Zwischen Nationalstaat und Republik Europa

Andreas Schieder, Claudia Gamon, Othmar Karas, Harald Vilimsky, Johannes Voggenhuber und Werner Kogler
Andreas Schieder, Claudia Gamon, Othmar Karas, Harald Vilimsky, Johannes Voggenhuber und Werner Kogler(c) SN/Robert Ratzer
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Auf Einladung der „Presse“ und der Bundesländerzeitungen trafen die Spitzenkandidaten der Parteien für die EU-Wahl in Salzburg aufeinander. Letztlich wurde es eine Auseinandersetzung Vilimsky gegen alle anderen.

In einem Monat wird das EU-Parlament gewählt. Am Freitag traten in Salzburg vor rund 200 Schülern die Spitzenkandidaten der Parteien zur Elefantenrunde an. Die Diskussion war von der „Presse“, den „Salzburger Nachrichten“, den „Oberösterreichischen Nachrichten“, der „Tiroler Tageszeitung“, den „Vorarlberger Nachrichten“ und der „Kleinen Zeitung“ organisiert worden. Die kurzweilige Debatte moderierten Sylvia Wörgetter und Michael Jungwirth.

Das Video zum Nachschauen:

Es dauerte nicht lang, bis sich Andreas Schieder (SPÖ) und Harald Vilimsky (FPÖ) in die Haare gerieten. Schieder wies darauf hin, dass er mit der FPÖ keine Politik machen wolle, und warf den Freiheitlichen unter anderem ihre Nähe zu den rechtsextremen Identitären vor. Was Vilimsky wiederum mit dem Hinweis konterte, dass die SPÖ erst vor Kurzem den Geburtstag Lenins, der ein Massenmörder gewesen sei, gefeiert habe. Tatsächlich hatte es ein diesbezügliches Posting der Sozialistischen Jugend in Wiener Neustadt gegeben.

Die Zukunft von Europa

Auch darüber, was die Zukunft der EU betrifft, hatten die Kandidatin und die Kandidaten unterschiedliche Vorstellungen. Außer Vilimsky waren sich alle einig, dass die EU in Zukunft eine größere Rolle spielen müsse und die Nationalstaaten mehr Kompetenzen und Rechte an die EU abtreten sollten.

So wies Othmar Karas (ÖVP) darauf hin, dass die großen Probleme – Klimawandel, Flüchtlingskrise, Bekämpfung der Steueroasen – von den einzelnen Staaten nicht mehr gelöst werden könnten. Der Rückzug in den Nationalstaat sei keine Antwort. Ähnlich argumentierten Werner Kogler (Grüne), Johannes Voggenhuber (Jetzt) und Claudia Gamon (Neos). Schieder sagte, dass die EU in Richtung Sozialunion gehen müsse. Gamon plädierte für eine europäische Armee und eine europäische Staatsbürgerschaft. Kogler vertrat die Vision von einer europäischen Sozial- und Friedensgemeinschaft, und Voggenhuber merkte an, dass er bereits vor Jahren für eine engere Zusammenarbeit in Europa eingetreten sei.

Zur EU bekannte sich auch Vilimsky. Allerdings sind seine Vorstellungen andere. Er will Fehlentwicklungen in der EU beheben. Und er verwies auf das Programm der österreichischen Regierung. Diese habe das Ziel, Kompetenzen der EU wieder an die Nationalstaaten zurückzugeben und nur Angelegenheiten, die ein Staat wirklich nicht mehr allein regeln könne, verstärkt von der EU wahrnehmen zu lassen.

Vereinigte Staaten Europas

Dementsprechend auch die Antworten auf die Frage, ob es Vereinigte Staaten von Europa geben solle. Von Vilimsky kam ein Nein, weil Österreich nicht in einem europäischen Zentralstaat aufgehen dürfe. Von Gamon kam ein klares Ja, und zwar so schnell wie möglich. Schieder sprach sich für einen europäischen Wohlfahrtsstaat aus und vertrat die Ansicht, dass die Strukturen der EU reformiert gehörten und schlagkräftiger werden müssten. Auch eine Direktwahl der Kommission kann er sich vorstellen, ebenso wie Kogler. Im Zentrum müsse das Europäische Parlament stehen, das die Interessen der Bürger vertrete.

