Von Weitem sichtbar sollte der neue Firmensitz des Ökounternehmens ganz bewusst nicht sein. Natur und Architektur gehen ineinander auf, geheizt wird mit Erdwärme, frische Luft kommt vom nahen Waldrand.
Wenn ein Ökounternehmen eine neue Firmenzentrale baut, dann muss diese höchsten Ansprüchen in Sachen Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit genügen. So entstand die Grüne-Erde-Welt in Pettenbach im oberösterreichischen Almtal, die vor wenigen Wochen eröffnet wurde. „Wir wollen den Besuchern zeigen, was die Grüne Erde ausmacht, und uns authentisch präsentieren“, gab Geschäftsführer Reinhard Kepplinger als Losung aus. Das Unternehmen stellt seit 1983 ökologisch nachhaltige und sozial faire Möbel und Heimtextilien, seit Kurzem auch Mode und Naturkosmetik her. Rund 6500Produkte können online, über Kataloge oder in 14Shops bezogen werden. Diese Naturverbundenheit müsse auch im neuen Zuhause seinen Niederschlag finden, lautete die Prämisse.
Umgesetzt wurde dies bereits bei der Gestaltung der unmittelbaren Umgebung: „Das Gebäude ist eingebettet in eine 16 Hektar große, in Zusammenarbeit mit lokalen Biobetrieben und Landwirten biologisch bewirtschaftete Fläche, deren Ertrag für Speisen im hauseigenen, vegetarischen Bistro verwendet wird“, so Kepplinger. Das Areal ist unter anderem mit Obstbäumen bepflanzt, die weitgehend natürlich belassen werden und somit zum Beispiel das Überwintern von Insekten ermöglichen.
Gebäude in Geländemulde
Das Gebäude, in dem neben Büros die Produktionsräume für Matratzen und Polstermöbel sowie Ausstellungsflächen untergebracht sind, besteht aus einem flachen Baukörper in einer Geländemulde, der kaum über das Umgebungsniveau ragt. „Ein architektonisches Zeichen zu setzen, das man schon aus der Ferne erkennt, wäre ein unangebrachtes Symbol gewesen“, erklärt Architekt Klaus Loenhart vom Büro Terrain: Integral Designs mit Sitz in Graz und München, der für das Grundkonzept der Grüne-Erde-Welt verantwortlich zeichnet. „Und wer das Haus betritt, betritt gleichzeitig eine Landschaft, denn Natur und Architektur gehen ineinander auf.“
Damit verweist Loenhart auf die 13 verglasten Lichthöfe, die mit verschiedenen heimischen Vegetationstypen – Eichen, Zirben, Eschen – bepflanzt sind. Sie lassen nicht nur Licht ins Innere und sorgen somit für eine freundliche Atmosphäre, sondern bilden auch die Grundlage für die Klimatisierung: Anstelle einer Klimaanlage produzieren sie die benötigte Kühle und den Sauerstoff zum Atmen. Die Belüftung erfolgt über das Ansaugen von frischer Luft vom nahen Waldrand, Strom wird solar mithilfe von 6000 Quadratmetern Fotovoltaikfläche erzeugt, zum Heizen verwendet man Erdwärme, für die 15 Kilometer Tiefenbohrungen erforderlich waren. „Damit werden wir energieautark“, vermeldet Kepplinger stolz.
Um den ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten, wurde für die Errichtung des Gebäudes kein Erdreich versiegelt. Stattdessen ließ man sich auf dem Areal einer ehemaligen Fabrik nieder und nutzte den recycelten Abbruchbeton für den Bau des neuen Fundaments an derselben Stelle. Das Haus ist ein Holzriegelbau aus Fichten und Tannen, die Einrichtung und die Parkettböden sind aus Eichenholz gefertigt, für die Wärmedämmung wurde Schafschurwolle verwendet. „Alles nachwachsende Rohstoffe aus Österreich, um die Lieferwege zu verkürzen“, sagt Kepplinger. Generalplaner Klaus Landerl vom Architekturbüro Arkade in Linz ergänzt: „Auch der Erdaushub wurde für die Gestaltung der umgebenden Landschaft genutzt.“ Die Steinböden bestehen aus Almtalschotter, der zu einem Terrazzo gegossen wurde.
Langes Tüfteln für die Statik
Die strengen Anforderungen in puncto umweltgerechten Bauens brachte die Planer zwischendurch ganz schön ins Schwitzen. So erforderte die Statik ein langes Tüfteln, denn das hölzerne Tragwerk soll nicht nur die Fotovoltaikanlage auf dem Dach und allfällige Schneelast aushalten, sondern auch elegant aussehen.
Besucher können bei Führungen den 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Schauproduktion der Matratzen und Kissen, in der Polstertapeziererei sowie der Schneiderei über die Schulter schauen und komplett mit Grüne-Erde-Produkten ausgestattete Wohnräume sehen, riechen und fühlen. Ein Ausstellungsbereich präsentiert – in Szene gesetzt von Manuel Schilcher von ArgeMarie in Linz – die für die Produkte verwendeten Rohstoffe. Kepplinger: „Mit rund 20.000 Besuchern in den ersten sechs Wochen wurden unsere Erwartungen weit übertroffen.“ (Von Michael Loibner)
ZUR BAUWEISE, ZUR LAGE
Ökologisch bauen. Für ein Ökounternehmen wie Grüne Erde ist eine umweltverträgliche Bauweise mehr oder weniger zwingend. Aber auch andere Firmen legen zunehmend Wert darauf, möglichst nachhaltige Gebäude zu nutzen. Aus Überzeugung und, weil es dem Image guttut.
Almtal. Im Bezirk Gmunden kosten Grundstücke für Betriebsansiedlungen je nach Nutzungswert zwischen 65,4 und 130,6 Euro pro Quadratmeter (Quelle: Immobilien-Preisspiegel der WKO).