Gewächshäuser: Sagen Sie niemals Gartenhäuser zu ihnen!

Orangerien. Unter Maria- Theresia waren sie der  letzte Schrei.
Orangerien. Unter Maria- Theresia waren sie der letzte Schrei. (c) Hartley Botanic
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Luxuriöse Gewächshäuser halten jetzt auch in Österreich wieder Einzug in die Gärten.

Kaiserin Maria-Theresia hatte eine und Queen Anne auch: Orangerien waren im 17., 18. und 19. Jahrhundert der letzte Schrei im gehobenen Gartenwesen. Wer im Barock in Sachen Freiflächen etwas auf sich hielt, kam von Paris über London und Potsdam bis Wien kaum ohne aus. Mit dem Nachlassen von Palastbauten unterblieb dann naturgemäß für lange Zeit, zumindest in Österreich, auch das Errichten wirklich schöner gläserner Unterkünfte für Zitrusfrüchte und andere Pflanzen. Wenn überhaupt gab es eher praktische Glas- und Gewächshäuser, in denen höchstens der Hibiskus überwinterte und die frühen Tomaten gezogen wurden.

Gläserne Gartenhäuser

In England und Frankreich war die Liebe zu aufwendigen Glas- und Gewächshäusern dagegen nie erkaltet. Seit knapp zwei Jahren haben zumindest die Briten den österreichischen Markt wiederentdeckt und beginnen mit dem Export gehobener gläserner Gartenhäuser, wie Gartenplanerin und Ziviltechnikerin Birgit Fischer-Radulescu berichtet: „Firmen wie Hartley Botanic oder Alitex haben schon lange wirklich wunderschöne britische Gewächshäuser gebaut, allerdings bisher nie exportiert, da die Nachfrage nicht da war“, weiß die Wiener Gartenexpertin, die selbst in England gelebt und gearbeitet hat. „Jetzt kommen die prestigeträchtigen Gewächshäuser aber teils über Deutschland, teils direkt nach Österreich“, so die Inhaberin von Pupurgrün Landschaftsarchitektur. Ab einer gewissen Größe sei es aber auch durchaus sinnvoll, das Gewächshaus direkt nach den eigenen Vorstellungen von einem Architekten oder Baumeister planen und bauen zu lassen – gerne nach den schönen britischen oder französischen Vorbildern mit Ziegelsockeln, Giebelchen und mehr oder weniger filigranen Rahmen zwischen den Glasflächen.

Beete, Kuchl, Kabinett

Eine gewisse Größe ist schnell erreicht, wenn man erst einmal zu planen beginnt und merkt, was nicht alles möglich ist, in diesen Gartenhäusern der anderen Art. Denn nur für das Überwintern der empfindlichen Pflanzen und die ersten Frühbeete sind diese Exemplare viel zu schade. Zumindest fließend Wasser braucht es ohnehin, weshalb dann auch der Stromanschluss kein großes Thema mehr ist – und damit sind den Möglichkeiten der Nutzung kaum mehr Grenzen gesetzt.

„Man kann einen romantischen Sitzplatz dort hineinplanen“, sagt Fischer-Radulescu, „manche lassen sich eine Fußbodenheizung und eine Küche einbauen, außerdem gibt es fast immer eine kleine Terrasse direkt am Glashaus“, so die Gartenplanerin. Häufig werde ein Wohnbereich durch eine kleine Mauer oder Glasschiebetür von den Beeten abgetrennt, manche Gewächshäuser haben eine eigene Hütte für die Geräte. Außerdem sei ein Glashaus im Sommer ein guter Platz zum Schlafen, „denn man kann die Glasklappen aufmachen und hat dann einen schönen Luftzug, da die Luft zirkuliert.“

Winterfest und stylish

Ein Muss nicht für die Menschen, aber für die Pflanzen sind außerdem Beschattungssysteme. Und wenn es sehr kalt wird, sind die Beetbewohner dankbar für die Segnungen einer Fußbodenheizung. Glaseinbrüche sind selbst bei starkem Schneefall nicht zu befürchten, wie Fischer-Radulescu erklärt: „Meistens haben sie sehr steile Dächer und sie sind so ausgelegt, dass sie die heimische Schneelast tragen“, so die Ziviltechnikerin. Ab einer gewissen Größe – die je nach Bundesland schwankt, meist sind es zehn Quadratmeter – brauchen die Häuser eine Baubewilligung.

