Wie baut man "gesunde Räume"?

Bei den Baustoffen liegt der Fokus immer mehr auf Nachhaltigkeit.
Bei den Baustoffen liegt der Fokus immer mehr auf Nachhaltigkeit.Pixabay
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Welche Ressourcen bindet ein Gebäude und wie kann es das Wohlbefinden seiner Nutzer unterstützen? Forschung und Praxis sind Antworten auf der Spur.

Der Trend zum umweltbewussten Bauen gilt nicht nur für die Gebäudetechnik. Auch bei den Baustoffen liegt der Fokus immer mehr auf Nachhaltigkeit. „Bei den Baustoffen ist die Frage der Entsorgung sowie des Recyclings ein großes Thema“, sagt Daniela Trauninger, Leiterin des Zentrums für Bauklimatik und Gebäudetechnik an der Donau-Universität Krems.
Klar, dass sich das auch auf Herstellung und Verarbeitung auswirkt. Verbundmaterialien sind aus diesem Grund weniger gefragt als sortenreine Baustoffe. „Positiv ist es auch, wenn kein Kleber verwendet wird“, erklärt Trauninger. Im Zusammenhang mit dem Recycling weist sie auf einen weiteren Aspekt hin: „Angesichts einer drohenden Rohstoffverknappung gewinnt das Gebäude auch selbst als Ressourcenlieferant an Bedeutung.“ Wird es irgendwann abgerissen, sollten möglichst viele der beim Bau verwendeten Materialien wiederverwertbar sein.
Daher müsse man sich verstärkt dem Stoff- und Energiekreislauf eines Gebäudes widmen, erläutert Trauninger – und zwar über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Angesichts dessen würden natürliche Rohstoffe, vor allem nachwachsende, regionale Materialien, verstärkt nachgefragt. „Das beginnt beim Baustoff Holz und geht bis zum Dämmstoff aus Hanf oder Schafwolle.“

Fertigteile aus Holz und Beton

Holz ist dabei nicht nur als massiver Baustoff, sondern auch als Fertigteil gefragt. Gleiches gilt für Fertigteile aus Beton. Dass diese heiß begehrt sind, ist kein Wunder, verkürzen sie doch dank des hohen Vorfertigungsgrades die Bauzeit deutlich. In diese Kerbe wird in einigen Jahren übrigens auch der 3-D-Druck schlagen – derzeit ist dieser noch ein Nischenprodukt.
Gesunde Materialien sind jedoch nicht nur als Baustoff für die Gebäudehülle gefragt, sondern finden immer stärker auch in den Innenbereichen der Häuser Anwendung. Wie wichtig das ist, ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass Menschen mittlerweile rund 90 Prozent ihrer Zeit in Gebäuden verbringen. „Es gibt viele Materialien wie etwa Formaldehyd oder Kunststoffe, von denen man weiß, dass sie bedenklich sind“, sagt Trauninger. Diese werden nun verstärkt durch gesunde Alternativen ersetzt.
Aber nicht nur die Baustoffe, sondern auch die Gestaltung der Innenräume wird zunehmend wichtiger. „Es geht ganz generell darum, wie man Räume gesundheitsunterstützend bauen kann“, sagt Trauninger. Da kommen beispielsweise Farben, aber auch Licht und weitere Aspekte ins Spiel.
Der Klimawandel mit all seinen Folgen – von starken Temperaturschwankungen bis zu Starkregen – findet ebenfalls Eingang in die Produktentwicklung. So hat Baumit beispielsweise im Bereich Fassadenputze neue Produkte mit dem sogenannten Hydrophob/hydrophil-Effekt auf den Markt gebracht. „Die Kombination von drei Funktionen – leichtes Ablaufen von Regentropfen, Feuchtigkeitsaufnahme bei Tau und rasche Rücktrocknung der Oberfläche – sorgt für besonders verschmutzungsarme Fassaden“ beschreibt Georg Bursik, Geschäftsführer der Baumit GmbH, die Idee, die dahintersteckt.
Um Schäden durch Hagelkörner zu vermeiden, wurde weiters eine spezielle atmungsaktive Kraftklebespachtelmasse entwickelt, die hart und elastisch zugleich ist. Sie lasse Hagelkörner abprallen, ohne Schäden zu hinterlassen, erklärt Bursik. Die sogenannte Coolpigments-Technologie wiederum sorgt in Hitzeperioden für kühlere Oberflächentemperaturen von Fassaden.

Hilfreiche Nanopartikel

Nanopartikel sind mittlerweile bereits häufig in Baustoffen zu finden, um deren Eigenschaften zu verbessern. Also beispielsweise, um die Ablagerung von Schmutz oder die Bildung von Algen oder Pilzen zu verhindern. Oft handelt es sich dabei um Silizium- oder Titanverbindungen, die Größe der Partikel ist unterschiedlich definiert. Verwendet werden diese Nanopartikel nicht nur im Bereich Fassadenputze, sondern auch zum Versiegeln von Dachziegeln. Oder etwa auch als Beschichtung auf Solarpaneelen – dort wiederum können sie reflexionsbedingte Energieverluste reduzieren.
Im Zusammenhang mit dem Klimawandel sieht Trauninger noch eine Entwicklung Fahrt aufnehmen: „Gebäude werden nicht mehr als Einzelobjekt betrachtet.“ Vor allem im städtischen Bereich gehe es vermehrt darum, wie sich das Objekt auf die Infrastruktur, das Mobilitätsverhalten und das Mikroklima in der Umgebung auswirkt.

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