Wilhelminenberg: Grätzeltour mit Musikproduzent Thomas Rabitsch

Thomas Rabitsch auf der Jubiläumswarte Ottakring.
Thomas Rabitsch auf der Jubiläumswarte Ottakring.(c) DIMO DIMOV
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Viel Wald, Wein- und Schrebergärten machen den Wilhelminenberg zur grünen Oase von Ottakring. Grund genug, dass Musikproduzent Thomas Rabitsch nie von hier wegwollte.

Selten, aber doch verirren sich Touristen auf den Platz vor der Alt-Ottakringer Pfarrkirche am Fuße des Wilhelminenbergs. Schließlich steht hier mit der 10er Marie einer der ältesten Heurigen Wiens. Der 1740 erbaute Hof erinnert noch heute daran, was Ottakring einmal war: ein beschaulicher Weinbauernort. Ein paar Hundert Meter weiter, in der Sandleitengasse, ist Musikproduzent Thomas Rabitsch aufgewachsen. Die Straße bildet noch heute eine grau-grüne Grenze: Während stadteinwärts Manner-Fabrik, Ottakringer Brauerei und Brunnenmarkt das Stadtbild prägen, ist das Viertel um den Wilhelminenberg zu einer beliebten Wohnadresse geworden.

Zwischen Stadt und Wald


Auch Familie Rabitsch zog es Anfang der Siebziger den Berg hinauf. In die Wilhelminenstraße, "die sind wir oft mit dem Brettlhupfer (eine Art Seifenkiste) mit Karacho hinuntergefahren". Das Grätzel im Westen Wiens ist für den Musiker voller Erinnerungen. Bloß die 1980er-Jahre verbrachte er "in der Stadt", ging etwa mit Falco auf Tour und prägte die Wiener Musikszene mit. Wer heute an der Wilhelminenstraße 156 vorbeigeht, kann mit etwas Glück der Arbeit in seinem Tonstudio lauschen. An der von Kastanien gesäumten Straße gibt es auch sonst einiges zu entdecken. Die zwei einstöckigen Höfe (Nr. 102 und 104) mit den Reben im Vorgarten zeugen noch von der Zeit, als der Großteil des Berges aus Weingärten bestand. Deutlich jünger, aber auch schon alte Damen sind die typischen Villen im Cottage- oder Jugendstil.

Am "Berg" schätzt Rabitsch besonders jenen Teil, in dem Villen, modernere Einfamilienhäuser und Schrebergärten nach und nach dem Wienerwald weichen. Hier steht die 1785 vom Architekten Isidore Canevale erbaute verträumte Villa Aurora, die wegen ihrer ausgefallenen Cordon-Bleu-Variationen, dem Gastgarten und der Aussicht zum Verweilen einlädt.

Etwas oberhalb thront das Schloss Wilhelminenberg. 1781 erbaut, prägten dessen Besitzer auch den Namen des Grätzels. Wurde der als "Predigtstuhl" bekannte Berg nach seinem ersten Besitzer Gallitzinberg genannt, wünschte sich Fürst Montleart, der das Schloss 1865 seiner Frau Wilhelmine schenkte, nichts mehr, als auch den Berg umzutaufen. Als eine offizielle Namensänderung nicht genehmigt wurde, ließ der Fürst überall Tafeln mit der Aufschrift "Wilhelminenberg" anbringen. Diese Aktion – oder die großzügigen Spenden seiner Wilhelmine für den Bezirk – taten ihre Wirkung: Bei den meisten heißt der Berg nun Wilhelminenberg. Ab 1903 wurde das Schloss abgerissen und ein Palais im Neoempirestil errichtet, das 1926 in den Besitz der Stadt überging. Als Kinderheim hat das Schloss 1961 bis 1970 eine problematische Vergangenheit, heute wird es als Hotel und Café genutzt.

Eine halbe Stunde weiter durch den Wienerwald – und man steht vor der 1956 erbauten Jubiläumswarte. Auf der 31 Meter hohen Aussichtsplattform liegt einem auf der einen Seite die Stadt, auf der anderen der Wienerwald zu Füßen. Durch die Baumwipfel blitzt das goldene Dach der Kirche am Steinhof, des Jugendstilmeisterwerks Otto Wagners. Rabitsch zeigt auf das Gebäude direkt unter sich. "Dort haben wir die ersten Schülerkonzerte veranstaltet." Mittlerweile beherbergt das ehemalige Ausflugsgasthaus die Waldschule Ottakring, in der Schulkinder das Ökosystem des Waldes erforschen können.

Zum Ort, zur Person

Als Belohnung für den Spaziergang kennt Rabitsch nur ein Ziel: Den Eissalon Mauß am Fuße des Berges. "Nach der Schule sind wir oft auf der Mauer gegenüber gesessen, unserer ,Klagemauer‘." Das Leid über schlechte Noten und erste Liebe wurde dort bei einem Eis zu 1,50 Schilling gemildert. Der Preis hat sich geändert, der Geschmack sichtlich nicht: "Für mich immer noch das beste Eis."Die 36,7 Prozent Grünfläche des Bezirks Ottakring liegen fast zur Gänze im westlichen Viertel des Wilhelminenbergs. Eigentumswohnungen kosten hier zwischen 2420 (gebraucht) und 4752,5 (neu) Euro/m2, zur Miete zahlt man zwischen 9,1 und 10,2 Euro/m2.
Musiker und Produzent Thomas Rabitsch arbeitete mit Künstlern wie Falco und Hansi Lang und ist musikalischer Leiter von Produktionen wie "Starmania" und "Dancing Stars". Er lebt und arbeitet am Wilhelminenberg.

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