Droht an der Wall Street eine neue Dotcom-Blase?

(c) EPA (ANDREW GOMBERT)
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US-Aktien, vor allem Technologiewerte, haben sich stark verteuert. Doch verglichen mit der Jahrtausendwende sind sie noch immer billig.

New York. Der amerikanische Bullenmarkt erinnert mit jedem neuen Tag stärker an die Dotcom-Blase der späten 1990er-Jahre – abgesehen von den Bewertungen. Der Aktienindex Standard & Poor's 500 schloss am vergangenen Dienstag erstmals knapp über der Marke von 2000 Punkten, und der Nasdaq bewegt sich knapp unter seinem Rekordstand vom März 2000.

Die Anleger haben seit März 2009 jährliche Renditen von 24,5 Prozent gesehen. Während des vergleichbaren Zeitraums bis zum 24. März 2000, dem Höhepunkt der Internet-Rally, waren es 27,1 Prozent, wie Bloomberg-Daten zeigen. Die Kursanstiege nähern sich dem Tempo von vor mehr als einem Jahrzehnt an, beflügelt von Rekordgewinnen, Leitzinsen nahe null und der Erwartung eines beschleunigten Wirtschaftswachstums.

Doch während die Dotcom-Blase ihren Höhepunkt erreichte, als der S&P 500 fast zum 30-fachen der Jahresgewinne seiner Unternehmen gehandelt wurde, liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis aktuell nur bei etwa 18. „Wir befinden uns am teuren Ende des fairen Wertes, aber gewiss nicht an einer blasenartigen Stelle wie in den 2000ern“, sagt Ed Hyland, globaler Investmentspezialist von J.P.Morgan Chase Private Bank.

Zahlreiche Börsegänge

Die Konjunktur scheint den Börsen Recht zu geben: Die Stimmung der Anleger wurde vergangene Woche durch den stärksten Anstieg des Auftragseingangs für langlebige US-Wirtschaftsgüter sowie ein überraschend aufgehelltes Verbrauchervertrauen gestützt. „Die grundlegenden Fundamentaldaten rechtfertigen den Stand der US-Aktien“, sagt Cameron Hinds, regionaler Investmentchef von Wells Fargo.

Fünf Jahre mit Kursgewinnen haben den S&P 500 um 195 Prozent zulegen lassen, während der Index in demselben Zeitraum bis März 2000 um 236 Prozent in die Höhe geschossen war. Da die US-Notenbank die Bewertungsniveaus kleinerer Firmen aus den Bereichen Biotechnologie und Soziale Medien als „überzogen“ bezeichnet hat und wieder Mega-Deals auftreten, nimmt die Besorgnis zu, dass die Kurse zu hoch steigen könnten. In den vergangenen drei Jahren gab es eine Flut an Börsengängen von Technologie- und Internetunternehmen.

So gingen etwa der Onlinespiele-Anbieter King Digital Entertainment, das Empfehlungsportal Yelp und der Kurznachrichtendienst Twitter an die Börse. Alibaba, ein chinesisches E-Commerce-Unternehmen, plant derzeit einen Börsegang, welcher der größte in der US- Geschichte werden könnte.

„Markt handelt rational“

Kennzeichnend für die Dotcom-Blase war, dass unprofitable Internetfirmen erstmals Aktien verkauften– so wie Pets.com. Der Tierbedarfshändler, dessen Maskottchen ein Strumpfpuppen-Hund war, sammelte im Februar 2000 beim Börsegang 82,5 Millionen Dollar ein. Mittlerweile gibt es das Unternehmen nicht mehr.

Doch damit enden die Parallelen. Beim aktuellen Bullenmarkt steigen die Kurse über alle Branchen hinweg, während sich die stärksten Kursgewinne während der Dotcom-Blase auf Tech-Werte beschränkten. In jedem der vergangenen fünf Jahre haben im Schnitt 380 Firmen im S&P 500 Kursaufschläge verzeichnet, verglichen mit 307 während der 1990er. „Der Markt handelt rational, reagiert auf die sich bessernden Nachrichten zur heimischen Konjunktur, außerordentlich niedrige Zinsen, lockere Geldpolitik und eingedämmte Inflation“, erklärt Howard Ward, Investmentchef für Wachstumstitel von Gamco Investors in New York. (Bloomberg/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2014)

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