Kopftuch und Integration – vereinbar?

Muslima in Innsbruck – und ihre Bemühungen um Akzeptanz.

Keiner will es wahrnehmen, trotzdem geschieht es jeden Tag: Muslimische Mädchen werden missachtet und gemobbt. Es gibt sogar dramatische Übergriffe. An einer Innsbrucker Busstation wurden eine 15-Jährige und ihre Schwester bedroht. Zwei ältere Mädchen beschimpften sie als Asoziale und zogen ein Messer hervor. Nur durch Glück kamen die beiden Schwestern ohne Verletzungen davon. Solche Vorfälle sind gar nicht so selten. Denn oft stoßen das andere Aussehen und die andere Kultur auf Inakzeptanz und lösen Aggression aus.

An unserer Schule ist die Situation nicht so schlimm. Die meisten muslimischen Mädchen werden als „Österreicherinnen“ angesehen. Viele leben schon seit ihrer Geburt hier und möchten ihr Leben in Österreich verbringen. In Österreich können sie sich eine Zukunft aufbauen, die nicht unbedingt einen Mann an ihrer Seite vorsieht. Auch können sie hier einen Beruf ihrer Wahl ausüben. Doch vor allem sehen es die Mädchen als Vorteil, dass sie in Österreich in Sicherheit und Freiheit leben können, und dass es ihnen wirtschaftlich besser geht. Trotzdem möchten sie den Kontakt zu ihrem Heimatland nicht missen. Für Muslima hat die Familie einen sehr hohen Stellenwert, der Zusammenhalt untereinander ist viel größer, als wir es kennen.

Ein Teil der Kultur

Für die Familie ist es sehr wichtig, dass die Mädchen ihren Ruf und den ihrer Familie nicht schädigen. Sie dürfen sich nicht zu oft in der Öffentlichkeit sehen lassen, vor allem nicht mit Männern. Außerdem müssen sie unauffällige Kleidung tragen und oftmals auch ein Kopftuch.

Doch es gibt auch Eltern, die ihre Töchter unabhängig von den strengen religiösen Regeln erziehen und es ihnen ermöglichen, ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen. Trotzdem entscheiden sich manche dieser Mädchen bewusst für das Kopftuch. Der Hintergrund dafür, dass sie das Kopftuch tragen, ist, dass die Mädchen stolz auf ihr Heimatland und auf den Islam sind.

Doch genau dies macht es ihnen andererseits schwer, sich zu integrieren und von anderen aufgenommen zu werden. Auch werden sie oftmals wegen ihres anderen Erscheinungsbildes als fremd wahrgenommen. Ein weiterer Nachteil ist, dass das Kopftuch hinderlich ist, wie z.B. beim Sport oder bei einer anderen Tätigkeit, und die Mädchen können nicht so gut mit den anderen mitmachen.

In der Schule geht es ganz besonders darum, die muslimischen Mädchen zu respektieren. Was zählt, ist die Person und nicht das Äußere. Ihre Kultur hat gerade zum Thema Frau, Mann und Familie viel zu bieten, über das es sich lohnt nachzudenken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2008)

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