rekordwert von 2017 ist jedoch schwer zu übertreffen“. Den limitierenden Faktor für die Marktentwicklung sieht er nicht etwa in der nachlassenden Nachfrage, sondern ausschließlich im Mangel an entsprechenden Produkten, vor allem im Bereich Büros: „Der Großteil der attraktiven Büroentwicklungen, die ab 2018 auf den Markt kommen, wurde bereits verkauft. Investoren müssen daher verstärkt auf die nachgelagerten Qualitätssegmente ausweichen.“

Wohnimmobilien im Fokus


Pöltl rechnet daher damit, dass heuer die Segmente Wohnen und Logistik nachziehen werden. Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung werden Wohnprojekte mit all ihren Sonderformen wie Studentenapartments oder betreutem Wohnen für Investoren immer interessanter werden. Er verweist dabei auf Erfahrungen aus dem Vorjahr: „Schon da haben wir ein signifikantes Anziehen des Interesses deutscher Investoren für österreichische Wohnimmobilien bemerkt.“ Gleichzeitig rechnet er damit, dass die Investorenschar auch internationaler wird: „Der österreichische Markt taucht nun immer öfter auf dem Radar internationaler Investoren außerhalb der deutschsprachigen Länder auf“, betont er. „Der Anteil von Käufern aus bislang ,exotischen‘ Ländern dürfte demnach weiter zunehmen.“ Bereits 2017 konnte EHL mit dem Verkauf eines Büroobjekts in der Wagramer Straße an Pine Asia Asse Management das erste direkte Immobilieninvestment eines südkoreanischen Investors in Österreich vermitteln.


Der private Wohnimmobilienmarkt dürfte sich 2018 ebenso seinem Zenit nähern. Die Anstiege bei Angebot und Nachfrage werden geringer ausfallen als noch 2017, prognostizieren die Experten von Re/Max. Bei Ersterem gehen sie von einem Plus von 3,9 Prozent aus, bei Letzterem von 1,3 Prozent. Da sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage weiter öffnet, rechnet man mit durchschnittlichen Preissteigerungen von 4,5?Prozent über alle Gebiete, Immobilientypen und -klassen hinweg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2018)

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