Wiener Büromarkt: Der Zenit ist wohl erreicht

Allein der Austria Campus beim Prater wird 160.000 Quadratmeter an neuen Flächen beisteuern.
Allein der Austria Campus beim Prater wird 160.000 Quadratmeter an neuen Flächen beisteuern.Signa
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Ausblick: Der Wiener Büromarkt steht vor einem starken Jahr, längerfristig dürfte ihm aber das Problem knapper Grundstücksreserven zu schaffen machen. Coworking-Space-Anbieter könnten den Markt zusätzlich beleben.

Die erste positive Meldung für 2018 auf dem Wiener Bürovermietungsmarkt kann man schon verkünden: Es wird besser als im vergangenen Jahr. Alle Maklerunternehmen rechnen für heuer mit einer Steigerung des Mietvolumens. Das dürfte im Vergleich zum vergangenen Jahr allerdings nicht sonderlich schwer sein, brachte dieses doch laut Büromarktbericht von Otto Immobilien mit 134.000 vermieteten Quadratmetern das schlechteste Ergebnis sei Langem. „Aufgrund von zahlreichen Mietvertragsverhandlungen mit größeren Unternehmen, die im vergangenen Jahr nicht mehr abgeschlossen wurden, gehen wir heuer von einer Vermietungsleistung von rund 190.000 bis 200.000 Quadratmetern aus“, sagt Alexander Fenzl, Prokurist und Leiter des gewerblichen Maklerteams bei Otto.

Unternehmen suchen Cluster

Betrachtet man die Prozentsätze der gemieteten Flächen im Büromarktbericht von CBRE, so zeigt sich eine auffällige Konzentration der Nachfrage auf bestimmte Standorte. Mit 40 Prozent ist der Central Business District mit den inneren Bezirken am gefragtesten, dann folgen Erdberg, Hauptbahnhof, Donau City und der Wienerberg. „Wir sehen in Wien – wie in anderen Ländern auch – eine immer stärkere Clusterbildung bei den Bürostandorten“, erläutert Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer von Signa. Die Problematik, die sich daraus ergibt, bringt er folgendermaßen auf den Punkt: „Es ist sehr schwierig, in den Ballungsräumen noch leistbare Grundstücke zu finden. Bei den Bürostandorten wie zum Beispiel beim Praterstern und beim Hauptbahnhof werden die Flächen knapp und die Frage ist, wo man diese Grundressource herbekommt.“

Für 2018 scheint dies aber ein eher nachrangiges Problem zu werden, wenn man sich die Neuflächenproduktion genauer ansieht. Rund 280.000 Quadratmeter kommen heuer auf den Markt, womit vordergründig der höchste Stand seit mehr als zehn Jahren erreicht sein wird. Allerdings entfallen von dieser Summe allein 80 Prozent auf lediglich zwei Projekte der Signa: Den 160.000 Quadratmeter großen Austria Campus in der Lasallestraße, der im Oktober von der Investorengruppe PGIM Real Estate erworben wurde, und The Icon Vienna mit 74.000 Quadratmetern auf dem Hauptbahnhof. Daneben wird heuer noch das VIE der CA Immo an der Erdbergerlände mit rund 13.000 Quadratmetern sowie „im Herbst der Inno Plaza mit 12.000 Quadratmetern im InnoCenter fertiggestellt“, weiß Wolfdieter Jarisch, Gesellschafter und Vorstand der S+B-Gruppe.

