Darf der Vermieter die Wohnungsmiete erhöhen?

Bei einer Mietzinserhöhung ist zunächst zu prüfen, ob es sich um einen Mietvertrag handelt, der im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fällt oder nicht.

Die Rechtsanwältin Susanna Fuchs-Weißkircher von der Wiener Kanzlei Northcote berät und vertritt Klienten unter anderem im Immobilienrecht. In der aktuellen Immobilien-Rechtsfrage von "Immobilien.DiePresse.com" schildert sie den Fall eines Mieters zum Thema Mieterhöhung: "Ich bin seit 1.1. 2000 Mieter einer 80 Quadratmeter großen Altbauwohnung in Wien, in der ich mich sehr wohl fühle. In der Präambel meines Vertrages steht, dass meine Wohnung im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes liegt und die Richtwertmiete vereinbart wird. Gleich nach dem 1. Jänner hat mich mein Vermieter angerufen, dass er seit 1. April 2017 berechtigt sei, meine Miete an den aktuellen Richtwert anzupassen. Er erhöhe daher die Miete rückwirkend per 01.04.2017 drastisch. Es wäre ein Entgegenkommen, dass er die Miete nicht sofort im April erhöht habe. Ich soll daher den Rückstand auch gleich bezahlen. Gerade im Jänner nach den Weihnachtsfeiertagen fällt mir diese unerwartete Zahlung sehr schwer. Ich habe aber Angst, die Wohnung zu verlieren, wenn ich den Betrag nicht zahle." 

Bei einer Mietzinserhöhung ist zunächst zu prüfen, ob es sich um einen Mietvertrag handelt, der im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fällt oder nicht. Wurde eine wirksame Index-bzw. Wertsicherungsklausel vereinbart?  Wann wurde dem Mieter die Mietzinserhöhung schriftlich bekannt gegeben? Ab wann soll die Mietzinserhöhung wirksam werden?

Die meisten Mietverträge für Wohnungen enthalten eine sogenannte Wertsicherungsklausel, durch die der Vermieter aufgrund der allgemeinen Inflationsentwicklung den Mietzins regelmäßig anpassen kann. Bei Mietverträgen für "Altbauwohnungen" (in Gebäuden mit Baubewilligung vor dem 01.07.1953 bzw. vermietete Eigentumswohnungen mit Baubewilligung vor dem 09.05.1945), die ab dem 1. März 1994 abgeschlossen wurden, orientiert sich die Höhe des Mietzinses an den sogenannten Richtwerten, die alle zwei Jahre an den Verbraucherpreisindex angepasst werden. 

Gesetzliche Richtwerte

Der Vermieter kann den Mietzins nur den gesetzlichen Richtwerten entsprechend erhöhen. Die Richtwerte werden vom Justizminister für jedes Bundesland verlautbart. Zuletzt wurden die Richtwerte für Wien am 1. April 2017 neu festgesetzt.  Der Vermieter muss die Mietzinserhöhung dem Mieter 14 Tage vor Fälligkeit der neuen Miete schriftlich bekannt geben. Das Schreiben muss beim Mieter 14 Tage vor dem Zinstermin auch einlangen. Eine rückwirkende Mietzinserhöhung durch den Vermieter bei Mietverträgen im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes ist nicht zulässig. 

Im vorliegenden Fall ist die rückwirkende Geltendmachung der Erhöhung per 1.4.2017 rechtlich nicht möglich. Eine Erhöhung könnte frühestens für den Mietzins beginnend ab Februar wirksam werden, wenn im Mietvertrag eine wirksame Wertsicherungsklausel enthalten ist und dem Mieter das Schreiben 14 Tage vor Fälligkeit der neuen Miete zugeht. Es gilt daher abzuwarten, ob und wann der Vermieter die Erhöhung schriftlich mitteilt, die telefonische Ankündigung erzeugt noch keine Rechtswirkung.  

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