Stellplätze

Wie viel Parkplatz pro Wohnhaus muss sein?

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Das Mobilitätsverhalten in Wien ändert sich, immer mehr Großstädter setzen auf Carsharing, Scooter oder auf die Öffis. Damit werden aber auch viele Parkplätze obsolet.

Die Mobilität ist im Wandel, Carsharing greift um sich, die Scooter werden mehr, das Auto ist dabei, seinen Status zu verlieren. Wozu braucht man dann aber noch so viele Parkplätze? „Im urbanen Raum haben viele junge Menschen gar keinen Wunsch nach einem eigenen PKW, sondern nutzen günstige öffentliche Verkehrsmittel oder Carsharing-Angebote“, sagt Christian Petter, Vorstand für Vertrieb & Marketing bei der ifa AG.

In Wien passt man sich der veränderten Ausgangslage mit der Novelle zum Wiener Garagengesetz an: Demnach wird es – mit einer sachlichen Begründung – in Zukunft möglich sein, nicht benötigte Pflichtstellplätze anderen Nutzungen zuzuführen. Dabei dürfe allerdings „die derzeit gültige Stellplatzverpflichtung von einem Stellplatz pro 100 Quadratmetern Wohnnutzfläche nicht unterschritten werden“, erklärt Michael Pech, Vorstand des ÖSW. Die Novelle, die kürzlich im Zuge der Änderungen der Wiener Bauordnung beschlossen wurde, begrüßt er: „Mit dieser Flexibilisierung wird eine schon länger bestehende Forderung der Wohnbauträger umgesetzt.“

Garagen stehen fast leer


Aber droht dann ein Kampf um die öffentlichen Parkplätze auf der Straße? Eher nicht, denn die Ausweitung der Parkpickerlzonen ist weit fortgeschritten, und die Zahl jener, die in der Stadt ein Auto benutzen, sinkt weiter. „Eine Reduktion der Stellplätze bei Neubauten wird zu keiner Problematik auf den Straßen führen“, sagt René Fürntrath, Leiter Liegenschaftsbewertung & Investment bei der Raiffeisen Immobilien Vermittlung. „In vielen Anlageobjekten, die wir betreuen, sind bis zu 50 Prozent der Stellplätze nicht vermietet.“ Laut Brancheninsidern stehen sogar viele Wohnhausgaragen nahezu leer.


Für einige Bauträger geht deshalb die Flexibilisierung noch immer nicht weit genug. „Meiner Meinung nach sollten Bauträger und Entwickler als ausreichend markterfahren wahrgenommen werden, sodass man uns zutraut, die Nachfrage nach Stellplätzen marktgerecht einzuschätzen“, meint Roland Pichler, Geschäftsführer der Wohnkompanie. Seines Erachtens habe es keinen Sinn, in jeder Mikrolage dieselben Bestimmungen anzuwenden, ohne dass es die Möglichkeit einer Abweichung gibt. Ihm schwebt die gänzliche Freiheit bei der Anzahl an Stellplätzen für PKW, Motorräder, Fahrräder, E-Bikes oder Scooter vor: „Kein Bauträger wird zum Beispiel aus Kostengründen in einer Eigennutzerlage am Wiener Stadtrand keine Tiefgaragenplätze errichten. Es hat aber keinen Sinn, direkt an einer U-Bahn für jede Mikrowohnung einen solchen bereitzustellen.“

Auf Kosten der Mieter


Auch Fürntrath plädiert für eine freie Entscheidung der Bauträger über die Parkflächen, denn dies ermögliche, billiger und effizienter zu bauen und Parkflächen alternativ zu nutzen. Für die Unternehmen, und in weiterer Folge für die Mieter und Eigentümer, werden nicht benötigte Stellplätze zudem immer mehr zur finanziellen Herausforderung, meint Petter: „In der langfristigen Gesamtbetrachtung rechnen wir mit sinkenden Vermietungspreisen für Garagenplätze.“ Und für die Betriebskosten der unbenützten Plätze müssen die Eigentümer oder Mieter aufkommen.
Aber was tun mit diesen Flächen? Für Michael Pech bieten sich etwa Selfstorage-Räume an, nach denen „aufgrund der immer kleiner werdenden Wohnungen eine große Nachfrage besteht“. Auch Fahrradabstellplätze können dort entstehen, diebstahlsichere Fahrradboxen „und Lademöglichkeiten für E-Bikes“, so Petter. Fürntrath glaubt allerdings, dass E-Bikes in Zukunft keine gar so große Rolle in den Ballungsräumen spielen werden: „Für den täglichen Stadtverkehr werden vorrangig E-Scooter benutzt, sie sind bei weitem einfacher zu handhaben und zu verstauen.“

Stellplätze in Wien


Stellplatzverpflichtung. Sie beruht auf dem Wiener Garagengesetz. Grundsätzlich muss es bei Neu- und Zubauten pro 100 Quadratmeter Wohnnutzfläche (nicht mehr, wie vor der Novelle 2014, pro Wohnung) einen Stellplatz geben – auf dem Bauplatz oder im Umkreis von 500 Metern. Die Verpflichtung kann auch durch Zahlung einer Ausgleichsabgabe erfüllt werden, zudem gibt es einige Sonderregeln und Ausnahmen.

Neuregelung. Im Zuge der am 22. November beschlossenen Bauordnungsnovelle wird die Stellplatzverpflichtung etwas gelockert. Unter anderem darf man künftig nicht mehr benötigte PKW-Stellplätze auflassen, wenn es sachlich begründet ist. Ein Abstellplatz pro 100 Quadratmetern Wohnnutzfläche muss aber grundsätzlich bleiben. Für Sanierungen mit Dachgeschoßausbau gibt es Klarstellungen zur Berechnung.


Die Firmen stellen sich jedenfalls schon auf die Gesetzesänderung ein. Bei der ifa nimmt man das laut Petter bereits in die Konzeption der Projekte auf, beim ÖSW prüft man gerade für eine Garage mit 336 Plätzen die Umnutzung von ca. 70 Stellplätzen in Storage-Räume. Und wie es in Zukunft weitergehen könnte, bringt Roland Pichler treffend auf den Punkt: „Ich bin der Überzeugung, dass der Markt uns den Bedarf sagt, nicht die Bauvorschriften.“

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