Gebäudeoptimierung : Alles dreht sich um den Zyklus

Gebaeudeoptimierung Alles dreht sich
Gebaeudeoptimierung Alles dreht sich(c) AP (Wong Maye-E)
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Je früher man weiß, wieviel Häuser später kosten, desto besser. Facility Manager helfen bei der Lebensplanung von Immobilien.

austiere und Autos haben etwas gemeinsam. Nur weil man sie gekauft hat, hören sie nicht auf zu kosten. Mit Immobilien ist es noch schlimmer: Sie beginnen sogar Geld zu schlucken lange bevor sie noch stehen und genutzt werden können. Und selbst wenn auch das vorbei ist, muss jemand für sie bezahlen.

Die „nachhaltige Immobilie“ hat sich einen Fixplatz im Bewusstsein der Nutzer, Investoren und der Öffentlichkeit erobert. Doch nicht die ökologische Sicht bestimmt die Dynamik, sondern die ökonomische. Kein Wunder, dass Rechnen und Planen bei der Entwicklung von Immobilien an Bedeutung gewinnt. Und der Zeitpunkt, wann man damit anfängt, verschiebt sich deutlich nach vorne – damit man möglichst früh möglichst weit vorausblicken kann. Und die Gesamtsumme sieht, die Immobilien im Laufe ihres Bestandes verschlingen.

Früh oder nie

Die gesamte Lebensdauer einer Immobilie umfasst nicht nur die „Betriebszeiten“. Doch diese kommen am teuersten. „Die Betriebskosten übersteigen bereits nach zehn Jahren die Investitionskosten“, erklärt Bernhard Herzog Forschungsleiter des Beratungsunternehmens Moocon. Die offensichtlichen Kostentreiber versuchen die einen aus der Welt zu schaffen, indem sie sie ignorieren. Und die anderen, indem sie neue Strategien austüfteln.

„Der Markt verlangt unnachgiebig nach günstigen, sparsamen, und energieeffizienten Immobilien“, beschreibt Christian Eberhard, Bereichsleiter Österreich von Raiffeisen Evolution die Situation. Wer von „nachhaltigen Immobilien“ spricht, hat dabei auch die Lebenszykluskosten (LCC) im Kopf, die meist auf 50 Jahre gerechnet werden.

Der Ruf nach besserer Planung wird laut, doch die Chance auf effiziente Kostenoptimierung lassen viele verstreichen. Denn: „Der Bauprozess bietet nur eine einmalig Chance, kostenoptimierend zu planen, nämlich zu Beginn, wenn der ,Business Case' in den Köpfen reift“, erklärt Herzog. Nur zu diesem Zeitpunkt sind der Auftraggeber, der Architekt und nicht zuletzt das Gebäude noch so flexibel, dass man an verschiedenen Parametern und Schräubchen drehen kann. „Die Betriebskosten sind in der Frühphase der Planung noch zu 80 Prozent beeinflussbar, danach kann nur noch marginal an der Kostenschraube gedreht werden“, erläutert Herzog.

In den letzten vier Jahren hat Herzog eine Software zur Berechnung der Lebenszykluskosten von Gebäuden entwickelt, die sich bereits in einem frühen Planungsstadium einsetzen lässt. Bislang hätten taugliche Modelle gefehlt, um die Investitionskosten in der frühen Planungsphase – noch bevor die Architekten am Zug sind – präzise zu simulieren.

In der Vorausschau gilt es insbesondere das Zusammenwirken unterschiedlichster Gebäudekomponenten zu berücksichtigen. Wie wirkt sich die Wärmedämmung der Fassade aus? Und wie eine Reduktion des Glasanteils? Was bedeutet mehr Tageslichtkomfort für den Kühlbedarf oder den Strombedarf der Beleuchtung? „Wir haben als Grundlage Investitions- und Nutzungskostendaten für rund tausend Elemente in die Datenbank eingespeist und die Zusammenhänge identifiziert“, erläutert Herzog. Das Resultat sei ein Tool, das auf Knopfdruck die tatsächlichen Lebenszykluskosten liefern könne.

Eine neue „Beraterkultur“

„Wir beschäftigen eigene Facility Management-Spezialisten, die bereits bei der Entwicklung einer Projektidee eingebunden werden und diese hinsichtlich Effizienz, niedriger Betriebskosten und resultierender LCC analysieren sowie korrigierend eingreifen“, erklärt Eberhard. Und das so früh wie möglich: Facility-Manager beginnen sich mit Projekten eher auseinanderzusetzen als noch vor ein paar Jahren. Ein Trend, der sich durch die erhöhte Nachfrage nach zertifizierten Immobilien weiter verstärken werde, meinen Experten. Denn dadurch steigt auch die Komplexitität der Aufgabe, die die Planer bewältigen müssen. Auch deshalb, weil die Auditoren – diejenigen, die Planungs- und Ausführungsvarianten der Immobilien entsprechend der jeweiligen Kriterien der verschiedenen Zertifizierungssysteme bewerten, schon früh zu den Projektteams stoßen.

„Die Personen der Zertifizierungsstellen bringen eine neue Beraterkultur ein, die früher noch im Aufgabenbereich der Architekten lag“, sagt Alexander Redlein, Vorstand des Zentrums für Informations- und Facility Management (IFM) an der TU Wien. Der Druck auf Eigentümer und Investoren, das Thema Nachhaltigkeit in der Immobilienentwicklung zu berücksichtigen, steige deutlich. Umso intensiver werden auch die Lebenszykluszkosten betrachtet.

Geänderte Anforderungen

Gleichzeitig bestehe jedoch auch die Gefahr, Nachhaltigkeit auf Fragen der Energieeffizienz zu reduzieren, meint Redlein: „Die viel größere Hebelwirkung liegt meiner Meinung nach in der Optimierung von Flächen- und Infrastrukturkonzepten“. Man müsse etwa darüber nachdenken, welche und wieviele Büroräume und -flächen tatsächlich gebraucht werden – vor allem in Zeiten in denen sich die traditionellen Arbeitsformen völlig wandeln.

Sind „klassische“ Büros überhaupt noch gefragt? Und braucht ein Top-Manager ein Einzelzimmer mit 50 Quadratmetern? Oder ist es an der Zeit, flexible Raumgestaltung zu forcieren, mit projektorientierten Teamarbeitsplätzen? „Das Ziel sollte sein, bedarfsgerecht zu bauen und Räume zu schaffen, die für die jeweilige Mitarbeiterstruktur optimal sind. Wer weiß, was eine Immobilie tatsächlich braucht, erkennt auch enormes Einsparungspotenzial“, so Redlein,

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