Weihnachtsmarkt-Architektur

Von klassisch-kitschig bis trendig-hip

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Auch wenn die stimmungsvollen Standln nur ein paar Wochen im Jahr geöffnet haben: Ihr Erscheinungsbild ist alles andere als beliebig.

Weihnachtspunsch, süßlicher Duft, stimmige Atmosphäre – das sind die heimischen Weihnachtsmärkte. Doch hat jeder sein eigenes Flair – das sehr wesentlich vom Aussehen der Hütten bestimmt wird. Ob klassisch-kitschig oder trendig-hip: Die Verkaufsstände geben meist schon die ersten Hinweise darauf, was die Besucher auf dem jeweiligen Markt erwartet. Und sie entscheiden mit, ob der Markt letztlich in die erfolgreiche Kategorie „Ihr Kinderlein, kommet“ fällt oder ob dort eher das Motto „Stille Nacht“ angesagt ist.


Das weiß man auch bei der Stadt Wien. Dort ist zwar keine MA2412, sehr wohl aber die MA59 für die Genehmigung der – heuer 22 – Wiener Weihnachtsmärkte zuständig. Diese wacht auch über das Erscheinungsbild. „Wer einen Weihnachtsmarkt organisieren will, muss ein Ansuchen stellen und Ansichten der geplanten Hütten beilegen“, erklärt Abteilungssprecher Alexander Hengl. Sachverständige prüfen dann unter anderem, ob die Hütten ins Stadtbild passen.

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Dabei wird auch Innovatives durchaus geschätzt. „Die weißen Hütten des K+K-Weihnachtsmarkts auf dem Michaelerplatz etwa entsprechen nicht der traditionellen Vorstellung, passen aber gut vor die Hofburg“, sagt Hengl.
Wie wichtig die Umgebung ist, belegt auch das Stadtmarketing Wien – Geschäftsführer Michael Draxler anhand eines Beispiels: „Die Verkaufsstände des Weihnachtsmarkts am Spittelberg zeichnen sich optisch nicht besonders aus und würden vor dem Belvedere wahrscheinlich billig wirken. In die verwinkelten Gassen passen sie aber perfekt.“ So sind die Hütten möglicherweise auch ein Faktor, warum der Markt am Spittelberg vom Fachmagazin „Falstaff“ in dessen aktueller Ausgabe zum beliebtesten Wiener Weihnachtsmarkt gekürt wurde.

Steirer- und Designerhütten


Wenig Kopfzerbrechen bereitet den Experten übrigens der Christkindlmarkt auf dem Rathausplatz, der auf den allerersten Wiener Adventmarkt aus dem frühen 17. Jahrhundert zurückgeht: Dort haben sich die Hütten schon seit mehreren Jahrzehnten im immer gleichen Design bewährt.
In Graz ist man bei der Wahl der Partner für die Weihnachtsmärkte noch penibler. Nicht die Veranstalter suchen sich aus, wo sie ihre Events durchführen möchten, sondern Graz-Tourismus gibt in Kooperation mit der Stadtverwaltung die Plätze vor, an denen Märkte erwünscht sind (in diesem Jahr sind es 14) und führt dann Ausschreibungen durch. Wer sich bewirbt, bindet sich gleich für fünf Jahre und muss ein – möglichst einzigartiges – Konzept vorlegen. Die Gestaltung der Hütten ist Teil dieses Konzepts. „Wir wollen auf jedem Platz eine andere Atmosphäre“, erklärt Citymanager Heimo Maieritsch.

Die beliebtesten Märkte

Die „Fallstaff“-Sieger. Wien: Spittelberg. NÖ: Weihnachten im Park, St. Pölten. Burgenland: Schloss Esterházy, Eisenstadt. OÖ: Schlösser-Advent, Gmunden. Steiermark: Schlossberg, Graz. Kärnten: Villacher Advent. Salzburg: Hellbrunner Adventzauber. Tirol: Adventmarkt Seefelder Fußgängerzone. Vorarlberg: Bludenzer Christkindlmarkt.

Die Bandbreite ist groß: Der rustikale Markt auf dem Südtirolerplatz wartet mit traditionellen Steirerhütten auf, das „Wonderlend“ auf dem Mariahilferplatz bietet schickes Kunsthandwerk in zeitgemäßen Standln an, und dem Ruf der City of Design versucht die Murmetropole gerecht zu werden, indem sie das kreative Potenzial auf dem Mehlplatz bindet. Dort werden innovative Geschenkideen in Designerhütten feilgeboten, die beleuchteten Muscheln ähneln.
Bewusst nostalgisch ist man hingegen auf dem Adventmarkt im Franziskanerviertel: Neben einem Kinderriesenrad stehen dort Buden, die bis in die 1990er-Jahre beim ältesten und damals noch einzigen Grazer Christkindlmarkt am Volksgarten für leuchtende Kinderaugen gesorgt haben.


In Salzburg boomt das Geschäft auf den Weihnachtsmärkten ebenfalls. Natürlich auf dem Domplatz, wo ein Verein schon seit vielen Jahren die Gestaltung der Verkaufsstände mit den Stadtverantwortlichen abspricht. Kritik gebe es kaum, heißt es. Auf dem Mirabellplatz tritt die Stadt selbst als Veranstalter auf und hat sich für grün lackierte Hütten aus Holz entschieden. „Das passt dort gut hin und entspricht unserem Bestreben, jedem Markt ein unverwechselbares Erscheinungsbild zu geben“, sagt Stadtsprecher Karl Schupfer.

Zu wenig weihnachtlich?


Auch in Klagenfurt stellt die Stadt die Hütten für den Christkindlmarkt auf dem Neuen Platz zur Verfügung – nicht unbedingt zur Zufriedenheit aller, doch mangels Alternativen in der Kärntner Hauptstadt ist der Markt dennoch gut besucht. Warum die seit einigen Jahren in Verwendung stehenden Hütten nicht allen gefallen, hat einen guten Grund: Aus Spargründen zieht die Stadt sie auch für den Ostermarkt und andere Feste heran. Es fehle daher das „typisch Weihnachtliche“, sagen Kritiker. Etwas neidisch blickt man da ans andere Ende des Wörthersees nach Villach und Velden: „Die Hütten in der dortigen ,Stadt der Engel‘ sind aus Naturholz und zweifellos liebevoller gestaltet“, hört man selbst im Magistrat.
Das meinen übrigens viele: Die Märkte in den beiden Orten erhielten bei der „Falstaff“-Kür österreichweit die meisten Stimmen, was wohl unter anderem an der optischen Wirkung liegt.

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