Klagen gegen rauchenden Nachbarn?

Landesgericht Hamburg billigt Mieter, der sich durch Rauch von Nachbars Balkon gestört fühlte, Zinsminderung zu. Experte sieht Rechtslage in Österreich analog.

Wien. Wer reißt bei Temperaturen wie jenen der vergangenen Woche nicht gern Balkontüren und Fenster auf, um zu lüften, wenn es kühler wird? Und welcher Nichtraucher ärgert sich nicht, wenn sich in die frische Luft Zigarettenrauch des Nachbarn mischt? Das Landesgericht Hamburg hat ein Urteil gefällt, das möglicherweise gewisse Abhilfe in dieser Situation schafft. Das Gericht hat nämlich einem vom Rauch gestörten Mieter eine Minderung des Mietzinses um fünf Prozent zugebilligt. Das bringt zwar nicht den Zigarettenrauch weg, setzt aber den – zunächst unbeteiligten – Vermieter unter Druck, etwas gegen die Geruchsbelästigung zu unternehmen. Und all das dürfte nach Expertenmeinung in Österreich genauso gelten.

Der deutsche Mieter hatte darüber geklagt, dass die beiden Bewohner im Stockwerk unter ihm von früh bis spätabends stündlich zwei Zigaretten auf dem Balkon rauchten. Der Rauch fing sich unter der Dachgaube über seinem Fenster und verleidete ihm das Lüften. Weil dieses aber zur normalen Nutzung der Wohnung gehört, braucht der Mieter nur noch weniger Miete zu zahlen.

„Die Rechtslage in Österreich deckt sich in den hier relevanten Bereichen des Bestandvertragsrechts praktisch gänzlich mit der in Deutschland“, schreibt Gert Iro, Professor für Zivilrecht an der Uni Wien, in der Juni-Ausgabe der Zeitschrift „Recht der Wirtschaft“. Iro zufolge müsse man auch in Österreich von einer Störung des üblichen Gebrauchs des Bestandobjekts ausgehen, „wenn von einem anderen Mieter hervorgerufener Zigarettenrauch regelmäßig einzudringen droht“. Weil nach medizinischen Erkenntnissen Passivrauchen der Gesundheit schade, könne man von einem besonders gravierenden Mangel sprechen, der sogar zur sofortigen Auflösung des Mietvertrags berechtige – und erst recht zum weniger einschneidenden Behelf der Mietzinsminderung.

Allerdings, räumt Iro ein, sei weder das eine noch das andere eine befriedigende Lösung – auch deshalb nicht, weil sie allein zulasten des Vermieters gehe. Und der werde sich schwer tun, Raucher auf gütlichem Weg davon abzubringen, außerhalb ihrer Wohnung zu rauchen. Iro ist übrigens selbst Mieter in einem Haus, in dem ein Angestellter sich gern im Stiegenhaus Zigaretten anzündet.

Bliebe also nur eine Unterlassungsklage (des Vermieters) gegen den Raucher, deren Ausgang höchst ungewiss sei: Einmal könne der Erfolg davon abhängen, ob der Richter Raucher oder Nichtraucher sei; außerdem müsse man berücksichtigen, dass Rauchen – ungeachtet der Gefährdung anderer – in weiten Teilen der Bevölkerung „quasi zu den grundrechtlich geschützten persönlichen Freiheiten“ gezählt werde. Genau das könnte auch dagegen sprechen, dass Vermieter schon beim Abschluss des Mietvertrags ein wirksames Verbot des Rauchens auf dem Balkon vereinbaren dürften.

Für striktes Rauchverbot

Iro sieht als einzigen Ausweg ein entschlosseneres Vorgehen des Gesetzgebers: „Ich halte ein totales Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Räumen und Lokalen samt Vorgärten und Eingangsbereich für äußerst wünschenswert“, so Iro zur „Presse“. Das helfe zwar im Balkonfall nicht direkt, aber: „Der konsequente gesetzliche Schutz vor Beeinträchtigungen durch Zigarettenrauch würde meines Erachtens die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen erleichtern.“

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