Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Strasser

Strasser
Strasser(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat heute gegen den früheren ÖVP-Politiker Ernst Strasser eine Anklage wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit eingebracht.

"Yes, of course I'm a lobbyist!" Diese Worte wurden im März 2011 von zwei als Lobbyisten getarnten britischen Journalisten heimlich auf Video aufgenommen. Damals zeigte sich der frühere ÖVP-Innenminister und Ex-ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Ernst Strasser, bereit, für einen den Kapitalmarkt betreffenden Gesetzesänderungsantrag zu sorgen. 100.000 Euro waren Strasser dafür in Aussicht gestellt worden.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Wien erhob nun Anklage gegen Strasser wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit. Bei einem Schuldspruch drohen ihm zwischen einem und zehn Jahren Freiheitsstrafe. Das teilte die WKStA am Donnerstag in einer Aussendung mit.

--> Zitate: ''A lobbyist has a special smell''

Demnach ermittelte die Korruptionstaatsanwaltschaft fünfzehn Monate lang in fünf verschiedenen Staaten. Außerdem wurden Hausdurchsuchungen an zehn verschiedenen Standorten durchgeführt. "Man beschlagnahmte Daten im Umfang von etwa einem Terabyte und rund 25 Kisten an Unterlagen", heißt es in dem Text. Auch Kontoöffnungen und neunzig Einvernahmen fanden statt. "Bei weiteren untersuchten Geschäftsfällen konnte ein strafbares Verhalten nicht festgestellt werden", wird festgehalten.

Strasser bestreitet weiter die Vorwürfe

Strasser beharrte indes darauf, in seiner Funktion als EU-Parlamentarier den Tatbestand der Bestechlichkeit nicht erfüllt zu haben. Er habe "von Anfang an Verdacht" geschöpft und einen Geheimdienst vermutet. Mitgespielt habe er nur, um die beiden "Lobbyisten" aufdecken, ihre Hintermänner ausforschen und sie anzeigen zu können. Dazu sei es aber aus "terminlichen Gründen" nicht gekommen.

Nach der Anklageerhebung erwägt Strassers Verteidiger Thomas Kralik einen Einspruch gegen die 42 Seiten umfassende Anklageschrift zu erheben. "Wir bestreiten nach wie vor die Vorwürfe, die darin erhoben werden", erklärte Kralik am Donnerstag. Weiters betonte er, dass Staatsanwältin Alexandra Maruna ausschließlich die Vorgänge rund um die zwei britischen Journalisten zur Anklage gebracht habe: "Alle anderen im Raum stehenden Vorwürfe wurden eingestellt."

Mit einem allfälligen Einspruch gegen die Anklage müsste sich das Wiener Oberlandesgericht (OLG) auseinandersetzen. Sollte es dazu kommen, dürfte der Prozess gegen Strasser vermutlich erst 2013 über die Bühne gehen. Wer im Wiener Straflandesgericht die Verhandlung leiten wird, war am Donnerstagvormittag noch unklar.

Karas: "Anklage ist notwendiger Schritt"

ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch betonte am Donnerstag, dass es, sofern es in der ÖVP Verfehlungen gebe, Konsequenzen folgen würden - "das unterscheidet uns schon von den anderen".

Der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament und Parlaments-Vizepräsident, Othmar Karas, sieht in der Anklage gegen Strasser eine Notwendigkeit. "Für mich steht außer Zweifel, dass jetzt ein notwendiger Schritt zur vollständigen Aufklärung gesetzt wurde", betonte Karas am Donnerstag in einer schriftlichen Erklärung. "Die politische und moralische Herausforderung bleibt aber", unterstrich er.

Bestechlichkeit

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stützt sich in ihrer Anklage gegen Ex-Innenminister Ernst Strasser auf "Bestechlichkeit", die im Paragraf 304 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt ist. Dort heißt es:

"304. (1) Ein Amtsträger oder Schiedsrichter, der für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer als von einem Gericht oder einer anderen Behörde für ein bestimmtes Verfahren bestellter Sachverständiger für die Erstattung eines unrichtigen Befundes oder Gutachtens einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, annimmt oder sich versprechen lässt.

(2) Wer die Tat in Bezug auf einen 3.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils begeht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wer jedoch die Tat in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils begeht, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen."

(Red./APA)

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