Hausgeschichte

Pilgerstätte für "Stille Nacht"-Fans in Oberndorf

Auf dem Schutthügel der Pfarrkirche erbaut: Gedächtniskapelle.
Auf dem Schutthügel der Pfarrkirche erbaut: Gedächtniskapelle.(c) APA/BARBARA GINDL
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Die "Stille Nacht"-Gedächtniskapelle erinnert an die Uraufführung des Liedes am 24. Dezember 1818. Und an ihren Vorgängerbau, der dem Hochwasser zum Opfer fiel.

Eine kleine, unscheinbare Kapelle auf einem Hügel in der Salzburger Gemeinde Oberndorf zieht jedes Jahr Tausende Besucher an. Denn die „Stille Nacht“-Gedächtniskapelle – ein achteckiger Baukörper mit schindelgedecktem Dach in der Form eines Glockenhelms und mit aufgesetzter Laterne – erinnert daran, dass hier vor heuer exakt 200 Jahren zum ersten Mal „Stille Nacht, heilige Nacht“ erklang.

Familien-Trennmauer

Die Kapelle ist allerdings nicht ganz der Ort der Uraufführung: Erstmals zu hören war das Lied nämlich in der St.-Nikolaus-Kirche. Diese wurde im 12. Jahrhundert als Schifferkirche für die florierende Salzachschifffahrt errichtet, die erste bildliche Darstellung stammt von 1569. Im 17. Jahrhundert wies die Kirche eine Besonderheit auf – eine Mauer im Inneren, die Männer und Frauen voneinander trennte. Die immer wiederkehrenden Hochwasser wurden der Kirche jedoch zum Verhängnis. 1852 wurde sie wegen Einsturzgefahr gesperrt, ein Abbruch konnte jedoch noch verhindert werden. Nach dem Hochwasser von 1899 führte daran aber kein Weg mehr vorbei, 1906 wurde mit dem Abriss begonnen. „Man überlegte, im Turm der Kirche eine ,Stille Nacht‘-Kapelle einzurichten“, erzählt Josef Standl, Kurator des „Stille Nacht“-Museums in Oberndorf. Doch 1910 wurde auch der Turm abgerissen.

Auf Trümmern erbaut


Im August 1924 wurde schließlich auf dem Schutthügel des Abbruchmaterials der Kirche der Grundstein für die Gedächtniskapelle gelegt. 13 Jahre später, im August 1937, wurde die nach Plänen des Oberndorfer Architekten Josef Dietzinger errichtete Kapelle eingeweiht. Grund für die lange Bauzeit waren Finanzierungsprobleme, wurden die Errichtungskosten doch zur Gänze von Spendern getragen. „Auch die Innenausstattung drohte an der Finanzierung zu scheitern“, sagt Standl. So wollten die Oberndorfer einen spätgotischen Flügelaltar aus dem früheren Bürgerspital, der dem Laufener Meister Gordian Guckh zugeschrieben wird, in der Kapelle aufstellen. Dieser Plan wurde jedoch durch das Veto des Museums Carolino Augusteum (heute SalzburgMuseum) vereitelt. Anstelle des spätgotischen Kunstwerks beherbergt die Kapelle nun ein Altarrelief des Bildhauers Hermann Hutter aus dem Jahr 1915, das die Oberndorfer Brauereibesitzerfamilie Noppinger aus ihrer Hauskapelle spendete. Dieses zeigt eine alpenländische Krippe mit einem mit Holzschindeln gedeckten Stall und seitlichen Mauerteilen im Hintergrund. Ergänzt wird dieses Hauptrelief aus dem Leben der Heiligen Familie mit „Anbetung der Könige“, „Kreuzigung“ und „Flucht nach Ägypten“ des Halleiner Holzbildhauers Max Domenig.

Zu sehen sind auch die beiden Schöpfer des „Stille Nacht“-Liedes, und zwar auf zwei rundbogigen Glasfenstern, die 1935 von der Tiroler Glasmalereianstalt hergestellt wurden. „Das nördliche Fenster ist Joseph Mohr gewidmet und zeigt ihn sowie die Kirche St. Nikolaus“, sagt Standl. Das südliche Fenster stellt den Lehrer und Organisten Franz Xaver Gruber dar und zeigt den Komponisten mit Schulhaus und Kirche Maria Mösl zu Arnsdorf. Die Fenster wurden vom Ostmärkischen Sängerbund Wien und dem Wiener Schubertbund im Jahre 1935 gestiftet.
Die Gedächtniskapelle bildet mit dem gleichnamigen Museum im Bruckmannhaus den „Stille Nacht“-Bezirk in Oberndorf. Auch andernorts kann man auf den Spuren des One-Hit-Wonders wandern: Museum und Gruber-Grab in Hallein, in Arnsdorf Schulhaus-Museum und Wallfahrtskirche mit Glockenspiel, und in Mariapfarr ein „Stille Nacht“-Museum.

Zum Ort

Die „Stille Nacht“-Gedächtniskapelle in Oberndorf in Salzburg wurde auf den Trümmern der ursprünglichen Kirche erbaut. Sie bildet mit dem gleichnamigen Museum im Bruckmannhaus den „Stille Nacht“-Bezirk in Oberndorf. Weitere „Stille Nacht“-Gedenkstätten findet man in Hallein, Arnsdorf, Mariapfarr, Wagrain, Hintersee und Salzburg. Baugrundstücke kosten im Bezirk Salzburg-Land 159,6 bis 577,4 Euro/m2, Einfamilienhäuser von 1735,3 bis 3909,8 Euro/m2.

> > Mehr Infos unter: stillenacht-oberndorf.com/

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