Voggenhuber wiederum brachte das Konzept einer Republik Europa ins Spiel. Er wolle keine Vereinigten Staaten, er wolle eine Republik. Eine Republik stehe für res publica, zu der sich die Bürgerinnen und Bürger zusammenschlössen – eine europäische Demokratie. ÖVP-Kandidat Karas wiederum sagte, es spiele keine Rolle, wie ein neues Konstrukt heiße, es müsse aber eine europäische Souveränität geben, die weit über die derzeitige Zusammenarbeit hinausgehe.

Eine kleinere Kommission

Im Zuge der Reform der EU wird auch immer wieder die Verkleinerung der EU-Kommission diskutiert. Derzeit ist jedes Land durch einen Vertreter in der Kommission vertreten. Dass eine Verkleinerung sinnvoll wäre, darüber sind sich die Spitzenkandidatin und die fünf Spitzenkandidaten einig. Wobei Karas darauf verwies, dass dies bereits derzeit rechtlich möglich sei, wenn die EU-Staaten zustimmten.

Johannes Voggenhuber, Werner Kogler, Claudia Gamon, Harald Vilimsky, Andreas Schieder und Othmar Karas
Johannes Voggenhuber, Werner Kogler, Claudia Gamon, Harald Vilimsky, Andreas Schieder und Othmar Karas (c) SN/Robert Ratzer

Dass das europäische Parlament derzeit sowohl in Straßburg (Frankreich) als auch in Brüssel (Belgien) tagt, wird immer wieder als Geldverschwendung kritisiert. Alle waren sich einig, dass ein Sitzungsort ausreicht. Othmar Karas merkte an, dass wohl beide Standorte bleiben würden, weil Frankreich auf dem Standort Straßburg beharre.

Topthema Klimaschutz

Johannes Voggenhuber erinnerte daran, dass er sich bereits als junger Stadtrat in Salzburg für die Umwelt eingesetzt habe. Auch damals habe er, als er für eine grüne Salzach eintrat, mit viel Gegenwind kämpfen müssen. Auch damals sei mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen argumentiert worden. Der grüne Kandidat Kogler sprach von einer Überlebensfrage. Er plädierte für eine CO2-Steuer und verwies darauf, dass etwa Kerosin für Flugzeuge oder Schweröl für die Schifffahrt derzeit überhaupt nicht besteuert würden. „Wenn Fliegen billiger ist als Zugfahren, dann stimmt etwas nicht“, sagte er.

Othmar Karas wiederum wies darauf hin, dass Steuern allein nicht helfen würden, sondern auch technische Alternativen entwickelt werden müssten. Die EU mit ihren Förderprogrammen würde dies massiv unterstützen. Gamon und Schieder sprachen sich ebenfalls für CO2-Steuern aus. Wobei Schieder klar machte, dass man dabei auf einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen Rücksicht nehmen müsse und diese nicht über Gebühr belasten dürfe.

Vilimsky wiederum musste erklären, warum die FPÖ das Pariser Klimaschutzabkommen ablehnt. Nämlich, weil dadurch Atomkraftwerke auch als Alternative infrage kämen, dies wolle man aber nicht.

Die Freiheit im Internet

Was man im Internet alles darf und was nicht, ist seit der Entscheidung der EU, geistige Inhalte im Internet besser zu schützen, besonders bei jungen Bürgerinnen und Bürgern heiß diskutiert. Vor allem, dass Upload-Filter verwendet werden müssen, damit Inhalte nicht illegal verbreitet werden, wird kritisiert. Dies sei eine Einschränkung der Freiheit im Netz, fand Neos-Politikerin Gamon. Sie sagte, dass diese Regelung von Menschen gemacht worden sei, die nicht wüssten, wie das Netz funktioniere. Dadurch würden die Voraussetzungen für einen Überwachungsstaat geschaffen.

Schieder sprach sich ebenfalls gegen Upload-Filter aus. Es gebe andere Probleme im Netz, etwa Hasspostings oder, dass verstärkt mit Gesundheitsdaten gehandelt werde, was verboten gehöre. Die Gegenmeinung vertrat Othmar Karas. Er sagte, es müsse auch im Digitalbereich einen Schutz des geistigen Eigentums geben. Man könne nicht einfach ein Geschäft mit den Werken anderer Personen machen. Allerdings seien Upload-Filter eine „schwierige Sache“.

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