Rechtsfrage: Darf mir der Nachbar das Sonnenlicht nehmen?

Ich möchte mich auf meiner Terrasse sonnen. Die Pflanzen meines Nachbarn sind jedoch zu hoch.

Bis vor kurzem konnte ich noch die Sonne auf meiner Terrasse genießen. Mein Nachbar will es wohl kühler und hat die Pflanzen in seinem Garten so hoch wachsen lassen, dass ich nicht mehr von der Sonne profitieren kann. Darüber hinaus muss ich bereits am Nachmittag im Wohnzimmer eine künstliche Beleuchtung einschalten. Darf er das oder kann ich dagegen etwas unternehmen?

Sie können sich grundsätzlich gegen den von den Pflanzen Ihres Nachbarn ausgehenden übermäßigen Schattenwurf, der für Sie den Entzug von Licht bedeutet, mit einer Unterlassungsklage zur Wehr setzen. Diese Einwirkungen durch den Entzug von Licht, die "negative Immissionen" genannt werden, müssen jedoch das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die Nutzung Ihrer Wohnung nach seiner Art, Lage und Größe unzumutbar beeinträchtigen.

Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss im Einzelfall im Rahmen einer Interessenabwägung nach einem objektiven Beurteilungsmaßstab erfolgen. Einer eventuellen besonderen „Empfindlichkeit“ Ihrerseits kommt somit keine Bedeutung zu. Es wird vielmehr auf den Beurteilungsmaßstab eines vernünftigen „Durchschnittsmenschen“ abgestellt. Ferner sind das Ausmaß und die Lage der beeinträchtigten Fläche zu berücksichtigen sowie inwieweit die konkrete Nutzungsmöglichkeit für Sie eingeschränkt oder unmöglich gemacht wurde. An das Vorliegen der Unzumutbarkeit legt die Rechtsprechung einen strengen Maßstab. Wenn jedoch aufgrund der Pflanzen Ihres Nachbarn keine Sonne mehr auf Ihre Terrasse fällt und Sie auch bereits tagsüber in Ihrer Wohnung das Licht einschalten müssen, liegt wohl eine Unzumutbarkeit vor.

Unberührt bleiben jedoch bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von oder vor Pflanzen. Bei geschützten Pflanzen steht Ihnen folglich kein Unterlassungsanspruch zu.

Im Zusammenhang mit dem Entzug von Licht oder Luft durch fremde Pflanzen müssen Sie vor Einbringung einer Klage zur gütlichen Einigung eine Schlichtungsstelle befassen, einen Antrag beim Bezirksgericht auf Ladung Ihres Nachbarn zu einem gerichtlichen Vergleich stellen oder - sofern Ihr Nachbar damit einverstanden ist - den Streit einem Mediator unterbreiten. In diesen Fällen ist eine Klage laut Gesetz nur zulässig, wenn nicht längstens innerhalb von drei Monaten ab Einleitung des Schlichtungsverfahrens, ab Einlangen des Antrags bei Gericht oder ab Beginn der Mediation eine gütliche Einigung erzielt wurde.

Sollten Sie mit der Unterlassungsklage obsiegen, hat Ihr Nachbar nicht bloß bestimmte Handlungen zu unterlassen, sondern muss aktiv tätig werden, nämlich die Störungsquelle auf eigene Kosten entfernen. Er hat sodann dafür zu sorgen, dass von den Pflanzen keine unzumutbaren Beeinträchtigungen mehr ausgehen, z.B. durch das Zurückschneiden der Pflanzen auf ein tolerierbares Maß oder durch gänzliche Beseitigung.

Im Sinne einer guten Nachbarschaftsbeziehung sollten Sie jedoch zu allererst mit dem Nachbarn die Problematik des Schattenwurfes seiner Pflanzen besprechen. Dies ist nicht nur die schnellste Variante, sondern auch jene bei der unnötige Kosten vermieden werden können.

Rechtsanwältin Mag. Olivia Eliasz ist Immobilien- und Arbeitsrechtsexpertin bei Northcote.Recht, www.northcote.at

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