Warum die Zinswende Österreichs Immobilienmarkt kalt lässt

Die Presse
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Egal, was Mario Draghi beschließt: Immobilien haben kein Verfallsdatum, so die Branche. Steigende Zinsen könnten sogar Wohnungsnachschub bedeuten.

Wer hat Angst vor Mario Draghi? Aus Österreichs Immobilienbranche schallt einem die Antwort klar entgegen: Niemand. Zumindest noch niemand. Wenn die EZB in Frankfurt den europäischen Leitzins erhöht, wird das behutsam, langsam und nicht vor Ende 2018 geschehen, teilt Georg Edlauer, Obmann der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer, die Stimmung der Betriebe. Und es scheint, er hat allen Grund zur Ruhe. Die jüngsten Signale der Zentralbanker lassen so schnell keinen Schwenk in ihrer Politik erahnen, der den Namen „Zinswende“ verdienen würde. Edlauer sieht ihr Vorgehen pragmatisch: „Die Herausforderung der Zentralbanken besteht ja darin, mit steigenden Zinsen nicht weitere Problemfelder zu öffnen.“ Etwa eine Immobilienblase zum Platzen zu bringen. Auch diesem Schreckensszenario erteilt der Immobilienunternehmer eine Absage. Dafür seien die Banken in ihren Kreditzusagen seit der Finanzkrise sowieso zu vorsichtig und die heute übliche Eigenmittelquote zu solide.


Doch es braucht ja nicht gleich der schlimmstmögliche Fall eintreten. Sagen wir, steigende Zinsen machen Investitionen abseits der landläufigen Wertspeicher Gold und Beton wieder zu einer attraktiven Alternative. Würde die Strahlkraft der krisenresistenten Immobilien nicht unweigerlich abnehmen? Schließlich sind auch die Renditen für sichere Anlagewohnungen aufgrund der großen Nachfrage, mit der die Mieten nicht mitzogen, in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Margen von 3,5 Prozent sind bereits sehr gut für den Wiener Markt - wovon die anziehende Inflation einen Großteil auffrisst. Auch darauf hat die Branche eine Antwort. „Im Vordergrund steht die Sicherheit und der Inflationsschutz, nicht die Rendite“, sagt Michael Ehlmaier, Chef von EHL Immobilien.

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