Der Lift, fast ein denkendes Wesen

Kaum Knöpfe, mehr Effizienz: Welcher Lift wohin fährt, steht am Display.
Kaum Knöpfe, mehr Effizienz: Welcher Lift wohin fährt, steht am Display.(c) TÜV AUSTRIA, Gerhard Zahalka, standlaufbild (Gerhard Zahalka, standlaufbild)
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Neue Technologien machen Lifte immer intelligenter. Sie erhöhen Sicherheit und Komfort und erleichtern die Wartung.

Die Zeiten, in denen ein Aufzug einfach nur Passagiere in die verschiedenen Stockwerke beförderte, sind vorbei. „Aufzüge werden immer intelligenter“, sagt Günter Baca, Direktor Marketing & Unternehmenskommunikation bei Kone. So können durch mobile Technologien und Cloud-Lösungen Automatiktüren, Aufzüge, Informationskanäle und Gegensprechanlagen mittels einer Smartphone-Applikation miteinander verbunden werden.

„Wenn man sich dem Gebäude nähert, öffnet sich die Tür automatisch. Und genau so automatisch wird der Lift gerufen, der einen dann in das Stockwerk bringt, in dem man wohnt“, beschreibt es Baca. Ist die Gegensprechanlage ebenfalls vernetzt, können die Bewohner, selbst wenn sie noch nicht daheim sind, Besuchern per App den Zutritt ermöglichen. „Aber das ist noch nicht State of the Art“, sagt Christian Braun, geschäftsführender Gesellschafter der IFS – Immobilien Facility Services.

Lift als schwarzes Brett

Darüber hinaus wird der Aufzug zum schwarzen Brett: Informationen, etwa der Termin für eine Hausversammlung, können auf Infobildschirme eingespielt werden. „Kommunikation via Aufzug ist überall von Nutzen, wo es auf schnellste Informationen ankommt“, sagt Roman Teichert, Geschäftsführer von Otis. So könnten etwa Hotels ihre Gäste im Lift über besondere Angebote informieren.

Die Aufzüge kommunizieren aber auch mit der Hausverwaltung und den Servicetechnikern. Letzteres ist vor allem für die Wartung von Nutzen. So werden bei jeder Anlage von Kone mehr als 200 Parameter im Sekundentakt abgefragt und in einer Cloud gespeichert. „Merkt man bei der Auswertung der Daten, dass in manchen Stockwerken die Türen öfter auf- und zugehen als in anderen, weiß man, dass diese früher geölt werden müssen“, erklärt Baca. Darüber hinaus könne man rechtzeitig erkennen, ob sich Probleme aufbauen, und eine Wartung vornehmen, bevor es zu einer Störung kommt. „Und dafür gleich die notwendigen Ersatzteile mitnehmen“, sagt Baca. Durch ständig lernende künstliche Intelligenz werde die Ausfallhäufigkeit deutlich reduziert. „In großen Bürogebäuden ist der längere Ausfall eines Lifts für den Betreiber eine Katastrophe, weil das immer eine Mietzinsminderung bedeutet“, sagt Braun. Weshalb es sich rechnen würde, Aufzüge mit der Cloud nachzurüsten.

Aufzüge werden nachhaltig

Aber auch in Sachen Nachhaltigkeit entwickelt sich die Lifttechnik weiter: So ist seit zwei Jahren in Wien-Hernals der erste zu 100 Prozent energieautarke Aufzug Österreichs in Betrieb. Solarpaneele versorgen den Lift im Innenhof des Gebäudes mit selbst erzeugtem Strom. Dieser wird in einer Batterie zwischengespeichert und bei Bedarf zu Verfügung gestellt. „Das Antriebssystem ist so ausgerichtet, dass der Aufzug selbst bei einem Netzausfall Energie für bis zu 100 Aufzugsfahrten zur Verfügung hat“, erklärt Otis-Chef Teichert. Die Aufzüge des 178 Meter hohen Gebäudes des Schweizer Pharmaherstellers Roche in Basel wiederum produzieren beim Bremsen Strom, der in das Netz des Gebäudes eingespeist wird.

ThyssenKrupp hat es sich gar zum Ziel gesetzt, jene Grenzen zu überwinden, an die die herkömmliche Aufzugstechnik in extrem hohen Wolkenkratzern stößt. Dort wäre das Eigengewicht des Stahlseils so groß, dass es von selbst reißen würde. Geht es nach ThyssenKrupp, sollen Lifte in diesen Gebäuden durch einen Magnetantrieb in die Höhe gezogen werden. Dann müssten die Passagiere nicht mehr umsteigen, und man könnte Platz und Energie sparen. Die Aufzüge könnten dann theoretisch auch nach rechts und links fahren. Systeme, die Kabinen sowohl vertikal als auch horizontal befördern, sind Baca zufolge allerdings konstruktiv aufwendiger und teurer.

AUF EINEN BLICK

Mehr Effizienz. Neue Technologien können den Hausbewohnern zu mehr Bequemlichkeit verhelfen – etwa durch eine Verbindung mit dem Smartphone via App. Und ein Bildschirm im Lift kann zum Informationsträger werden. Durch Datenauswertung lässt sich zudem die Wartung verbessern. Im besten Fall können Störungen, die sich anbahnen, erkannt und verhindert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2018)

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