Das Einzelbüro hat noch Berechtigung

Arbeitsplätze, die man täglich sucht und teilt. Allgemeine Flächen, die immer mehr Anteile haben. Räume für sensible Aufgaben. Und Akustiklösungen gegen den Geräuschpegel.

Die Bürowelt ist im Umbruch – das Großraumbüro, sprich Open Space oder Open Landscape, verdrängt in großen Unternehmen zunehmend die klassischen Einzelbüros. „Letztere gibt es bei uns nicht mehr, auch nicht für die Vorstände“, sagt Ursula Kuntner, HR-Verantwortliche für das neue Arbeiten auf dem Campus der Erste Bank in Wien. Ein Privileg hätten diese allerdings: Sie verfügen jeweils über eigene Schreibtische, bei allen anderen Mitarbeitern ist innerhalb der sogenannten Home Bases der einzelnen Abteilungen Desk Sharing angesagt. „Das funktioniert sehr gut, es sind ja nie alle 4500 Mitarbeiter gleichzeitig hier“, so Kuntner.
Die Vorteile offener Bürostrukturen seien schnell sichtbar geworden: Im Unterschied zu früher, wo Mitarbeiter entweder allein oder zu zweit in ihren Büros saßen, sei die Kommunikation deutlich schneller und effizienter geworden. Weiters hätten sich die Entscheidungswege aufgrund der kürzeren Wege beschleunigt. Auch für die Teambildung sind größere Einheiten förderlich: „In Einzelbüros bekommt man sowohl vom Alltag im Büro als auch von den Kollegen oft nur wenig mit“, weiß Ewald Stückler, Geschäftsführer der Tecno Office Consult. Ein weiterer Nachteil: Die Unternehmen seien im Wachstum beschränkt. „Oft kann man angesichts der geringen Größe der Büros keine zusätzliche Person mehr dazusetzen“, sagt Stückler. Beim Großraumbüro sei die Kapazitätsgrenze nicht so schnell erreicht.
Dass darin aber sehr wohl ein Stück Intimität verloren geht, wissen die Experten. Ganz auf Einzelbüros zu verzichten, ist daher nicht immer die beste Lösung, so Stückler: „Wo es um Vertraulichkeit geht, hat es nach wie vor Berechtigung.“ Etwa in Personalabteilungen, bei Anwälten oder Steuerberatern. Eine Meinung, die auch Alexander Fenzl, Leiter des gewerblichen Maklerteams bei Otto Immobilien, vertritt: „Vertrauliche Gespräche brauchen Einzelbüros.“ Dem totalen Desk Sharing erteilt Stückler ebenfalls eine Absage: „Ich finde, Mitarbeiter, die jeden Tag in der Firma sind, sollten einen fixen Arbeitsplatz haben.“ So würden sie sich das tägliche Abräumen der Tische und Zusammenpacken der Unterlagen sparen. Anders bei Außendienstmitarbeitern, bei denen Desk Sharing hinsichtlich der Flächeneffizienz schon Sinn habe.

Material schluckt Lärm

Zwei Nachteile werden im Zusammenhang mit Großraumbüros stets sofort genannt: der erhöhte Lärmpegel und die dadurch oft erschwerte Konzentration. „Für konzentriertes Arbeiten gibt es bei uns Ruhezonen und separierte Räume, die auch für Besprechungen genutzt werden können“, beschreibt Kuntner. Jeder kann sich im Bedarfsfall dahin zurückziehen. Und auch der Lärm ist mithilfe moderner Akustiklösungen in den Griff zu bekommen. Das reicht vom Teppich über akustisch wirksame Materialien bei Trennwänden, Stauräumen, Schrankfronten und Bildern. Auch unterschiedlich hohe Büromöbel und Absorptionssegel können den Lärmpegel verringern.
Grundsätzlich geht der Trend weg vom Einzelbüro und von kleinen Sozialräumen hin zu größeren Einheiten mit größeren gemeinsam genutzten Flächen, so Fenzl. Neben den Arbeitsplätzen seien eben noch Lounge-, Meetingbereiche, Kaffee- und Rückzugsecken oder Bibliotheken gefragt „Man hat erkannt, dass auch mit informeller Kommunikation ein Wissenstransfer stattfindet“, erklärt Stückler. Beide raten Unternehmen, im Zuge einer geplanten Übersiedlung Organisations- und Arbeitsabläufe unter die Lupe zu nehmen.
Dass die offenen Büros an Beliebtheit gewinnen, liegt laut Fenzl auch an geänderten Arbeitsweisen. „Arbeiten wird dank der modernen Technologien ortsunabhängig“, sagt der Makler. „Jeder Mitarbeiter hat einen Laptop und kann überall auf dem Campus, also auch im Café oder auf dem Sonnendeck, oder daheim arbeiten“, meint Kuntner. Diese neue Arbeitsweise war sowohl für Mitarbeiter als auch für Führungskräfte eine Umstellung. Zum einen habe das Führen auf Distanz eine ganz andere Dimension bekommen, zum anderen sei die Selbstverantwortung der Mitarbeiter extrem gestiegen. „Wir haben uns aber drei Jahre darauf vorbereitet.“

GRÖSSER, KLEINER

Fläche pro Mitarbeiter. Wurden
früher hierzulande pro Mitarbeiter durchschnittlich 20 Quadratmeter Fläche angemietet, sind es heute nur noch 17 bis 18 Quadratmeter, weiß Alexander Fenzl, Leiter gewerbliches Maklerteam bei Otto Immobilien. Im Gegensatz dazu hat die Allgemeinfläche (Shared Space) zugenommen: Lag
das Verhältnis von Arbeitsfläche zum Shared Space früher beim Verhältnis 80:20, beträgt es mit den modernen Konzepten 50:50.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.