Herzfeldhaus: Alter Stil mit neuem Glanz

Revitalisiertes Herzfeldhaus.
Revitalisiertes Herzfeldhaus.(c) Werkraum: HMA
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Haussanierung. Das Herzfeldhaus im ersten Bezirk wird nach künstlerischer Zwischennutzung wieder zu Wohnraum – mit Heizung.

Halb auf den Resten der Wiener Stadtmauer, halb auf dem lockereren Erdreich daneben steht seit 1869 das Herzfeldhaus, so genannt nach dem Bauherrn, Carl Herzfeld. Im Stil der frühen Gründerzeit solide erbaut, birgt das Gebäude in der Schellinggasse 1 dennoch eine statische Herausforderung: „Um auf dem ungleichen Untergrund das Dachgeschoß samt geplantem Pool ausbauen zu können, müssen wir die alten Mauern zusätzlich verstärken“, erklärt Architekt Georg Mitterecker von HMA Architektur ZT GmbH. Dazu wird ein spezielles Harzgemisch in die Ziegelmauern injiziert. „Wenn es getrocknet ist, sind die Wände so belastbar wie Stahlbeton.“

Starke Wände

Die starken Mauern sollen dann statt ursprünglich zwei Wohnungen zu je 250 Quadratmetern pro Etage 16 Wohnungen zwischen 52 und 354 m2 beherbergen, davon drei Dachgeschoßwohnungen im Luxussegment. Kundenwünsche werden nach Möglichkeit früh mitberücksichtigt. „Diese sind sehr unterschiedlich“, meint der Architekt. „Vielen ist Sicherheit sehr wichtig, so gibt es durchaus das Bedürfnis, Zwischenwände mit Metall absolut hieb- und stichfest zu machen.“

Ein barrierefreier Zugang zum Lift ergänzt das prunkvolle Entree, das den Besucher mit Nischen und Figuren beeindrucken sollte. „Das waren sehr hochpreisige Geschichten damals“, meint Mitterecker. „Die Grundstücke der abgetragenen Basteien wurden an sehr wohlhabende Käufer vergeben, weil man damit die Ringstraßenbauten mitfinanzierte.“

Geplant wurde das Haus vom damaligen Stararchitekten Carl Tietz, der zahlreiche Bauten in der Nachbarschaft, aber auch Villen und Palais (Schlick, Guttmann, Lieben) sowie Kaffee- und Kurhäuser (Bad Vöslau) in Wien und Städten der damaligen Monarchie errichtete. „Er war so gefragt, dass sein Baubüro bis zu 40 Baustellen gleichzeitig betreute“, erzählt der Architekt. Ein Baustellen-Mauereinsturz 1870 mit Todesopfern und die folgenden Gerichtsverhandlungen bereiteten der Karriere ein jähes Ende: Der überarbeitete, psychisch schon angeschlagene Architekt brach völlig zusammen und starb 1874, erst 44 Jahre alt, geistig verwirrt in einer „Irrenanstalt“ in Döbling.

Baustelle vom Keller aus gesehen.
Baustelle vom Keller aus gesehen.(c) Werkraum: HMA

Neue Kunst und alte Fenster

Heute soll das repräsentative Gebäude mit zeitgenössischer Kunst akzentuiert werden. „Das Haus wurde 2007 bis 2009 von Künstlern als Atelier und für Ausstellungen zwischengenutzt“, erzählt HMA-Designerin Julia Rogner. „Diese Kreativität soll erhalten bleiben.“ Etwa, um die Nischen zu bespielen, deren Figuren nach einem Verleih verschollen sind.

Tiefgarage und Weinkeller samt einem öffentlichen und einem privaten Degustationsraum verleihen dem Keller neues Leben, das samt Geländer gut erhaltene Stiegenhaus verströmt das Flair der alten Zeit. Die Wohnungen selbst werden nach modernen Standards gefertigt, allerdings auch hier mit dem Anspruch, „so viel Substanz wie möglich zu erhalten“, erklärt Rogner. „Wir haben ein Haus vorgefunden, das zum Teil bis 2006 bewohnt war, aber keine Heizung und keine Bäder hatte“, erzählt Mitterecker von der ersten Besichtigung. „Das heißt, dass sehr viel erhalten blieb: etwa Fenstervertäfelungen ohne Löcher und Heizkörper. Und die Originalfenster, die wir natürlich beibehalten.“ Schallschutzfenster hätten hier nichts verloren, „sie würden das Raumklima und das Design zerstören“ und wären auch absolut nicht notwendig. „Gut erhaltene Altbaufenster halten Lärm bis zu 48 Dezibel außen vor, moderne Fenster schaffen nur 34 Dezibel“, erklärt der Architekt.

Gefunden wurde neben der ehemaligen Dienstbotentreppe auch ein alter Brunnen – allerdings zugeschüttet, schon lang nicht mehr in Betrieb. Er wurde nicht erhalten, an seiner Stelle betritt man heute die Tiefgarage.

ZUM OBJEKT

Das Herzfeldhaus im ersten Wiener Bezirk, Schellinggasse 1, wird derzeit von der HMA Architektur ZT GmbH saniert, 2019 sollen die 16 Wohnungen fertig sein. Das Haus wurde 1869 von Carl Tietz auf den Resten der Kurtine (breite, oben begehbare Verbindungsmauer) zwischen Braun- und Wasserburgbastei erbaut, bis 2006 bewohnt und 2007–2009 von Künstlern zwischengenutzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2018)

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