Kapsch: „Was wir brauchen, ist eine europäische Energiepolitik“

Strategien. Um Europa wettbewerbsfähiger zu machen, gilt es, an verschiedenen Punkten anzusetzen. Die österreichische Industriellenvereinigung spricht sich für gemeinsame Lösungen, etwa bei Energie- oder Entwicklungspolitik, aus.

Europa muss enger zusammenrücken, Europa muss freier werden, Europa muss deregulieren.“ Georg Kapsch, seit 2012 Präsident der Industriellenvereinigung (IV), plädiert im Gespräch mit der „Presse“ für eine stärkere gemeinsame Politik der Europäischen Union. Im Zusammenhang mit der Krise habe man es zwar geschafft, die Finanzmärkte zu entspannen. „Aber die Grundthemen bleiben, sie sind ungelöst.“ Darunter fällt für Kapsch etwa die mangelnde Integration der europäischen Länder oder auch die „Regulierungswut, man nehme nur das Abfüllen von Olivenöl in Karaffen als Beispiel“.

Weiteres essenzielles Thema: eine gemeinsame europäische Energiepolitik, nicht zuletzt, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. „Ich bin der Überzeugung, dass wir eine europäische Energiepolitik brauchen – und einen europäischen Energiemarkt. Den haben wir bis heute nicht. So kommen wir aber nicht weiter“, kritisiert Kapsch.

Schon allein die hohen Strompreise seien für die Unternehmen ein Problem, nicht zuletzt hier in Österreich: Da liege man rund 20 Prozent über den USA; auch innerhalb Europas sind die heimischen Preise vergleichsweise hoch angesiedelt. Um in Österreich wettbewerbsfähige Energiepreise zu sichern, gilt es, an mehreren Punkten anzusetzen, sagt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Dazu zählt auf nationaler Ebene etwa, „die heimischen Einspeisetarife und -systeme zu hinterfragen, ein klares politisches Commitment für Österreich als Industrie- und Hochtechnologiestandort mit wettbewerbsfähigen Energiepreisen abzugeben sowie die steigenden nationalen Sonderlasten für die energieintensive Industrie zu begrenzen“, zählt Neumayer auf.

Marktintegration vorantreiben

Doch klarerweise sei es auch bei der Energiepolitik unerlässlich, europaweit koordiniert vorzugehen. „So muss die Marktintegration in Europa vorangetrieben und alternative Bezugsquellen müssen erschlossen werden“, erläutert Christoph Neumayer. Ebenso gelte es, einen gemeinsamen europäischen Ansatz bei Gas als Teil der neuen europäischen Energiestrategie zu etablieren.

Gemeinsame Energiepolitik, gemeinsame Außenpolitik, gemeinsame Entwicklungspolitik – das sind Voraussetzungen auch dafür, eine gemeinsame Ressourcenpolitik zu verfolgen, ist die Industriellenvereinigung überzeugt. „Wir sind ein ressourcenarmer Kontinent“, so Kapsch, „wir haben aber einen Kontinent vor der Haustür, der ressourcenreich ist – Afrika. Hier müsse Europa, die Europäische Union, aktiv werden – und die Nationalstaaten müssten dies unterstützen.“

Partnerschaft mit Afrika

Wie das aussehen könnte? Die EU sollte afrikanischen Staaten Alternativen zum chinesischen Modell anbieten. Konzepte, bei denen eben nicht alles übernommen wird, sondern im Rahmen derer man Kooperationen eingeht. „Damit dort auch Wertschöpfung entsteht – mehr Wertschöpfung als bei den aktuellen chinesischen Aktivitäten.“

Ein Anfang wäre es zu fokussieren, zum Beispiel eine Partnerschaft mit einem bestimmten Land zumindest im Hinblick auf eine Ressource einzugehen. Das sei alles andere als einfach, weiß Kapsch, „aber da müsste eine grundsätzliche Strategie entwickelt und schnell umgesetzt werden“.

Bedenken äußert IV-Präsident Georg Kapsch allerdings, wenn eine gemeinsame Steuerpolitik thematisiert wird. „Über die gemeinsame Bemessungsgrundlage kann man diskutieren. Aber wenn es in Richtung einheitlicher Ertragssteuersätze geht, bin ich absolut dagegen.“ Denn wenn es keinen Steuerwettbewerb in Europa gebe, würde dies die Steuersätze nach oben treiben, „das führt aus unserer Sicht zu einer Nivellierung nach oben“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2013)

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