Baugeschichte

Schärding: Ein Familienprojekt mit zwei gemeinsamen Häusern

Freiraum und Rückzugsmöglichkeiten: zwei Häuser mit gemeinsamem Garten.
Freiraum und Rückzugsmöglichkeiten: zwei Häuser mit gemeinsamem Garten.(c) photo@albrecht-schnabel.com
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Wie schafft man den schmalen Grat zwischen zu viel und zu wenig Nähe der Generationen? Eine Familie in Schärding löste es mit zwei Baukörpern, die sich zum Garten öffnen.

Eine junge Familie mit Ambitionen, von Wien weg in die Heimatstadt der Frau zu ziehen. Ein Elternehepaar. Und ein doch recht großes Grundstück mit mehr als 2000 Quadratmetern: Bei einer Ausgangssituation wie dieser lässt sich Generationenwohnen – rein vom Platzangebot her – leicht verwirklichen. Aber auch wenn die Bedingungen günstig sind, eine Frage stellt sich immer: Wie schafft man es, den schmalen Grat zwischen zu viel und zu wenig Nähe zu bewältigen? Die Lösung, die die Familie für ihr Projekt in Schärding fand, zeigt, wie es funktionieren kann: mit zwei separaten Häusern.

„Es gab zwei Bestandsgebäude auf dem Areal, wovon eines abgerissen werden musste und das andere erhalten blieb: als Wirtschaftsgebäude mit Garage, Werkstatt, Stauräumen“, erläutert Architekt Tom Lechner von LP Architektur. Für ihn hatten sich die Bauherren nach einem intensiven Auswahlprozess entschieden. „Bei uns hat von Anfang an die Chemie gestimmt, was die Arbeit natürlich erleichtert“, sagt Lechner. Die Auseinandersetzung mit den Bauherren sei sehr intensiv gewesen. „Wir haben viel Feedback bekommen, und letztlich wurde unser ursprüngliches Konzept zu 85 Prozent umgesetzt“, berichtet er.

Bauernhäuser als Vorbild

Entstanden sind zwei schlichte Baukörper, die mit dem bestehenden Wirtschaftsgebäude einen Dreiseithof bilden. „Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, die Häuser über den Garten zu erschließen, so, wie es früher bei den Bauernhäusern der Fall gewesen ist, die man ja auch über den Garten betreten hat“, erklärt der Architekt sein Konzept. „Damit ergeben sich ein gemeinsamer Eingangsbereich und eine gemeinsame Mitte, der Garten. Das erleichtert die Kommunikation, man trifft sich beim Nachhausekommen.“

Wichtig war aber beiden Generationen auch die Abgrenzungsmöglichkeit. Gegenseitige Besuche ja, aber mit Voranmeldung, lautete der Plan. Die Lösung mit den beiden getrennten Häusern kam den Wünschen der Bauherren daher sehr entgegen.

Da das Grundstück auf einer Seite eine leichte Hanglage hat, die in einen Wald übergeht, entschloss man sich, das Haus der jungen Familie in den Hang hineinzubauen. Dadurch ergab sich ein zweites Geschoß, in dem ein Gästezimmer, ein Musikzimmer für den Hausherrn – „damit er laute Musik machen kann, ohne jemanden zu stören“, wie Lechner anmerkt – und Nebenräume untergebracht wurden. Auf der Ebene, die sich zum Garten hin öffnet, sind Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer und Küche situiert. Insgesamt hat das Haus knapp 180 Quadratmeter. Das Haus der Elterngeneration ist dagegen ebenerdig und verfügt über rund 100 Quadratmeter.

Holz als Baumaterial war der Wunsch der Bauherren. Ökologische Bauweise und Nachhaltigkeit waren ihnen wichtig. Die junge Familie hat auch vor, das Grundstück landwirtschaftlich zu nützen, als Gemüse- und Obstgarten, sozusagen als Nebenerwerbsbauern.

Holz und sehr viel Glas

Entstanden sind zwei konstruktive Holzbauten auf einer Fundamentplatte aus massivem Beton. Für die Fassade wurde Weißtannenholz verwendet, sämtliche Oberflächen sind sägerau und unbehandelt, können also in Würde altern. Lechner hat aber auch mit sehr viel Glas gearbeitet, was den Häusern Transparenz und Weite verleiht. Alle Räume, die sich zum Garten öffnen, haben große Glaselemente und vorgelagerte Terrassen, die zum Teil mit Holzschiebetüren aus Lamellen beschattet werden können. Koch- und Essbereich sind offen gestaltet, der Wohnbereich ist zentral situiert, der Schlafbereich abgegrenzt. Die Sichtachsen öffnen sich immer ins Freie, orientieren sich am Garten.

Auch die Innenausstattung hat der Architekt übernommen, das Haus wirkt dadurch wie aus einem Guss. Holz ist auch Hauptbestandteil des Innenlebens der Häuser, beim größeren wurde unbehandeltes Birkensperrholz verwendet, beim kleineren Weißtanne. Die Böden bestehen aus Eichenholz, nur im Küchen- und Essbereich hat Lechner geschliffenen Beton eingesetzt. Geheizt wird mit Fußbodenheizung mittels einer Wärmepumpe.

Mit dem Architekten sind beide Generationen übrigens immer noch in Kontakt – und sehr stolz auf das entstandene Ensemble. Dieses wurde für den oberösterreichischen Holzbaupreis eingereicht.

ZUM ORT, ZUM PROJEKT

Im Bezirk Schärding kosten Baugrundstücke für freistehende Einfamilienhäuser je nach Wohnlage zwischen 34,5 und 77,9 Euro pro Quadratmeter. Für Einfamilienhäuser beträgt der Quadratmeterpreis je nach Lage und Wohnwert zwischen 690 und 1913 Euro (Quelle: Immobilienpreisspiegel 2018 der WKO).

Das Doppelhaus Trausner in Schärding wurde im Zeitraum von April 2016 bis Jänner 2017 errichtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2019)

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