Wenn's noch das kleine bisserl mehr sein darf . . .

Schätze in der Innenstadt: Wohnen mit Geschichte, Geschäften, Ambiente und gläsernen Kuppeln auf dem Dach.

Ein bisserl was geht immer noch: Wer glaubt, dass mit einer toprestaurierten, großzügigen Dachterrassenwohnung im ersten Bezirk das Limit des innerstädtischen Wohnens erreicht ist, wird dieser Tage eines Besseren belehrt. Denn die vier Wohnungen im obersten Stockwerk des Palais Hansen, das kommende Woche nach aufwendiger Restaurierung eröffnet wird, haben neben diesen Attributen auch noch jeweils eine spektakuläre, gläserne Kuppel zu bieten – begehbar, wohlgemerkt.

„Architekt Boris Podrecca hat in diese Kuppeln eine gläserne Wendeltreppe hineingebaut, über die man die obere Ebene erreicht und dann auf die Terrasse hinaustritt“, beschreibt der für das Projekt verantwortliche Geschäftsführer der Strauss & Partner Development GmbH, Michael Wurzinger, das Innenleben der Dachaufbauten.

Luxuriöser „Untermieter“

Und auch sonst bleiben in den beiden oberen Etagen des Palais Hansen, in denen sich auf knapp 4500 Quadratmetern insgesamt 17 – „Residenzen“ genannte – Wohnungen befinden, kaum Wünsche offen. Privatlifte, die begehrten Garagenplätze und getrennte Serviceeingänge sind nur einige der Attribute, die dazu beigetragen haben, dass von den siebzehn Einheiten dreizehn bereits verkauft und vier laut Wurzinger „in sehr intensiven Gesprächen“ sind – bei Quadratmeterpreisen von 22.000 bis 25.000 Euro.

Die Tatsache, dass als „Untermieter“ mit dem Kempinski ein Fünfsterne-plus-Hotel fungiert, dessen Service und Einrichtungen mitgenutzt werden können, war der Nachfrage wohl auch nicht abträglich.

Um in der Liga der „Schätze in der Innenstadt“ mitspielen zu können, tun Objekte in Wien gut daran, neben dem State of the Art in diesem Segment – zu dem heute neben exklusivster Ausstattung, einem atemberaubenden Blick auch Bäder en suite zu jedem Schlafzimmer, getrennte Servicebereiche sowie Privatlift und Garagenplatz gehören – auch ein Stück der Wiener Geschichte zu verkörpern.

Geschichte und Emotionen

„Der Kunde kauft die Historie mit“, weiß Sandra Bauernfeind, Prokuristin von EHL-Immobilien. „Gerade im ersten Bezirk hat fast jedes Haus eine Geschichte, die es besonders macht, da sind mit den historischen Details oftmals Emotionen verbunden.“

Bei einem ihrer derzeitigen Projekte in der Schönlaterngasse 9 ist die Historie eine ganz besonders lange: Das Wohnhaus „Alte Schmiede“ stammt aus dem 16. Jahrhundert, liegt in einem der ältesten Teile der Innenstadt und wird derzeit nach historischem Vorbild aufwendig saniert, inklusive moderner Annehmlichkeiten wie Tiefgaragenplätzen und modernen Liften.

Neun Wohnungen entstehen in dem traditionsreichen Haus, das schon vor seiner Zeit als Kunstschmiede im ausgehenden Mittelalter als Ausspeisungsstätte diente, und heute neben den Wohnungen einen Kunstverein beherbergt. Schmuckstück ist eine 156 Quadratmeter große und 2,2 Millionen Euro teure Altbauwohnung im 4. Stock, die einen direkten Blick auf den Kirchturm der Jesuitenkirche und die Barockfassaden der Umgebung bietet.

Gefragt: Ambiente vor der Tür

Und die Bedeutung der Fassaden in der Nachbarschaft ist bei Objekten dieser Kategorie nicht zu unterschätzen. „In diesem Segment muss ein Objekt fehlerlos sein“, beschreibt es Elisabeth Rohr, die im Auftrag der Signa Holding die Wohnungen im goldenen Quartier verkauft. „Das bezieht sich auch auf das Drumherum. Und dieses ist beim goldenen Quartier natürlich absolut gegeben, da sind auch die Häuser rundherum alle toll, der Kunde bewegt sich einfach in einem schönen Ambiente“, so die Maklerin. Kunden in diesem Segment wollen definitiv im Luxusviertel sein, und orientieren sich natürlich an den Geschäften, die sie vor der Tür haben, so Rohr. Das Erlebnis wird auch hinter den Türen der ehemaligen Länderbankzentrale Am Hof keineswegs schlechter: Das Stiegenhaus beim Louis-Vuitton-Shop mit seinen beeindruckenden Lustern sorgt regelmäßig für ebenso viel Begeisterung bei den Interessenten wie die originalgetreu restaurierte Fassade mit ihren weißen Kacheln.

