Zusatzflächen: Radboxen, Weinkeller und Hundewaschräume

Degustationsraum. Zum Verkosten edler Tropfen gehört eine gute Atmosphäre.
Degustationsraum. Zum Verkosten edler Tropfen gehört eine gute Atmosphäre. (c) 2016 ZoomVP
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Luxuriöse Verwandte aus der Familie der Gemeinschaftsräume.

Es ist nicht gerade die Waschküche von einst, die in den Millionenobjekten der Stadt jetzt wieder zu neuer Ehre gelangt. Aber zumindest ein paar luxuriöse Verwandte aus der Familie der Gemeinschaftsräume werden seit kurzem wieder gesellschaftsfähig. Und das in Kreisen, in denen man sich nicht nur eine eigene Waschmaschine, sondern die dazugehörige Hausangestellte, die sie bedient, leisten kann.
Aber nur, dass man sich alles ganz privat leisten kann, heißt nicht zwangsläufig auch, dass man das will. Das Gedankengut der Shared Economy und ebenso der Trend hin zu teuren, aber kleineren Einheiten, haben die Käufer hochwertiger Wohnungen schön langsam auf den Geschmack gebracht, dass man nicht jeden Raum, den man alle heiligen Zeiten einmal nutzt, innerhalb der eigenen vier Wände haben muss. Denn selbst wenn man nicht bereit ist, das Haus zu verlassen, liegt der Weg ins Foyer noch innerhalb der eigenen Komfortzone. Was Entwickler, Planer und Investoren freut – denn die Flächen im Erdgeschoß oder Mezzanin gehören gemeinhin nicht zu jenen, die sich für teures Geld verkaufen lassen. Als sinnvolle Gemeinschaftsflächen können sie aber durchaus dazu beitragen, den Wert der restlichen Quadratmeter zu erhöhen und außerdem einen USP im Wettbewerb mit den anderen luxuriösen Liegenschaften zu kreieren, die derzeit auf dem Markt sind.

Weinkeller bis Wellness. Der Phantasie waren bei den Planungen der jüngeren Vergangenheit wenige Grenzen gesetzt: Von großzügigen Conciergebereichen über Weinkeller samt Gewölbe und repräsentativ gemachtem Degustationsbereich bis zu Veranstaltungsräumen, die den passenden Rahmen für den Kindergeburtstag oder die Firmenbesprechung bilden; von Fitness- und Wellnessbereichen bis hin zu Doggy-Waschräumen, durch die das Styling des Vierbeiners nicht zur Belastung für das eigene Marmorbad wird, reichen die Angebote. Aber nicht alles, was erdacht wird, wird auch angenommen – und schon gar nicht in allen Projekten. „Wirklich gut funktionieren diese ,Amenities‘ unserer Erfahrung nach bei eher kleineren Wohnungen“, erklärt Martin Müller, Geschäftsführer von JP-Immobilien. Wenn die Wohnung in Wien eher der Zweitwohnsitz ist, liegt es nahe, Dinge auszulagern, die nicht täglich genutzt werden.

Platz zum Feiern und Liefern. Ganz oben auf der Beliebtheitsliste stehen Orte, an denen man sich als guter Gastgeber zeigen kann, ohne die eigene Wohnungstür öffnen zu müssen. „Räume, in denen man feiern kann, werden am besten angenommen“, berichtet Sandra Bauernfeind, Prokuristin von Ehl-Immobilien, das gelte für Kindergeburtstage genauso wie für Degustationen im Weinkeller.

Ähnlich populär sind deutlich pragmatischere und ungleich weniger prätentiöse Räume, nämlich Lieferboxen aller Art. In Zeiten von Amazon und Co., sowie Arbeitszeiten, die nicht mehr mit den klassischen Ladenöffnungszeiten konform gehen, kommt der Zustellbarkeit bestellter Waren eine ständig wachsende Bedeutung zu. Weshalb es inzwischen zahlreiche Serviceideen gibt, wie auch ohne Concierge im Haus die Packerln oder die Lieferung vom Feinkosthändler sowohl zugestellt als auch frischgehalten werden können. „Da gibt es beispielsweise bei den Postkästen Anlieferungsräume mit elektronischen Boxen darin“, erklärt Müller. Was Entwickler wie Bewohner zu schätzen wissen: „In weniger attraktiven Hausbereichen lassen sich Zugänge von außen schaffen, die von den Lieferanten mittels elektronischer Codes genutzt werden können, sodass diese gar nicht mehr ins Haus müssen“, so Bauernfeind. Die Konzepte reichen dabei von gekühlten Boxen für die Lebensmittellieferung bis zu Spinden, in die die Putzerei die sauberen Hemden hängt.

