Stauraum: Wohin mit dem Fahrrad oder dem Wäscheständer?

Ankommen. Lieber ein paar Quadratmeter im Wohnsalon für eine Garderobe opfern.
Ankommen. Lieber ein paar Quadratmeter im Wohnsalon für eine Garderobe opfern.(c) Getty Images/iStockphoto (KatarzynaBialasiewicz)
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Was in der Planung beim puren Luxus nicht übersehen werden darf, damit es beim Wohnen dann übersehen werden kann.

Wenn’s ein bisschen teurer sein darf, darf es gern auch perfekt sein. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen der Luxuskäufer eher mit der Qual der Wahl konfrontiert ist und das Wort Kompromiss so gar nicht in das Vokabular des vermögenden Quadratmeterinteressenten passt. Wer gut fünfstellige Beträge dafür ausgibt, erwartet sich, dass an alles gedacht ist, jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird – und das noch, bevor die ersten Pläne gezeichnet worden sind. Allein: Die Realität sieht anders aus. Da gibt es Schrägen, die keiner will, fehlen Abstell- und Wirtschaftsräume oder kommen die Besitzer des millionenschweren Luxuspenthouses mit offenem Konzept bei der Housewarmingparty drauf, dass die Gäste zwar hollywoodreif aus dem Lift direkt in den stylischen Wohnsalon treten – aber niemand weiß, wohin mit den Mänteln.

Fehler oder Notwendigkeit? Auch am Bedarf wird manches Mal ordentlich vorbeigeplant: Von der Feststellung, dass etwas gesucht wird, bis zu einem existierenden Angebot können viele Jahre voller Genehmigungen und Planungen vergehen. Die Besitzer von vor fünf Jahren aufwändigst sanierten Villen im 19. können davon genauso ein Lied singen wie die Makler im Wiener Speckgürtel, die derzeit jede Menge kleiner Luxuswohnungen verkaufen könnten, aber nur große Häuser beziehungsweise Penthäuser vorfinden. Woran liegt es aber, dass sogar die besten Architekten und Entwickler immer wieder Ergebnisse erzielen, an denen die Kundschaft hinterher herumnörgelt? Womöglich daran, dass es perfekt nicht gibt oder niemand bereit ist, für perfekt-perfekt auch wirklich entsprechend zu zahlen. „Die Suche nach dem optimalen Grundriss ist eine ewige Suche, die aber nie ans Ziel führen wird", bringt es Peter Havlik, Geschäftsführender Gesellschafter der Piment Immobilien & Investment GmbH auf den Punkt. Und Johanna Seeber, Geschäftsführerin der Seeste, hinterfragt, ob diese Fehler wirkliche Fehler oder schlicht dem steigenden Kostendruck geschuldet sind: „Man muss sich vor Augen halten, dass die Kosten für Wohnflächen und funktionelle Räume die gleichen sind", verdeutlicht sie. Und bei den derzeitigen Preisen ist es ein Abwägen, ob sich ein potenzieller Käufer um 20.000 Euro lieber einen Quadratmeter Abstellraum oder einen Quadratmeter Wohnsalon mehr leistet. Und auch Peter Hack, der nach langen Jahren zunächst als Makler und dann Geschäftsführer des Bauträgers Liv gerade sein eigenes Unternehmen als selbstständiger Immobilienmakler gegründet hat, betont, „dass die Preise hoch sind und sich die Kunden derzeit schon sehr genau mit der Materie auseinandersetzen", ehe sie eine Entscheidung fällen – und dabei durchaus realistisch seien.

Luft nach oben. Manche Details haben aber allem Verständnis zum Trotz noch Luft nach oben, sind sich Makler wie Bauträger einig. „Was meiner Erfahrung nach wirklich fehlt, ist, mehrere Varianten anzubieten", verrät Hack. „Die meisten Käufer wären bereit, sich damit auseinanderzusetzen und haben auch Verständnis für Notwendigkeiten wie die Planung entlang der Abflüsse und Stränge im Haus", so der Makler. Und wenn im Rahmen dieser Parameter mitentschieden werden könne, ob eine Wohnung zwei oder drei Schlafzimmer haben soll, wäre das ein echtes Asset. Ein anderes großes Thema, das seiner Erfahrung nach am Plan oft übersehen wird, auf die Kunden aber große Wirkung hat, ist der Tageslichtfaktor in den Bädern.

