Wünsche an das Christkind

Mache Parteien und Politikern klar, dass Demut eine Tugend ist – und verhilf der FPÖ-Spitze zum verdienten Lenin-Orden.

Liebes Christkind,

beschütze, oder besser noch, erleuchte diejenigen unserer Politiker, die an den Schalthebeln der Macht sitzen, aber nicht wissen, wie man sie bedient.

Erkläre ihnen, dass die Wahl von Alexander Van der Bellen kein Geschenk war, sondern bestenfalls der Beginn einer Galgenfrist für sie.

Gib jenen Politikern, die noch die Kraft zu Optimismus haben, Stärke und Beharrungsvermögen. Gib, dass sie nicht den Glauben an sich und das Machbare verlieren. Zeige ihnen, dass es gelegentlich eine wunderschöne Erfahrung ist, Träume in Realität umzusetzen.

Bitte befreie die Parteien von ihren Profilierern, und uns damit von dem ewigen Gesabber von der innerparteilichen Demokratie.

Empfiehl den politischen Parteien, starke Zentren zu schaffen, um die sich die Mitglieder scharen. Fraktionsbildungen in schlechten Zeiten sind ein Luxus für die Partei und schaden dem ganzen Land.

Und schau dazu, dass jene ihrer Politiker, die zu Unrecht in der ersten Reihe stehen, endlich wieder in die zweite gereiht werden.

Halte die politischen Parteien bitte davon ab, große Begabungen in verzopft-überholten Strukturen aufzureiben. Lege ihnen nahe, eher die Organisation der Strukturen zu verbessern.

Berate bitte die Parteien auch über den Umgang miteinander.

Empfiehl ihnen ein dreistufiges Verfahren zur Meinungsbildung. Fürs Erste Einigkeit innerhalb der Partei selbst. In der Folge Abklärung mit dem Regierungspartner – wobei unterschiedliche Meinungen jeweils strikt innerhalb der betroffenen Gremien auszufechten sind. Danach erst gemeinsame Kommunikation nach außen.

Überzeuge bitte den ORF davon, dass es überflüssig ist, bei Erwähnung eines Ministers stets auch seine Parteizugehörigkeit anzuführen. Ein Bundesminister ist Minister des Bundes, nicht Parteiminister.

Und beende bitte endlich das lächerliche Gejammer über die Zweiteilung Österreichs als Folge der Bundespräsidentenwahl. Spätestens seit 1945 war das Land – so gesehen – geteilt zwischen Rot und Schwarz. Jetzt gibt es halt bis zur nächsten Nationalratswahl eine zusätzliche Teilung zwischen Blau und Nichtblau.

Erinnere die Landesfürsten daran, dass sie Landeshauptleute, und eben gerade nicht Bundeshauptleute sind; zeige ihnen die vielen Stellen, an denen sie überschüssige Energie abarbeiten können.

Setze Dich bitte ernsthaft dafür ein, dass die Führungskräfte der FPÖ endlich den Lenin-Orden – aber nur 2. Klasse – bekommen.

Und, liebes Christkind, ganz wichtig:

Lehre die Sozialpartner – insbesondere die bedauerlicherweise in der Verfassung angeführten –, dass nützliche Interessenvertretung stets auch die Interessen des Ganzen im Auge behalten muss, über das Partikulare hinaus. „Betonierer“ gehören in Rente.

Bitte unterstütze auch unseren Altbundespräsidenten bei all seinen übermenschlichen Anstrengungen, die Gegebenheiten der Pension ohne Groll zu akzeptieren.

Und, bitte, liebes Christkind, auch noch ganz wichtig:

Erhalte uns den Professor Nowotny von der Nationalbank noch lange bei guter Gesundheit. Denn was sollten wir ohne ihn anfangen?

Prof. Stephan Friedberg war langjähriger Geschäftsführer von Bertelsmann Music Österreich und vertrat über viele Jahre die urheberrechtlichen Interessen der Musikindustrie in Österreich.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2016)

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