Grätzeltour

"Mein Lieblingsplatz ist Wien"

(c) DIMO DIMOV
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Landschaftsarchitektin Vera Enzi wohnt im vierten Bezirk, ist beruflich in ganz Wien unterwegs und mag – über die Stadt verteilt – so einige interessante Plätze. Auch "die Kreta".

Was macht ein verwunschener Kärntner Garten mitten im Favoritner Kretaviertel? Er inspiriert, im Kopf von Vera Enzi, ein Projekt von Grünstattgrau, das schon seit 2016 vorbereitet wird: Fassaden- und Dachbegrünungen an unterschiedlichsten Häusern, von zu sanierenden Gemeindebauten über ebensolche Gründerzeithäuser und geplante Neubauten. 20 Prozent der geeigneten Flächen sollen bis 2022 begrünt sein.

Das Kretaviertel ist einer der Lieblingsplätze der Kärntnerin, die zum Studium nach Wien kam – und blieb. Sie wohnt nach einigen Stationen in Wien (Brigittenau, Währing, Floridsdorf, Leopoldstadt, Neubau) – und ein paar Jahren in Budapest – in Wieden. In einem Altbau „mit Tomaten auf dem Balkon und Kräutern am Fensterbrett“. Als Geschäftsführerin ist sie auch rasch an ihrem Arbeitsplatz, der Plattform für Bauwerksbegrünung Grünstattgrau in der Favoritenstraße, 2017 als Tochtergesellschaft des Verbands für Bauwerksbegrünung gegründet. Der Dachgarten auf dem Gebäude ist schon 30 Jahre alt. „Und weil das gern gefragt wird: Es kommt kein Wasser durch, er ist dicht.“ Trotz des Teichs, der Wiese, der Büsche und Bäume.

Der Traum von der schönen Kreta

In „der Kreta“ zwischen Quellen-, Gudrun- und Geiselbergstraße sieht es anders aus: Es gilt als eines der Zielsanierungebiete Wiens, mit dem Charme der Tristesse und – immer noch ein wenig – verrufen. Schon bei der Verbauung des Geländes nahm der gebräuchliche Name Bezug auf die 1896 tobenden Unruhen auf der griechischen Insel Kreta – Zustände, die man in der armen, unsicheren Gegend wiederzuerkennen glaubte. Nun soll die U2 hier in Zukunft eine Station erhalten, die benachbarten Areale der Ankerbrotgründe, „ein wunderbarer Ort“, so Enzi, und des Preyer'schen Kinderspitals sollen in die Grätzelentwicklung eingebunden werden.

Grüne Oasen

Angedacht werden dabei neben vielen anderen Maßnahmen auch extensive Dachbegrünungen – quasi ein „grünes“ Schotterdach mit selbstgenügsamen Pflanzen – üppige Dachgärten und grüne Fassaden bis hin zum Spalierbaum. „Der Leidensdruck, hier etwas zu machen, ist vorhanden“, meint Enzi. „Viele Bewohner möchten endlich etwas verändern.“ Eine Aufwertung, wie sie etwa der Böhmische Prater vor Jahren erlebt hat – auch ein Ort, den Enzi sehr schätzt. „Die Löwygrube und die netten Lokale hier gefallen mir sehr, mit dem Rad bin ich recht schnell da.“
Auch die kleinen Grünflächen im siebten Bezirk und die großen Parks sind ihr immer wieder einen Besuch wert – vor allem dem Türkenschanzpark und dem Botanischen Garten fühlt sie sich durch ihr Boku-Studium noch verbunden. Doch „so schön und wichtig sie sind, die großen Parks helfen nicht, die Sommerhitze aus den Wohnungen und Straßen fernzuhalten“, meint Enzi. „Wenn man selbst in einem Büro mit Dachgarten arbeitet und um die Vorteile weiß, kann man nicht anders, als das zu empfehlen. Denn diesem heißen Sommer werden sicher noch viele ebensolche folgen.“

Experiment Mugli

Wie Gebäudekühlung durch Begrünung funktionieren könnte, wird im Mugli gezeigt – dem begrünten Schiffscontainer mit dem Motto mobil, urban, grün, lebendig, innovativ (mugli), der noch bis 30.?September vor dem Hauptbahnhof steht. Der urbane Minidschungel ist Infostand und Experimentierlabor zugleich und soll die Vor- und Nachteile von Begrünungen für Besucher erlebbar machen und Beratung bieten. Ab Oktober wandert der Container dann durch Wien, ab 1. Jänner durch Österreich.
In Kärnten darf sich der verwunschene Garten von Enzis Großvater über einen neuen Bewohner freuen: einen Feigenbaum. „Es ist ja jetzt eigentlich warm genug.“

Die Orte

Das Kretaviertel im zehnten Wiener Bezirk wurde Ende des 19. Jahrhunderts verbaut und ist eines der Sanierungszielgebiete Wiens, das bis 2022 erneuert, begrünt und besser erschlossen werden soll. Die ehemalige Ankerbrotfabrik, 1891 gegründet und in der Form in den 1920er-Jahren erbaut, wird heute für Kunst, Kultur und Gastronomie genutzt. An der Bezirksgrenze zum elften Bezirk liegt der Böhmische Prater: ein rund 5000 m2 großer, seit rund 1850 bestehender Vergnügungspark am Laaer Berg.

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