Gewinner: Radboxen und Lagerräume. Auch noch ein Stockwerk tiefer erfreuen sich neue Zusatzräume großer Beliebtheit, wie Peter Hack, Geschäftsführer der Liv Immobilienvermarktung, berichtet. „Wir merken, dass die Kunden inzwischen sehr gesundheitsbewusst sind und private Fahrradboxen in der Garage immer wichtiger werden.“ Die oftmals teuren Zweiräder wollen aber nicht in einem allgemeinen Radraum abgestellt werden. „Ein Thema sind inzwischen auch Varianten mit Steckdosen für E-Bikes“, so Hack. Für zusätzliche Lagerräume auf Garagenebene seien die Käufer ebenfalls bereit, Preise wie für den normalen Erdgeschoßquadratmeter zu bezahlen, um dort die Golfausrüstung oder das Paddelboot zu verstauen. Außerdem stellt der Immobilienvermarkter eine zunehmende Bedeutung in Sachen gemeinschaftliche Grünanlagen fest. „Und wenn es nur der Innenhof ist: Die gärtnerische Gestaltung und ein paar schöne Pflanzen sind stark nachgefragt.“

Verlierer: Saunen und Pools. Aber nicht alles, was sich in der Planung erfolgversprechend anhört, begeistert den potenziellen Kunden letztendlich wirklich. Zum einen verlieren selbst die solventesten Käufer nur selten die Betriebskosten aus den Augen, weshalb manches Angebot gut durchgerechnet sein sollte, zum anderen wählen die Kunden sehr genau aus, was sie wirklich brauchen. Besonders deutlich zeigt sich das am Thema Wellness-/Fitness-/Spabereich. „Ein Pool ist häufig ,too much‘“, weiß Müller, „da muss man auch in einem Privathaus die gleichen hygienischen Standards erfüllen, wie in einem öffentlichen Bad – und damit explodieren dann schnell die Betriebskosten.“ Auch Saunen seien eher wenig gefragt, „das ist für viele einfach ein hygienisches Thema“, weiß Bauernfeind. Auch aufwendige Fitness-Räume zahlen sich selten aus, da die meisten Bewohner ohnehin eine Mitgliedschaft in einem Studio oder einen Personal Trainer haben. Mit ein paar gut gewarteten Laufbändern, auf denen man vor oder nach der Arbeit im Haus noch ein wenig laufen kann, lassen sich diese Bewohner aber trotzdem glücklich machen. „Auch ein Massage- oder Yogaraum wird angenommen“, so die Maklerin.

Wichtig: Streng sein! Das Um und Auf bei all diesen Gemeinschafts- und Zusatzräumen sei immer die Verwaltung, die über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Dazu gehört die Buchbarkeit mancher Räume, und das Durchsetzen gewisser Regeln, an die sich auch der Millionär aus dem Penthouse halten muss. „Das ist ganz wichtig und wir sind bei unseren Projekten von Anfang an sehr streng, vielleicht übertrieben streng gewesen“, berichtet Müller. Was die Öffnungszeiten der Gemeinschaftsräume und deren Exekution betrifft, aber auch die Regeln, was wie wieder zu übergeben ist. „Dazu gehört, dass mit der Buchung des Salons die Buchung einer professionellen Reinigung verbunden ist, die die Qualität sicher stellt“, gibt Müller ein Beispiel. „Und es nicht heißt ‚Ach, da wischt unsere Reinigungsfrau dann hinterher kurz durch.‘“ Da sind die Regeln also fast wieder so streng wie einst in der Waschküche – allerdings jetzt in deutlich edlerem Ambiente.

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