Hausgeschichte

Graz: Alte Universitätsbibliothek in neuem Glanz

Umbau: Die Grazer Universitätsbibliothek wurde bis auf ihre historische Substanz freigelegt und mit moderner Architektur kombiniert.
Umbau: Die Grazer Universitätsbibliothek wurde bis auf ihre historische Substanz freigelegt und mit moderner Architektur kombiniert.Uni Graz/BIG
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Weg mit Bausünden, her mit neuen Aufgaben: Die Grazer Universitätsbibliothek wurde bis auf ihre historische Substanz freigelegt und mit moderner Architektur kombiniert.

Wenn in Kürze das neue Studienjahr beginnt, werden die Grazer „ihre“ Uni-Bibliothek kaum wiedererkennen: Während der Sanierung des Gründerzeithauses wurden ursprüngliche Fassade und historisches Interieur wiederhergestellt und um moderne Bauteile erweitert. Rund 28 Mio. Euro investierten Uni Graz und Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) als Eigentümer. Wer wollte, konnte die Arbeiten live per Webcams miterleben. Sie zeigten, wie 4500 Tonnen Abbruchmaterial abtransportiert wurden und die Bagger rund 5500 Kubikmeter Erde bewegten.

Alte Fassade, neuer Platz

„Es war eine spektakuläre Aufgabe, die Wiederherstellung des Altbestandes mit einem modernen Neubau zu kombinieren“, zieht BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss Bilanz. Nach Plänen des Wiener Architekten Karl Köchlin 1895 erbaut, hatte das Gebäude schon mehrere Eingriffe hinter sich, und trotz Denkmalschutz war man nicht immer zimperlich gewesen. Vor allem die Anstückelung eines Eingangstrakts aus Beton 1970 verdeckte die ornamentgeschmückte Nordfront, Fenster wurden zugemauert, Kapitelle abgeschlagen. Der nunmehrige Abriss dieses Trakts brachte zwei Vorteile, sagt Uni-Rektorin Christa Neuper: Die dahinter liegende Originalfassade wurde freigelegt und in ihren ursprünglichen Zustand versetzt. Und es entstand vor dem Gebäude ein freier Platz: das neue Zentrum des gesamten Campusgeländes.
Der historische Lesesaal der Bibliothek gilt als besonderes architektonisches Schmuckstück. Die Einrichtung aus den 1890er-Jahren mit Arbeitstischen, Sitzplätzen und Regalen ist eine Spezialanfertigung des damaligen k. u. k. Hoftischlermeisters Anton Irschik. Sie wurde für die jetzige Sanierung abgebaut, auf Vordermann gebracht und abschließend eins zu eins wieder installiert. Sichtbar gemacht wurde darüber hinaus der ursprüngliche Terrazzoboden, der irgendwann in der 125-jährigen Geschichte unter einem Korkbelag verschwunden war. Was der Terrazzo aber erstaunlich gut überstanden hat.

Historismus mit Glasquader

Als „spannendes Zusammenspiel unterschiedlichster Stile“ bezeichnet Architekt Thomas Pucher das von ihm entworfene neue Gewand der Bibliothek, das Altes wieder sichtbar macht und mit neuer Architektur ergänzt. Markantestes Element ist ein Glasquader, den Pucher über Lesesaal und Vorplatz schweben lässt. Dort sind 650 Arbeitsplätze für Studierende untergebracht. Die Unterseite der über den Platz ragenden Auskragung wurde von der Wiener Künstlerin Anna Artaker gestaltet und zeigt die Nachempfindung einer Lehrbuch-Illustration zum perspektivischen Zeichnen aus dem Jahr 1642. Die Wahl des Motivs war kein Zufall: Der Autor des Lehrbuchs, der französische Mathematiker Jean Dubreuil, war Jesuit – genauso wie die Gründer der Grazer Universität.

Die Universitätsbibliothek Graz präsentiert sich nach ihrem Umbau in neuem Kleid.
Die Universitätsbibliothek Graz präsentiert sich nach ihrem Umbau in neuem Kleid.Uni Graz/BIG

Worauf man anno 1895 freilich noch nicht geachtet hat, war eine ökologisch effiziente Haustechnik. Das hat man nun nachgeholt. Beschattungsanlagen mit Lichtlenkungseigenschaften reduzieren im Sommer die Hitze, während im Winter die Glasflächen zur passiven Nutzung der Sonnenenergie verwendet werden. Die Lüftung funktioniert mit Wärmerückgewinnung. Aus Glas ist auch die Überdachung des Bereichs zwischen dem Uni-Haupthaus und der Bibliothek. Eine neue Aufgabe haben die ehemaligen Magazinräume im Keller. Wo einst Bücher darauf warteten, ausgeliehen zu werden, wird man künftig Vorträgen lauschen. Neuper: „Entsprechend der 430-jährigen Geschichte der Universität umfasst der neue Hörsaal 430 Sitzplätze, die von Absolventen gestiftet wurden.“ Auf jedem Platz steht der Name des Stifters samt einem Zitat. Ein nunmehriger ORF-Moderator hinterließ den Spruch „Studier – sonst geht's dir wie mir.“

Zum Gebäude

Die 1895 erbaute Grazer Universitätsbibliothek ist mit vier Millionen Werken die umfangreichste wissenschaftliche Bücherei der Steiermark. Rund 330.000 davon finden im renovierten Gebäude ein neues Zuhause, die anderen sind in einzelnen Instituten untergebracht. Büroflächen kosten in Graz zwischen 6,8 und 11,3 Euro/m2, Mietwohnungen zwischen 6,9 und 9,9 Euro/m2 .
Tipp: Am 26. September wird die „neue“ Bibliothek festlich eröffnet. Führungen: http://ub.uni-graz.at

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