Wohnungskauf: Nachdenkpause vor dem Zuschlag

Auf Käufer von Wohnung oder Haus lauern viele Fallstricke. Umfangreiche Information und eingehende Beratung im Vorfeld schützen vor bösen Überraschungen.

Nicht immer ist der Eigentümer Herr auf seinem eigenem Grund und Boden. Das musste vor Kurzem ein Wiener erfahren, der eine elegante Villa mit großem Garten erwarb. Als er die Ruhe seines neuen Refugiums erstmals genießen wollte, bemerkte er Menschen, die ungeniert über sein Grundstück spazierten. Er stellte sie empört zur Rede und bekam zu hören, dass hier schon seit Jahrzehnten ein Durchgang bestehe. Da im Grundbuch kein Servitut eingetragen war, beschwerte sich der Mann bei der Gemeinde. Dort bekam er zu hören, dass es den Pfad schon lange gebe und man nichts dagegen machen könne.

Servitutsrechte & Baufehler

„Hier handelt es sich um ein sogenanntes ersessenes Servitutsrecht“, erklärt Rechtsanwalt Alfred Nemetschke, „und dagegen lässt sich tatsächlich kaum etwas unternehmen.“ Die Spaziergänger mit einem hohen Zaun auszusperren, könnte dem Käufer sogar seinerseits eine Klage einbringen. Einzige Chance sei es, so Nemetschke, den Kaufvertrag anzufechten, falls der Verkäufer diesen gravierenden Nachteil der Immobilie wissentlich verschwiegen hat. Der Rechtsanwalt kennt Dutzende solcher Stolpersteine, die die Freude an einer neu erworbenen Immobilie trüben können. Und nicht nur beim Einfamilienhaus, auch beim Wohnungskauf lauern Fallstricke, weiß seine Kollegin Alexandra Huber: „Ein häufiger Fehler ist hier, dass bei einem Projekt zugeschlagen wird, obwohl noch keine rechtskräftige Baugenehmigung existiert.“ Die ärgerliche Folge: Wird das Bauvorhaben mangels Genehmigung abgeblasen, ist das in die Immobilie investierte Geld so lange blockiert, bis die Rückabwicklung des Kaufvertrages über die Bühne gegangen ist. Und das kann Monate dauern.

Bauqualität, die nicht den Erwartungen entspricht, oder anstelle des Grünblicks eine Hauswand vor dem Fenster sind weitere nicht gerade seltene Enttäuschungen beim Kauf eines Eigenheims in der Planungsphase. Dagegen hilft nur sich zu informieren – und ein guter Vertrag: „Der Käufer sollte sich die Pläne genau erklären lassen und sie zum Vertragsinhalt machen“, betont Huber. Wobei die Anwälte grundsätzlich empfehlen, beim Kauf einer Immobilie Beratung sowohl durch Rechtsexperten als auch durch Bautechniker in Anspruch zu nehmen. „Für viele Menschen ist das Eigenheim die größte Investition ihres Lebens, daher sollte man sicherstellen, dass der Kauf allen Erwartungen gerecht wird“, sagt Nemetschke. Lohnend ist vor dem Kauf eines Eigenheims außerdem ein Blick in den in der Gemeinde aufliegenden Flächenwidmungsplan. „Man ersieht daraus, was in der Umgebung gebaut werden kann“, erklärt Erich Dallhammer, Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für Raumplanung. Nicht nur ein Gewerbe- und Industriegebiet in unmittelbarer Nähe kann die Freude am neuen Heim trüben: „Eine Widmung für landwirtschaftliche Nutzung heißt, dass ein Bauer hier einen Stall betreiben kann und vielleicht um fünf Uhr früh der Hahn kräht“, ergänzt der Experte. In vielen Gemeinden existieren örtliche Entwicklungskonzepte, in denen künftige Widmungen festgehalten sind – etwa, ob die grüne Futterwiese am Ende des eigenen Grundstücks in Zukunft möglicherweise in Bauland umgewidmet wird. Bei einer solchen Umwidmung ist, so Dallhammer, die Gemeinde aber verantwortlich, dass es zu keinen gegenseitigen Störungen kommt.

Gefahr am Wasser

Liegt das ins Auge gefasste Eigenheim in der Nähe eines Flusses, sollte man sich vor dem Kauf außerdem über die Hochwassergefahr erkundigen, rät Dallhammer. Manchmal sind die Gefahrenzonen in den Flächenwidmungsplänen eingezeichnet. In einigen Bundesländern existieren bei der jeweiligen Landesregierung Informationssysteme, von denen auf Anfrage ein Kartenausschnitt der Region, in der sich die Immobilie befindet, angefordert werden kann.

Was Sie beachten sollten beim Kauf eines... Eigenheims

Tipp 1

Vertragsrecht. Im Kaufvertrag einer Immobilie findet sich immer öfter ein Haftungsausschluss, der den Verkäufer von Haftungen weitgehend befreit. Deshalb sollte besonders darauf geachtet werden, dass die rechtlichen Einzelheiten über die Benutzbarkeit, die Beschaffenheit der Immobilie und möglichst alle technischen Details darin genau festgehalten sind.

Tipp 2

Informationsquellen. Im Grundbuch sind verschiedenste Belastungen einer Immobilie eingetragen. Der Bauakt enthält die bauliche Geschichte einer Immobilie. Der Bebauungsplan zeigt, wie auf dem Grundstück gebaut werden darf. Im Flächenwidmungsplan ist zu sehen, wo in der Umgebung sich Bauland, Gewerbe- und Industriegebiet und Agrarland befinden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2014)

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