Investoren zieht es nach Deutschland

Das Nachbarland profitiert von seinem Ruf als sicheres Pflaster. Die Unternehmen halten sich jedoch auch dort mit der Anmietung neuer Büros zurück.

Deutschland gilt– noch stärker als Österreich– als sicherer Hafen. Im Vorjahr, als die Angst vor einem Zerfall der Eurozone die Märkte dominierte, wagten sich ausländische Investoren nur an jene Standorte, denen sie auch künftig eine starke Währung zutrauen. Auch bevorzugen sie große Märkte. Deutschland erfüllt beide Kriterien.

So kam es, dass das Nachbarland 2012 einen Zuwachs bei den Gewerbeimmobilieninvestitionen verzeichnen konnte, während es in den meisten anderen Regionen einen Rückgang gab. 25,31 Milliarden Euro steckten die Investoren laut dem Immobilienunternehmen Savills im Vorjahr in deutsche gewerbliche Immobilien, das war ein Plus von neun Prozent im Vergleich zum Jahr 2011 und das höchste Volumen der vergangenen fünf Jahre. Vor allem im Dezember schlugen die Käufer zu. In diesem Monat wurde etwa der Kaufvertrag für das Gewerbeimmobilienportfolio der TLG (der deutsche Bund veräußerte die Tochter an den US-Finanzinvestor Lone Star) um 1,1 Mrd. Euro unterzeichnet. Ebenso hoch war die Summe, die das Immobilienunternehmen Signa des Österreichers René Benko für 17 Karstadt-Immobilien (darunter das KaDeWe) hinlegte.

Ausländer bevorzugen große Städte

Stärker als im Landesdurchschnitt fiel das Plus an den sechs größten Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln und München aus. Von den relativ mageren Renditen – laut dem Immobiliendienstleister CBRE sind diese bei Büros unter fünf Prozent gerutscht – lassen sich die Käufer dabei nicht abschrecken. Die Investoren steckten 12,9 Mrd. Euro allein in diese Märkte um ein Fünftel mehr als vor einem Jahr. „Viele ausländische Investoren konzentrieren sich vor allem auf die großen Metropolen, weil diese ihnen die gewünschte Liquidität bieten“, stellt Marcus Lemli, Deutschland-Chef bei Savills, fest. „Liquidität“ bedeutet, dass der Markt groß genug ist, dass man jederzeit einen Käufer findet, falls man seine Immobilie abstoßen will.

Während insgesamt 46 Prozent des Geldes, das in deutsche Immobilien floss, aus dem Ausland kamen, waren es an den sechs Top-Standorten 52 Prozent. Für heuer erwarten die Savills-Experten ein steigendes Interesse ausländischer Investoren, vor allem von Staatsfonds und öffentlichen Pensionsfonds. Auf dem Vermietungsmarkt macht sich indes die Flaute bemerkbar: Die vermeintliche Dauerkrise hemme die Entscheidungen der Unternehmen, meint man beim Beratungsunternehmen Catella Property Group. Neuanmietungen werden auf die lange Bank geschoben. In Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München wurden im Vorjahr 2,55 Millionen Quadratmeter neu vermietet, um 7,8 Prozent weniger als im Jahr 2011, wie aus Daten von CBRE hervorgeht. Das sei aber angesichts der Unsicherheit über den Ausgang der Euroschuldenkrise zufriedenstellend.

Der Anteil leer stehender Büros wächst in Deutschland dennoch nicht. Da derzeit relativ wenig Fläche neu auf den Markt kommt, ist die Leerstandsrate sogar leicht zurückgegangen. Sie liegt gegenwärtig in den fünf großen Städten bei 9,3 Prozent. Zum Vergleich: In Wien sind es weniger als sieben Prozent, aber die österreichische Bundeshauptstadt hat generell eine geringe Leerstandsrate. Eines haben die Immobilienmärkte beider Länder gemeinsam: Die potenziellen Mieter suchen vor allem moderne Flächen in zentraler Lage mit guter Infrastruktur. Die Folge: Die Durchschnittsmieten stagnieren, während die für den internationalen Vergleich wichtigen Spitzenmieten, die man im besten Fall erhält, anziehen. Im bankenlastigen Frankfurt zahlt man für Top-Büros 38 Euro pro Monat und Quadratmeter, in Berlin fährt man mit 22 Euro am günstigsten. Die deutsche Hauptstadt ist damit ein billigeres Pflaster als Wien, wo man für beste Innenstadtlage etwa 25Euro berappen muss.

Düsseldorfer Mieten steigen

Am stärksten zugelegt, nämlich um zehn Prozent, haben die Spitzenmieten laut CBRE in Düsseldorf, wo man 26 Euro pro Monat und Quadratmeter bezahlt. In München – die Stadt ist bei Wohnungen das deutschlandweit teuerste Pflaster – legt man für Top-Büros 31,5 Euro und damit weniger als in Frankfurt hin. In Hamburg sind es 24 Euro. „Da sich die Nachfrage auf moderne Büroflächen in guter Lage konzentriert, erwarten wir für die Entwicklung der Spitzenmiete nach wie vor eine steigende Tendenz“, meint CBRE-Experte Carsten Ape.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2013)

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