Healthcare

Das Geschäft mit Alter und Gesundheit

(c) Andreas Buchberger
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Die demografische Entwicklung lässt neue Marktsegmente entstehen, für die sich nicht nur institutionelle Investoren interessieren.

Wer glaubt, dass betreutes Wohnen ein neues Immobilienprodukt unserer Zeit sei, sollte die Uhr ein bisschen zurückdrehen. Bereits 1999 hat die UBM unter Geschäftsführer Karl Bier diese Idee präsentiert: „Betreutes Wohnen sind Eigentumswohnungen in ausgewählter Lage speziell für Senioren, denen bei Bedarf Haushaltshilfe und ärztliche Pflege in den eigenen vier Wänden angeboten wird.“

Mittlerweile sind 20 Jahre ins Land gezogen, und das Thema wird immer heißer. Betrachtet man die Statistik, weiß man, warum: Ende 2030 werden mehr als drei Millionen Österreicher den 60. Geburtstag hinter sich haben, und 23 Prozent werden älter als 65 Jahre sein – die Anzahl der Hochbetagten wächst noch dynamischer. Im Gegensatz dazu zeigt allerdings eine Imas-Studie, dass sich ein Großteil der 50- bis 65-Jährigen kaum Gedanken über das Wohnen im Alter macht. Damit geht eine Schere auf, denn die öffentliche Hand investiert immer weniger in den Erhalt und den Neubau von Pflegeeinrichtungen. So übernehmen sukzessive private Investoren den Bau der entsprechenden Immobilien.

In Deutschland sind laut CBRE bis 2030 Investitionen von gut 55 Mrd. Euro in Pflegeimmobilien notwendig, um den steigenden Bedarf zu decken. Heruntergebrochen auf Österreich kann man von rund 5,5 Mrd. Euro ausgehen. Auf dem Markt für neue Konzepte und Ideen rund um sogenannte Healthcare-Immobilien stehen somit alle Türen und Tore weit offen.

Von Pflege bis Senioren-WG

Das Feld ist weit und reicht von privat geführten Ärztehäusern über Gesundheitszentren und Pflegeheime bis zu Wohnformen für Senioren mit unterschiedlichsten Abstufungen der Betreuung. „Wir werden uns verstärkt auf Hybridmodelle konzentrieren müssen“, ist Walter Eichinger, Geschäftsführer von Silver Living, überzeugt: „Tages- oder Kurzzeitpflege im Erdgeschoß, in den Obergeschoßen betreute Wohneinheiten und im Dachgeschoß eine Seniorenwohngemeinschaft oder eine ambulant betreute Wohngemeinschaft.“ Eichinger gründete sein Unternehmen bereits 2006 und gilt in der Branche als Vordenker. Im städtischen Bereich sieht er vermehrt „Campus- und Leuchtturmkonzepte“ – also barrierefreie Wohnungen mit entsprechender Infrastruktur und einem „Stützpunkt“.

„Die Seniorenimmobilie – beziehungsweise betreutes Wohnen für ältere Menschen – könnte den Sprung von einem Nischenprodukt zu einer neuen, möglicherweise bestimmenden Assetklasse der nächsten 50 Jahre vollziehen“, sagt Gerald Gollenz, stellvertretender Fachverbandsobmann der WKO. Aktuelle Zahlen von CBRE bestätigen das: Demnach verzeichnet das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Investmentmarkt für Pflegeheime und Seniorenzentren nach den ersten drei Quartalen mit 1,75 Mrd. Euro ein Plus von 137 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Investments in Gesundheitsimmobilien sind international ein wachsender Bestandteil der Portfoliostrategie vieler institutioneller und privater Investoren“, erklärt Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting.

Aber nicht nur für Großinvestoren ist der Markt interessant. So bietet Silver Living gemeinsam mit Öko Wohnbau in der Steiermark die ersten Bauherrenmodelle mit betreutem Wohnen an. „Die demografische Entwicklung bedingt, dass die über 50-Jährigen die zahlenmäßig stärkste Nachfragegruppe auf dem Wohnungsmarkt sein werden und Seniorenimmobilien die bestimmende Assetklasse der nächsten 50 Jahre sind. Warum also nicht kombinieren?“, fragt Wolfgang P. Stabauer, geschäftsführender Gesellschafter von Öko Wohnbau.

Auch im ländlichen Raum

Einerseits sind die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten gegeben, andererseits sind die Förderungen in der Steiermark bei diesen Projekten sehr hoch.

Dass auf den Liegenschaften neben dem betreuten Wohnen auch noch Kindergärten errichtet werden, ist der nächste Schritt. „Wir sehen hier ein Potenzial des Miteinanders“, so Stabauer: „Nämlich, dass ältere Menschen und kleine Kinder zusammenfinden – so wie es früher in den Großfamilien der Fall war.“

Der Fokus von Silver Living liegt aber nicht nur in der Entwicklung von Seniorenwohnanlagen in den wirtschaftlich starken städtischen Gebieten, sondern vor allem in ländlichen, investitionsschwachen Regionen. „Betreute Wohnformen in kleineren Gemeinden verhindern die Abwanderung sowie den Verlust wichtiger Infrastrukturen und führen letztlich zu einer Stärkung der jeweiligen Region“, ist Eichinger überzeugt. Er zeigt damit, dass Healthcare-Immobilien durchaus auch weitere positive Aspekte haben können.

AUF EINEN BLICK

Seniorenimmobilien. Der Bedarf an Wohnformen, die in unterschiedlichem Ausmaß Betreuung, Pflege und Gesundheitsdienste anbieten, nimmt aufgrund der demografischen Entwicklung stark zu. Entsprechende Immobilien sind deshalb ein immer wichtigerer Bestandteil im Portfolio von Großinvestoren. Es gibt aber auch Projekte, die gezielt private Wohnungskäufer ansprechen – etwa in Form von Bauherrenmodellen, wie sie Silver Living gemeinsam mit Öko Wohnbau in der Steiermark anbietet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2018)

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