Elf Wohnungen sind hier im Angebot, die „kleinste“ mit 200 Quadratmetern, die größte einzelne mit 500 Quadratmetern, jeweils zuzüglich 50 Quadratmeter Terrasse, der Blick reicht von der Hofburg über den Stephansdom bis zum Rathaus. Vier davon sind bereits verkauft, und für die verbleibenden Objekte sei die Nachfrage extrem hoch, so die Maklerin. Der Preis wird mit ab 25.000 Euro pro Quadratmeter angegeben, für das Topobjekt kratzt er allerdings an der magischen 30.000er-Grenze.

„Schnäppchen“ am Schillerplatz

Dagegen muten die 17.000 Euro, die für Wohnungen im einstigen Hotel Britannia am Schillerplatz ausgerufen werden, fast wie ein Schnäppchen an. Das 1870 von Carl Tietz geplante Bauwerk wurde seit 2010 in Zusammenarbeit mit der Südtiroler Seeste Bau AG und dem Architekten Albert Wimmer revitalisiert, insgesamt 28 Wohnungen sind im Spannungsfeld von Klassik und Moderne entstanden. So weisen 17 Einheiten in der Beletage und im vierten Obergeschoß die begehrten Elemente der Wiener Klassik wie Flügeltüren, hohe Räume, Stuckdecken und Fischgrätböden auf; einige auch Balkone mit Blick auf den Schillerpark.

Die magische 1010

Die – teilweise dreigeschoßigen – elf Einheiten des Dachausbaus beeindrucken dagegen mit modernem Ambiente, kreativer Architektur und großzügigen Dachterrassen mit Blick auf Karlskirche, Albertina und Stephansdom. Allen gemeinsam ist die Lage zwischen Karlsplatz und Museumsquartier – und damit auch die begehrte 1010 als Postleitzahl. Und die hat nach wie vor ihren Wert. „Es gilt nun einmal nur der erste Bezirk als wirklich downtown, als erste Adresse“, beschreibt es Rohr, „das ist wie in London Hyde Park No. I, darüber gibt es auch nichts mehr.“ Und auch Bauernfeind betont, dass „das goldenen U nun einmal das goldene U ist“. Nichtsdestotrotz sei aber auch der Erste nicht immer erste Wahl: „Bei den 1960er- und 1970er-Jahre-Bauten am Franz-Josefs-Kai muss man definitiv Abstriche machen“, so die Expertin, der Ring sei eine Grenze, die es zu überwinden gelte, auch wenn Teile der anderen Seite durchaus noch zum ersten Bezirk gehören.

Die Schattenseite der Schätze

Das bestätigt auch Rohr: „Rund um das Rathaus ist natürlich eine sehr nette Wohngegend, aber da gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten, es fehlen die Geschäfte, die ein Kunde in diesem Segment nun einmal haben will.“ Allerdings nicht ausnahmslos jeder: „Eine Kundin hat mir kürzlich erklärt, wie belastend es sein kann, direkt in der Innenstadt zu wohnen – schließlich könne man nicht einmal ungeschminkt zum Milchkaufen aus dem Haus gehen“, erinnert sie sich. Das sind dann halt die Schattenseiten der „Schätze in der Innenstadt“. sma

Auf einen Blick

Residenzen im Palais Hansen:
17 Wohnungen, 22.000 bis 25.000 Euro
pro Quadratmeter, www.palaishansen.com

Goldenes Quartier: elf Wohnungen,
ab 25.000 Euro pro Quadratmeter,
www.goldenesquartier.at

Alte Schmiede:
Neun Wohnungen, ab 14.000 Euro
pro Quadratmeter, www.ehl.at

Schillerplatz 4:
28 Wohnungen, ab 17.000 Euro pro
Quadratmeter, www.schillerplatz4.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2013)

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