Hausgeschichte

"Zur schönen Laterne": 550 Jahre auf sieben Etagen

Historisches Dachgestühl in der "Schönen Laterne" .
Historisches Dachgestühl in der "Schönen Laterne" .Serda
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Das Haus in der Schönlaterngasse 6 in der Wiener Innenstadt gab nicht nur der Gasse ihren Namen, es wurde als Wohn-, Geschäfts- und Betraum über Jahrhunderte intensiv genutzt – und wurde nun von Grund auf renoviert.

Von außen sieht die Schönlaterngasse 6 – „Zur schönen Laterne“ – in der Wiener Innenstadt ganz übersichtlich aus. Wie viele alte Gemäuer scheint auch dieses ein wenig im Boden versunken zu sein, während sich das Straßenniveau hob. Doch „das Erdgeschoß dieses Hauses war schon immer als Souterrain gedacht, das war im Spätmittelalter als Gassenlokal gang und gäbe“, erklärt Architekt Alexander Serda, der das um 1475 erbaute und oftmals umgestaltete Gebäude von Grund auf sanierte.
Bei der Übernahme vor wenigen Jahren befanden sich ein 1991 adaptiertes Lokal im Souterrain und Wohnungen darüber – die aber schon lang leer standen. „Schön war es nicht“, beschreibt Serda den Zustand des Objekts. „Aber umso interessanter, was da alles unter den Bauschichten der Zeit zutage kam.“

Mastersuite statt Substandard


Aus den drei Wohnungen im ersten Stock wurde eine großzügige Wohnetage, deren überraschend hohe Räume durch große Bögen ineinander übergehen. „Die haben wir erst beim Abschlagen des Putzes entdeckt“, erzählt der Architekt. Auch zwei Säulen aus Gusseisen, die in der Wand verborgen lagen, wurden freigelegt. Diese stammen aus einer finsteren Zeit des Hauses: Es war 1938 arisiert und der erste Stock in eine Anwaltskanzlei – mit Säulen – umgebaut worden, die bereits 1939 wieder zu Wohnungen umgestaltet wurde. Schon ab 1852 gehörte das Haus der israelitischen Kultusgemeinde, die hier 1853 einen Betraum einrichtete und eine zweite Treppe in den Innenhof baute, damit Mieter und Besucher getrennte Zugänge vorfanden. 1952 wurde es restituiert.


Doch zurück zum Anfang: Die Grundstücksparzelle an der damaligen Straße der Herren zum Heiligen Kreuz kam 1342 in den Besitz des nahe gelegenen Heiligenkreuzerhofes, neben Souterrain und Einfahrt wurde auch ein Keller errichtet, der mit der Zeit um zwei Etagen erweitert wurde. Im hinteren Bereich des Grundstücks wurde ein Schuppen errichtet, dazwischen ein kleiner Innenhof angelegt.
Im Lauf der Zeit wuchs das Haus in die Höhe, heute sind zwei Obergeschoße und ein 1921 erstmals ausgebauter Dachraum im vorderen Hausteil vorhanden. Der ehemalige Schuppen wurde in der Renaissance zu Wohnraum und birgt heute eine kleine Gästewohnung im Erdgeschoß, eine Küche im ersten Stock und je ein Kinder- und Elternbad im zweiten und dritten Stockwerk. Die Räume sind direkt mit der im vorderen Hausteil befindlichen Eltern-Mastersuite (zweiter Stock) sowie den Schlaf- und Spielräumen (dritter Stock) verbunden. Im Dachgeschoß wurde bei der Sanierung auf Wände verzichtet, der hölzerne Dachstuhl und die Kamine in der Mitte dominieren den luftigen Raum. „Wenn man in der Abenddämmerung da oben steht und auf die ruhige Gasse blickt, auf das Basiliskenhaus gegenüber, fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt“, berichtet Serda, der hier mehr als drei Jahre lang fast täglich auf der Baustelle war.


Der Innenhof bekam ein Glasdach, das sich sommers öffnen lässt, in einer Nische fand ein Aufzug Platz. Erschlossen sind die beiden Hausteile wie eh und je über eine Treppe samt Pawlatschenbalkonen, von denen aus jedes Stockwerk einzeln betreten werden kann. „Die Treppe mit ihren Ausbesserungen aus Hunderten Jahren finde ich persönlich ein besonderes Highlight“, so der Architekt über das 932 m2 fassende Haus. Im Souterrain befinden sich Küche, Lounge und ein kleines Kino, in den drei Kellern ist Wellness untergebracht: Sauna, Dampfbad, Fitness- und Ruheraum, wo einst Waren lagerten und sich Menschen vor den Bomben des Zweiten Weltkriegs versteckten.


Warum die neue Gestaltung so luxuriös geworden ist? „Wenn man ein derart altes Gemäuer sachgerecht renoviert und technisch auf modernen Stand bringt, kommt quasi Luxus heraus“, meint Serda. Natürlich, Porzellanlichtschalter sind keine Notwendigkeit, auch Marmor im Bad ist keine Anforderung des Denkmalamtes. Doch das Anbringen von Kalkputz statt Dispersion, die Reparatur der alten Holzkastenfenster, die Verwendung alten Holzes für die Böden, eine Lüftungsanlage, um das Gebäude trocken zu halten, sowie unsichtbare Heizung und Elektrik – das alles koste natürlich. „Eine Investition in weitere 550 Jahre.“

Zum Ort

Die Schönlaterngasse 6 in der Wiener Innenstadt wurde im späten Mittelalter als einstöckiges Haus mit Souterrainlokal erbaut, oftmals erweitert und kürzlich zu rund 920 m2 Luxuseigentum adaptiert. Die Laterne am Haus ist ein Duplikat des Hauszeichens, das sich seit 1970 im Wien-Museum befindet.
Eigentumswohnungen im ersten Bezirk kosten zwischen 3489,5 und 15.745,6 Euro/m2.

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