Alternative AirportCity

Diese Masse an Quadratmetern im heurigen Jahr dürfte aber dann die Spitze gewesen sein; für 2019 rechnen die Experten nur noch mit 35.000 Quadratmetern an neuen Büroflächen. Wie es dann weitergeht, wenn sich die Ressourcen verknappen, das werden die kommenden Jahre zeigen. Die knappen Grundstück sind auch ein Grund, warum die AirportCity auf dem Flughafen Wien immer stärker ins Blickfeld rückt. Platz zur Weiterentwicklung gibt es hier nämlich genug, derzeit wird etwa ein neues Büroprojekt errichtet. Die Arbeiten am Vienna Airport Office Park 4 sind laut Wolfgang Scheibenpflug, Leiter Immobilien- und Standortmanagement Flughafen Wien, in vollem Gange, die Eröffnung ist für 2020 geplant. Der neue Bürostandort, der Teil eines umfangreichen Investitionsprogramms von insgesamt 1,6 Milliarden Euro ist, wird über mehr als 25.000 Quadratmeter an modernen Büro- und Conferencing-Flächen verfügen. Eine neue Mietergruppe drängt mit großen Coworking-Space-Betreibern zunehmend auf den Markt. Im vergangenen Jahr noch angekündigt, suchen sie jetzt verstärkt nach geeigneten Flächen. „Neue Coworking-Angebote von bestehenden, aber auch von neuen Anbietern beleben den Wiener Büromarkt – damit kommt die Flexibilisierung auch auf dem Wiener Markt an“, erklärt Andreas Ridder, Geschäftsführer CBRE Österreich. Da derzeit noch zu wenige Gebäude den Ansprüchen der Unternehmen genügen, sind die Mietabschlüsse allerdings noch verhalten. Aber es wird schon eifrig sondiert. Einige Betreiber sind jedoch bereits in der Verhandlungsphase, weshalb Fenzl auch mit steigenden Abschlüssen in der näheren Zukunft rechnet: „Dann stellt sich die Frage, wie sich das Segment weiterentwickelt.“

Das Beispiel Deutschland

Die Entwicklung in Deutschland, das in diesem Segment bereits zwei, drei Jahre voraus ist, lässt erahnen, wie es in Wien weitergehen könnte. Laut Savills Deutschland mieteten in den Top-sechs-Standorten der Bundesrepublik überregionale und internationale Anbieter im vergangenen Jahr in Summe mehr als 160.000 Quadratmeter, und damit sechsmal mehr Fläche als im Jahr davor. Am Gesamtflächenumsatz lag der Anteil der Coworking-Spaces 2017 bei etwas mehr als vier Prozent.

Die gesuchten Immobilien sollen solitären Charakter haben, im urbanen Umfeld liegen und möglichst ideal an den öffentlichen Verkehr angebunden sein. Damit könnten auch ältere Bürostandorte eine neue Chance erhalten, die sich zuletzt mit der Konkurrenz der modernen, effizienten Neubauten immer schwerer getan haben. Trotz hoher Neubauleistung wird aufgrund des hohen Vorverwertungsgrades die Leerstandsrate mit maximal sechs Prozent niedrig bleiben, und auch die Spitzenmieten werden keinen wirklichen Sprung nach oben machen. Aber das überrascht jetzt wirklich niemanden mehr.

AUF EINEN BLICK

• Die Experten rechnen für 2018 mit Neuvermietungen im Ausmaß von 200.000 Quadratmetern. Insgesamt kommen rund 280.000 Quadratmeter an neuen Flächen auf den Markt. Ein Großteil davon ist bereits vorverwertet.

• 2019 wird die Neuflächenproduktion wieder auf rund 35.000 Quadratmeter schrumpfen.

• Unternehmen mieten sich am liebsten in Büroclustern ein.

• Das Hauptthema für die kommenden Jahre wird die Knappheit von Baugrund werden beziehungsweise die Bezahlbarkeit dieser Ressource.

• Bewegung in den Markt werden unter anderem neue Coworking-Space-Anbieter bringen. Ältere, gut an den öffentlichen Verkehr angebundene Bürogebäude könnten nach einer entsprechenden Adaptierung damit eine neue Chance erhalten.

• Die Leerstandsrate wird leicht von 5,4 auf sechs Prozent steigen.

• Außerhalb der inneren Stadt ist aufgrund der steigenden Nachfrage mit einem Anstieg der Durchschnittsmieten zu rechnen. Bei den Spitzenmieten gehen die Experten aber lediglich von einer leichten Steigerung aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2018)

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