Das Innere darf nach Fischer-Radulescus Erfahrungen dem Äußeren an Eleganz nicht nachstehen. Hier wird stylish gegärtnert, mit Beet-Einfassungen aus Eiche, Teak oder Alu, gern weiß lackiert für die besondere Optik. Bei den Möbeln und Gartengeräten wird Wert auf den passenden Stil gelegt, der von Klassikern in Rattan und Holz bis zu modernen Möbeln, beispielsweise von Unopiù variiert. „In diesen Gewächshäusern soll einfach alles gut aussehen, die Geräte sind aus schönem Holz und traumhaft geschmiedet“, weiß die Gartenplanerin, „beispielsweise von Manufactum oder Burgon & Ball.“

Kanzleien und Ateliers in Baumhäusern

Neben den edlen Glashäusern aus Großbritannien hat noch ein anderes Gartendomizil seinen Weg nach Österreich gefunden: In Mödling betreibt seit einiger Zeit Beate Wittmann eine offizielle Niederlassung der „Highlife Treehouses“ – die auf der Insel mit Baumhäusern im ganz großen Stil erfolgreich sind. Denn mit der kleinen Holzplattform, die der Nachwuchs über eine Strickleiter erklimmt, haben diese Objekte nichts zu tun: Da gibt es Kuppeln, Türme, Zimmer, Küchen und Bäder. Da werden unter Baumkronen Rechtsanwaltskanzleien und Künstlerateliers betrieben. „Das hat in Großbritannien eine ganz andere Tradition“, berichtet die Inhaberin von Baumkunst Mödling, die derzeit die einzige Anbieterin derartiger Baumhäuser in Österreich ist, „und hält in Österreich erst langsam Einzug in die Köpfe.“

Büroräume und Yogazimmer

Wer sich auf die Idee einlässt, kann sogar ohne jahrhundertalten Baumbestand den Traum vom Haus in der Höhe verwirklichen und dabei ungeahnte Perspektiven auf dem eigenen Grund erleben: „Man entscheidet durch die Höhe der Plattform, was man sehen möchte“, erklärt Wittman. „Und legt das Ganze dann so an, dass man vielleicht die Berge, nicht aber den Nachbarn im Blick hat.“ Voraussetzung dafür ist lediglich ein Baugrund. „Man kann Baumhäuser auch auf Stelzen bauen oder zwischen zwei Bäume und diese mit Brücken verbinden“, erklärt Wittmann.

Durch diese Konstruktionsweisen seien den Baumhäusern so gut wie keine Grenzen gesetzt: Es gibt Varianten, die als Yogaraum, Büro, Gästehaus oder Altersruhesitz dienen. „Sogar 100 Quadratmeter mit Außenterrasse sind kein Problem, diese Häuser werden von einem Architekten geplant, der auch die Statik verantwortet. Technisch ist alles möglich, ich kann Baumhäuser bauen, unter denen ich mein Auto parke und mit dem Lift hinauffahre“, nennt Wittmann Beispiele, die bisher noch in der Planung sind. Wobei turmartige Aufbauten durchaus schon realisiert wurden, „gerne mit einem sogenannten Birdsnest, einem Ausguck ganz oben“, so Wittmann.

Auch bei den Materialien ist eine große Vielfalt möglich, „Holz, Stahl, wenn man die Optik mag, ich habe aber eine Kundin, die ihr Baumhaus ganz aus Kunststoff haben möchte. Die Baumhäuser von Franz Steiner im Waldviertel (Baumhaus-Lodge in Schrems, Anm.) sind aus Stahl, Beton und Glas“, weiß Wittmann. „Unser Techniker hat den Traum, sich eines Tages in einem Baumhaus zur Ruhe zu setzen, das auf Knopfdruck herunterfährt“, lacht die Baumhaus-Expertin. Aber bis dieser Traum in Erfüllung geht, wird es wohl noch eine Weile dauern. 

("Die Presse", Luxury Estate, 07.04.2018)

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