Auch die Nebenflächen seien ein wichtiger Aspekt, wie Seeber betont, allerdings müsse man hier wirklich unterscheiden, ob es um große oder die ebenfalls immer beliebteren kleinen Luxuswohnungen gehe. Denn wer grundsätzlich an teuren Quadratmetern sparen will, muss entsprechend auch auf manchen Komfort verzichten, besonders eben bei den Nebenflächen. „Dabei sind häufig die einst so wichtigen Wirtschaftsräume verloren gegangen", weiß die Seeste-Chefin, „genau wie die klassische Speis."

Wohin mit Speis und Mist? Was aber nicht nur kleineren Flächen, sondern auch modernen Konzepten geschuldet ist: Denn wenn die Küche als Insel mitten im Raum steht, gibt es eben keine Speis. Die Alternative seien hier Apothekerschränke, aber ob diese ein echter Ersatz sind, sei dahingestellt. „Und was wirklich oft fehlt, sind klassische Abstellräume beispielsweise für den Staubsauger, den Wäscheständer, Golfbags oder das Gepäck. Allein das braucht beispielsweise bei einer vierköpfigen Familie, in der heute jeder mindestens einen oder zwei Koffer hat, richtig viel Stauraum", nennt Seeber weitere Beispiele. Ebenso die Mäntel und Schuhe der Familienmitglieder, aber auch der Gäste: „Deshalb ist eine begehbare Garderobe am Eingang nicht nur für Gäste sinnvoll", so die Entwicklerin, „auch die Bewohner wollen nicht erst durch die ganze Wohnung gehen, um ihre schmutzigen Schuhe dann im begehbaren Kleiderschrank abzustellen." Noch schwieriger wird es allerdings mit den Räumen für jene Dinge, die niemand in der Nähe haben will. Weil sie Lärm oder Geruch verbreiten oder Dinge beherbergen, die beim Hinein- und Hinausbefördern dazu neigen, Spuren zu hinterlassen. Aber irgendwo müssen die Mistkübel, die Fahrräder und auch die Haustechnik nun einmal selbst im nobelsten Haus hin – was die Entwickler immer wieder vor Herausforderungen stellt, die sich auf unterschiedlichste Wege lösen lassen.

„Für diese Bereiche muss man einfach in den besten Stand der Technik investieren", ist Seeber überzeugt. „Wir hatten beispielsweise im ‚Schillerplatz‘ die Situation, dass wir die Räume für die Lüftung und Kühlung in die Wohnbereiche einbauen mussten. Und das ist mit entsprechendem Schallschutz so gut gelungen, dass man davon nichts mehr mitbekommt – und von außen auch nichts sieht."

Hack favorisiert dagegen die Variante, diese Räumlichkeiten möglichst weit aus dem optischen wie olfaktorischen Wahrnehmungsbereich der künftigen Bewohner zu verbannen: „Misträume oder auch Fahrradräume sind meiner Meinung nach am besten so geplant, dass sie im Erdgeschoß und nur von außen begehbar sind", plädiert er für ein Auslagern der Problemzonen. Denn die meisten Hausbewohner seien eher bereit, auch bei schlechtem Wetter kurz vor die Tür zu gehen, als täglich ein Foyer zu durchqueren, in dem es unangenehm riecht oder jede Menge durchgeschobene Räder Wände und Böden ramponiert haben.

Keine echten Patzer. Überhaupt gehören gerade die Allgemeinflächen, aber auch die Fassaden für Havlik zu den Faktoren, bei denen selbst im Luxussegment durchaus Optimierungsbedarf vorhanden ist: „Die Architektur des Hauses, die Fassaden, die Außenanlagen und die Allgemeinflächen sind schon oft noch lustlos gestaltet", stellt er fest. „Aber echter Luxus beginnt nun einmal nicht bei der Wohnungs-, sondern bei der Haustür." In einem sind sich die Makler und Entwickler bei aller potenziellen Luft nach oben aber einig: So richtig, richtig schlimme Patzer und Planungsfehler kommen im Wiener Luxussegment eher nicht vor. Oder wenn, werden sie schnell und leise behoben. 

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